Die Geschehnisse, die in den letzten
Tagen aus dem Weißen Haus berichtet werden, widern mich aus
verschiedenen, jedoch ineinander übergehenden Gründen an.
1
Natürlich geht es mir in erster Linie
um das schlecht bis gar nicht kaschierte Einreiseverbot für Muslime (de facto, nicht de jure),
das von seinem Inhalt über die Art seiner Anordnung bis hin zur
Veröffentlichung ein Desaster ist.
Blinder Spiegel. St. Michael, Kreuzberg, Berlin 2016. |
Inhaltlich werden religiöse
Diskriminierungen über den Umweg der vermeintlichen Terrorabwehr in
Kraft gesetzt. Dabei soll eine bestimmte Gruppe von Menschen ohne
Ansehen ihrer je individuellen Hintergründe pauschal nicht in die
USA einreisen dürfen. Was das für schon in den USA lebende und
arbeitende Menschen mit Staatsangehörigkeiten aus den betroffenen
Staaten bedeutet, die zeitweise außerhalb der US-Grenzen tätig
sind, scheint niemand im Blick gehabt zu haben.
Dafür spricht ebenso das autokratisch
anmutende Verfahren der Anordnung per Dekret, das vom amerikanischen
Präsidialsystem freilich erst ermöglicht wird.
Trotzdem sind fachliche Konsultationen die Regel, die in diesem Fall
nicht durchgeführt wurde, augenscheinlich um die rasche
Handlungsvollmacht des neuen Präsidenten zu beweisen. Demokratisch
legitimierte Rücksprachen und Zuarbeiten wirken nur bremsend, wenn
hier Durchsetzungskraft demonstriert werden muss. Dementsprechend
schlampig scheint das Dekret ausgearbeitet worden zu sein.
Schließlich überraschte die
Veröffentlichung sowohl die designierten Minister im Außen- und
Justizministerium als auch das eigentlich verantwortliche
Heimatschutzministerium, wodurch die baldigen Amtsinhaber düpiert
dastehen.
Darüber hinaus ist die Wortwahl der
Begründung für die Entlassung der nicht gehorchenden
kommissarischen Justizministerin Sally Yates gefährlich nah an
totalitären Sprachgebrauch: "Verrat"
wurde ihr bescheinigt für ihre Ankündigung, dass ihr Ministerium
die Anordnung nicht ausführen würde. Der ihr außerdem gemachte
Vorwurf der "Schwäche", was den Schutz der US-Grenzen
angehe, zeigt, worum es geht: um die Artikulation brachialer Stärke.
Auch der Widerstand der Mitarbeiter des
State Department wurde von Trumps Sprecher dementsprechend
kommentiert: "Sie sollten sich an das Programm halten, oder
sie können gehen."
Blinde Zeichen. Kleigartenkolonie Neuköllnische Wiesen, Neukölln, 2016. |
Die gruselig-antidemokratische
Botschaft: Jegliches Abweichen vom Willen des Führers wird hart
bestraft. Wer zu schwach ist, wird gefeuert. Staatsräson
ist nicht die Herrschaft des Rechts, sondern das politische Programm
des Machthabers. In Polen und Ungarn wird das ja schon seit einigen
Jahren vorgemacht.
2
Religiös betrachtet zeigt sich im
Gebaren und Entscheiden dieses Mannes das Gegenprogramm zu den am
Sonntag in katholischen Gottesdiensten verlesenen Seligpreisungen (Mt
5,3-12) – die Friedfertigen, Sanftmütigen, Barmherzigen werden von
Jesus erhoben.
All jene Verlierertypen, die von Präsident Trump nun
ausgetauscht, gedemütigt oder gar nicht erst ins Land gelassen
wurden.
Für diese wurden die Seligpreisungen
geschrieben, nicht für die Mächtigen und Reichen.
Pointierter: mit
den Seligpreisungen sind die vor Terror und Krieg Flüchtenden und
die für Gerechtigkeit Kämpfenden angesprochen, nicht die
mauerbauenden Autokraten.
Doch Gottes Verheißungen erfüllen
sich eben nicht in den politischen Systemen dieser Welt.
Trotzdem ist Widerstand bitter nötig und es freut mich dieser Tage unendlich, dass es so viel zivilen und behördlichen Protest in den USA und anderswo gibt.
Auch die US-Jesuiten haben sich in diesem Sinne zu Wort gemeldet und ihnen (mit Papst Franziskus) sollen die letzten Worte gehören:
Wir "stehen solidarisch für die Verteidigung aller Kinder Gottes, ob Muslime oder Christen. ... Wir dürfen nicht der Angst nachgeben. Wir müssen weiterhin die
Menschenrechte und die Religionsfreiheit verteidigen. Papst Franziskus
hat es so formuliert: Du kannst kein Christ sein, ohne zu leben wie ein
Christ."
Blattlos. Planetarium Jena, 2015. |