Einer kehrt um. Nur einer
von zehn. Jesus heilt im Evangelium an diesem Sonntag (Lk 17,11-19)
zehn Aussätzige und ein einziger von ihnen macht sich wieder auf den
Weg, um Jesus zu danken.
Eine frustrierende Erfahrung, die Jesus
da macht und die ihm einen interessanten Satz entlockt:
„Ist denn keiner
umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?“ (v18)
Angesichts der Tatsache,
dass einer sich aufmacht, einen fremden Gott zu preisen, stellt sich
auch mir die Frage, was gerade ihn im Gegensatz zu den anderen neun
Geheilten dazu bewegt, diese Dankbarkeit auch auszudrücken.
Aber
mehr noch interessiert mich die Übertragung in die heutige Zeit:
Loch in der Wand. Bruder-Klaus-Kapelle, Wachendorf, 2013. |
Welche Erfahrung kann
Menschen an eine ihnen fremde Kraft binden, wo doch so wenig
Bindefläche da ist?
Vor allem sind das Fragen,
die sich Kirche und die sich Christen heute stellen müssen.
Fühlen Menschen sich bei uns mit ihren Brüchen und Fehlern angenommen und geliebt?
Werden tradierte Schwellen von uns Christen überwunden und alte Hindernisse beseitigt, um neue Begegnung zu ermöglichen?
Lässt das Handeln der Christen erkennen, dass sie sich von einem Größeren getragen wissen, auf den sie hinweisen?
Ist Gottes heilende Kraft
gegenwärtig in dem, was wir tun?
Menschen sind heute durch
viele Feuer hindurch skeptisch dem gegenüber geworden, was sie
binden könnte, wovon sie vereinnahmt werden könnten. Es erscheint
der aufgeklärten Welt als eine Blöße, schnell „wir“ zu sagen
oder sich zu etwas zu bekennen, das mehr ist als eine offensichtliche
notgedrungene Zugehörigkeit. Die meisten nennen sich Individualisten
und viele von uns binden sich nur widerwillig – und nur nach
möglichst genauer Prüfung. Auch wenn wir uns durch Kleidung und
Sprache, Lebensstil und Gewohnheiten doch oft schneller binden, als
uns manchmal lieb ist und wir vor uns selbst zugeben würden.
Vielleicht ist es in dem
von zwei Diktaturen gebrandmarkten Deutschland auch noch schwieriger,
dass Menschen sich nach dem Missbrauch von Bindung bzw. nach der
erzwungenen Teilhabe an einem „Wir“ dazu bewegen lassen, um eines
höheren Gutes willen eine Bindung einzugehen.
Und doch tut es hier
einer. Einer, der eigentlich nicht dazugehört, der absichtlich nicht
„Wir“ sagt im jüdischen Volk, der doppelt marginalisiert ist.
Der sich nun die Blöße
gibt, zu Jesus zurück zu gehen und dankbar vor ihm auf die Füße zu
fallen.
Vielleicht war gerade er
als Fremder besonders ansprechbar für die Freundlichkeit, mit der
Jesus ihn behandelt hatte. Vielleicht hat er sich hier anerkannt gefühlt, ernst genommen in seinem Leid und über die Schwellen hinweg umarmt.
Und vielleicht hat ihn die Aussicht, sich der
jüdischen (kirchlichen) Hierarchie zu zeigen, sowieso nicht sehr
erfreut. Darum ging er vielleicht lieber wieder zu dem, der ihn durch
die persönliche Handlung angenommen hatte.
Darum noch einmal für heute: Welche
Erfahrungen können wir Menschen ohne christliche Bindung
schenken, damit sie heiler umkehren, um Gott zu loben?