Als in der letzten Sendung des Neo
Magazin Royale über die Homöopathie hergezogen wurde, musste ich
kurz schmunzeln. Insgesamt war die Sendung ja gar nicht sehr aufs
Schmunzeln angelegt, sondern auf Böhmermann-typische Weise
aufklärerisch-provokativ, nicht zuletzt durch den Besuch von Rezo
und einem politisch angehauchten Gespräch.
Grund meines Schmunzelns aber war der
Gedanke an die mögliche innere Verbindung zwischen den geschmähten
Globuli und dem heutigen Hochfest Fronleichnam, bei dem Katholiken
Leib und Blut Christi in den Gestalten von Brot und Wein verehren.
Was steckt darin? Baustelle in Charlottenburg, Berlin, 2019. |
Denn die mit einer
Unterlassungserklärung belegte und von Böhmermann genüsslich
vielmals zitierte Aussage einer Ärztin, dass es keinen
wissenschaftlichen Nachweis für die Wirkkraft von Globuli "über
den Placebo-Effekt hinaus" gibt und die dass unterschiedliche
Globuli einmal vermischt auf keine Weise mehr voneinander zu
unterscheiden sind, könnte ja auch manchen Gläubigen ins Nachdenken
bringen.
Besonders zu Fronleichnam könnte sich
die Frage stellen: Wie ist es mit der Materie von Brot und Wein, wenn
sie in der Eucharistie gewandelt werden? Gibt es da einen Unterschied
zu vorher? Und wenn keine wissenschaftlich verifizierbare Änderung
vorliegt, lohnt es dann überhaupt, sich noch weiter damit zu
beschäftigen?
Die Denkweise, die diesen Fragen
zugrunde liegt, entspringt dem naturwissenschaftlich geprägten
Weltbild. Wenn die Homöopathie mit dem Anspruch auftritt, dass ihre
Präparate tatsächlich wirksam sind, muss sie sich an den allgemein
gültigen Standards messen lassen.
Ist diese Frageebene dann auch auf die
Eucharistie anzuwenden? Oder aber gerade nicht und wenn eine solche
Frage das Gemeinte verfehlt, was wäre dann tatsächlich gemeint,
wenn eine Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut behauptet und
zum Teil auch geglaubt wird?
Zunächst ist zu betonen, dass es um
keine physikalischen oder chemischen Änderungen in der Materie von
Brot und Wein geht. Vielleicht ist es ähnlich wie mit einer
Eheschließung: auch hier ist mit den Mitteln der Naturwissenschaft
keine Änderung nachweisbar, wohl aber auf einer anderen Ebene,
nämlich der juristischen. Durch den Akt der Heirat ändert sich sehr
wohl etwas, nämlich der "Familienstand".
Wenn aber aus Brot der "Leib
Christi" wird, hört sich das schon sehr nach der Ebene der
Naturwissenschaft an. Das aber ist ein Irrtum. (Leider sind ihm im
Verlauf der Kirchengeschichte auch immer mal wieder fromme Menschen
erlegen – und nicht nur unsereins.)
Im Gegensatz zu den Globuli soll hier
kein physischer, sondern ein spiritueller Effekt eintreten. Der Genuss
der Materie, die chemisch weiterhin Brot zu nennen ist, soll etwas in
unserem Geist verwandeln. Denn das Brot ist in der Liturgie Gott
geschenkt worden. Und zugleich hat er es uns zurückgeschenkt – als
er selbst. Er will uns mit sich nähren und leib-haftige Gemeinschaft
mit uns haben.
Um das zu erreichen, braucht es keine
chemischen Effekte. Wohl aber soll die Eucharistie einen Effekt auf
unser Leben haben. Wir sollen durch Gottesgemeinschaft Verwandelte
sein.
Hier treffen sich Globuli und
Eucharistie – angezielt ist ein Effekt, der mit
naturwissenschaftlichen Mitteln nicht nachweisbar ist und trotzdem
nicht nur ein Placebo sein soll.
Gibt es diesen Eucharistie-Effekt? Oder
lassen wir die Wandlung in uns nicht zu?
Arzneimittel müssen nachweisbar
wirken. Die Wahrheit einer Religion lässt sich zwar nicht an der
Wirkung auf ihre praktizierenden Anhänger nachweisen oder abweisen.
Wohl aber ihre Glaubwürdigkeit.
Konkret: Fronleichnam und die
Eucharistie verlieren ihre Glaubwürdigkeit, wenn wir das liebevolle
Schenken und Beschenktwerden nicht praktizieren. Wenn die größte
Gabe Gottes an uns keine Wirkung hat.
Hier haben wir alle noch viel zu tun!
Was steckt wirklich darin? Bauakademie, Berlin-Mitte, 2019. |