Wie soll eine Problemlösung aussehen,
wenn sie christlichen Idealen folgt?
Das Sonntagsevangelium (Mt
18,15-20) bietet eine Schrittfolge an, wie mit ungehörigem
Verhalten unter Christen umgegangen werden soll, damit der einen
Seite Vergebung, der anderen Umkehr zu möglich wird. Der Konflikt,
also "wenn dein Bruder gegen dich sündigt" (v15),
soll, wenn er nicht gelöst werden kann, immer weiter ins Öffentliche
gebracht, um es dem, der da Unruhe in eine Gruppe gebracht hat, zu
erleichtern, ohne (allzu großen) Gesichtsverlust sein Verhalten zu
ändern. Erst wenn auch die immer größere Öffentlichkeit nichts
gebracht hat, heißt es, „sei er für dich wie ein Heide oder
Zöllner“ (v17), also nicht mehr zur Gemeinschaft dazugehörig.
Sicher geht es in manchen, seltenen
Fällen, nicht anders. Aber Leute hinauszuwerfen ist ja auf Dauer
keine Lösung.
Nichts unter den Teppich kehren. Aber auch nichts ausstreuen. Neukölln, 2020. |
Solche "Zurechtweisungen",
als die diese Auseinandersetzungen im Evangelium qualifiziert sind,
setzen einen Zustand des Rechthabens voraus, der oft erhofft, aber
selten erreicht wird. Gerade in kirchlichen Kreisen ist die
Versuchung groß zu glauben, dass Klarheit und Wahrheit so eindeutig
zu erkennen sind: Der Zurechtweisende kennt den Willen Gottes immer
schon, dieser muss nun mit Donner und Drohgebärde vollstreckt, oder
pastoraler: kommuniziert werden. Dann kann das verlorene Schaf
umkehren.
Eine solche Haltung aber hat mit
christlicher Seelsorge oft wenig zu tun.
Denn das Einfühlen in die Situation
des Gegenübers verlangt mehr als das Wissen um objektive
Richtigkeiten. Es zählt nicht nur die Oberfläche, die konkrete Tat.
Die einzelne "Sünde",
oder das, was dafür gehalten wird, wurzelt ja meist sehr tief.
Reicht der Blick des Zurechtweisenden so weit?
Hilft "Zurechtweisung"
dem Anderen? Oder braucht er eine ausgestreckte Hand, ein Gefühl von
Sicherheit, ein Verständnis mehr als "zwei oder drei Zeugen"
(v16)?
Gott will anwesend sein unter denen,
die zu ihm beten: "wo zwei oder drei in meinem Namen
versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." (v20)
Diesen letzten Satz des
Tagesevangeliums, auch wenn er sich auf das anschließende Thema des
Bittens bezieht (vgl. v19), er sollte auch gelten, wenn es um
Zurechtweisungen geht.
Ruft gemeinsam zu Gott, auch und
gerade, wo es einen Konflikt gibt. Denkt daran, dass der immer
größere und barmherzigere Gott anwesend ist, wenn wir einander
Vorwürfe und Gegenvorwürfe an den Kopf werfen. Vertraut seiner tief
innerlichen Gegenwart in euren Herzen, bevor ihr meint, Gottes Geist
ließe sich mit Löffeln fressen. Lasst die bleibenden Unklarheiten
zu und seid großzügig, wo immer es geht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen