Wenn man schon mal
liest, findet man auch gleich was interessantes:
„ ... der wahre
theologische Begriff des Heiles besagt ja nicht eine zukünftige
Situation, die von außen sachhaft als erfreulich oder, wenn es
Unheil ist, unerfreulich den Menschen überraschend überfällt oder
ihm nur aufgrund einer moralischen Beurteilung zuerkannt wird,
sondern besagt die Endgültigkeit des wahren Selbstverständnisses
und der wahren Selbsttat des Menschen in Freiheit vor Gott durch die
Annahme seines eigenen Selbst ...“1
Mit anderen Worten:
wie wir unser Leben leben und welche Haltung wir darin zu uns selbst
und zu unserer Verwiesenheit auf Gott entwickeln, entscheidet über
das, was theologisch unser Heil genannt wird.
Wir Menschen sind
uns selbst überantwortet und aufgegeben. Dadurch, dass wir noch nicht
von vornherein endgültig wissen, wer wir im Innersten sind, können
wir in Freiheit darüber entscheiden. Wir wählen, wer wir sind,
indem wir bestimmte Handlungen tun oder nicht tun und auf diese Weise
wiederum bestimmte Haltungen entwickeln, die das ausmachen, was
schließlich unser Charakter wird.
Unsere Lebenstat, all unser Tun
und Lassen, sind wir im Letzten selbst. Dies nennt Rahner das „wahre
Selbstverständnis“ und die „wahre Selbsttat des Menschen“.
Die
Wahrheit zeigt sich im Verständnis Gottes vom Menschen, der uns
anspricht und der uns als Hörende „wahr“ werden lässt, wenn
unser Leben seinem Bild von uns entspricht.
Was macht dann also
unser Heil aus? Als was wir uns wirklich selbst verstehen. Wie
wir in „Endgültigkeit“ sind, ob wir, wenn es darauf ankommt, in
Kongruenz von Wort und Tat leben können. Ob wir uns gelassen und
dankbar als die annehmen, die wir sind – oder ob wir „verzweifelt“
(nicht) wir selbst sein wollen.2
Ob wir unser Leben letztlich vor Gott leben, sei es nun ausdrücklich
oder nicht ausdrücklich. Ob wir unsere Freiheit realisieren, um wir
selbst zu sein – oder ob wir uns abwenden von uns.
Vor Gott sich selbst
verstehen, sich selbst annehmen und sich selbst tun. Wenn das als
freie Tat Essenz unseres Lebens ist, sind wir heil.
1
Karl Rahner, Grundkurs des Glaubens. Einführung in den Begriff des
Christentums. Sonderausgabe Freiburg i.Br. 1984, 50.
2 Vgl.
Sören Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode. Stuttgart 1997, 22.
Beide Formen der Verzweiflung, „verzweifelt man selbst sein
wollen“ und „verzweifelt nicht man selbst sein wollen“ stellt
Kierkegaard hier dialektisch zusammen. Denn sich selbst wirklich
annehmen kann keine der beiden Formen der Verzweiflung.