An Weihnachten geht der Blick auf den
Anfang, besser gesagt auf den Neueinsatz der Geschichte Gottes mit
seinem Volk.
Wer sich die seither stattgehabte
Geschichte des Christentums anschaut, kann, wie Karlheinz Deschner
eine Kriminalgeschichte darin erkennen. Auch eine "von oben"
bestätigte Heilsgeschichtsschreibung ist, je nach
Argumentationsgang, möglich. Möglicherweise beides.
Erblühte. Rixdorf, Berlin, 2014. |
Eine schöne Alternative bietet der
lyrische Versuch von Jan Twardowski, in dem zwei Zeitebenen in
einander
gehen: die des kleinen Jesuskindes und die der Jetztzeit, in
der verwitterte Heiligenstatuen von einer langen Geschichte des
gewachsenen Christentums zeugen. Allerdings "schimmern"
diese Heiligen "sterbend wie die türkise grün".
Aber erst das Gedicht selbst:
So viele Jahrhunderte1
man pries das christentum, dass es
so lange schon wuchs
mein gott so viele jahrhunderte
sogar Deine heiligen die alter regen
schwarzgemalt hatte
schimmern sterbend wie die türkise
grün
und es lief zur Allerheiligsten
Mutter
die dem kleinen Jesus auf einer
haselnuß spielte
so wahr – daß längst ohne
wiederkehr
und beklagte sich ins ohr
daß es noch nicht zum guten
begonnen habe
Das erwachsene Christentum in seinem
Glanz und Wachstum ist erst der allerkleinste Anfang des gewaltigen
Weges Gottes mit der Welt!? Noch nicht einmal richtig begonnen hat
das alles?
Wie klar dann manche Dinge werden –
alle Kritik und aller Triumph sind berechtigt oder nicht, erst
Reaktion auf einen Anfang. Das Jesuskind in seiner passiven Unschuld
ist gerade heute noch dabei zu beginnen.
Bei Jeder und Jedem kann
Christsein "zum guten" (neu) beginnen. Denn egal, wie
verstaubt die Heiligen auch sind, unsere weihnachtliche Heiligkeit
lebt vom Heute.
Treppenhaus im Neubau des Rathauses Neukölln, Berlin, 2014. |
1 J.
Twardowski, Bóg prosi o miłość. Gott fleht um Liebe. Ausgewählt
und bearbeitet von Aleksandra Iwanowska. Krakau 2000, 37.
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