Sonntag, 11. Juni 2017

Liebesdreiheit: Vergebung – rund um die Uhr – ekstatisch

Der dreifaltige Gott ist ein Gott. Gegen theologische und spirituelle Wildwüchse ebenso wie gegen Angriffe aus anderen Religionen muss im Christentum immer wieder daran erinnert und festgehalten werden – trotz und gerade wegen des heutigen Festes der Dreifaltigkeit.
Die Klammer, die das christliche Gottesbild als Bild des einen Gottes am besten zusammenhält, ist die Liebe. In Vater, Sohn und Heiligem Geist drückt sie sich mit je unterschiedlichem Schwerpunkt aus.

Liebe brennt. Rixdorf, Berlin, 2017.
Liebe vergibt
Die Evangelien stellen den himmlischen Vater als einen liebevoll vergebenden Gott vor. Besonders im Gleichnis vom Barmherzigen Vater (Lk 15,11-32, auch bekannt als Geschichte vom verlorenen Sohn) tritt dieser Charakterzug des trotz aller Schuld des Sohnes vorurteilslos zur Aussöhnung bereiten Gottes hervor.
Das ist der Zug der Liebe, der uns im Alltag sicher am schwersten fällt – nochmals und nochmals, wieder und wieder die gleichen und ähnlichen Dinge vergeben. Dann wird Liebe zur Treue, die auch bei allen hart und je länger, desto härter empfundenen Mängeln des Anderen vergibt. So wie Gott auch uns sieht und kennt und immer wieder neu vergibt.
Auf diese Weise ist Vergebung sicher auch ein Hauptcharakterzug zwischenmenschlicher Liebe. Die Liebe trägt nicht nach, rechnet nicht auf, erzieht nicht, sondern vergibt einfach (vgl. 1Kor 13,4ff). Weder lässt sie den Anderen los, noch in seinen Mängeln sitzen.
So wie Gott – treu und barmherzig wirbt und lockt und zieht er mit dem Angebot des Neuanfangs, den seine Vergebung schenkt.

Liebe kostet
Aber, und das zeigt in besonderer Weise Gott der Sohn, Liebe kostet auch etwas und wird in der vergebungsbereiten Treue etwas, das, wenn schon umsonst, dann keinesfalls kostenlos ist. Das geduldige Ertragen, das Paulus in seinem Hohenlied der Liebe als Eigenschaft der Liebe besingt (vgl. 1Kor 13,7), ist eben eine aufreibende Sache. Das geht bis dahin, dass einer ein Leben für seine Freunde (seine Familie, ein hohes Ideal...) zu geben bereit ist (vgl. Joh 15,13).
So und nur so wird auch der Kreuzestod des Gottessohnes Jesus religiös verständlich – als Akt der gottmenschlichen Liebe.
Zwischenmenschlich ist vielleicht nicht sofort auf diesem Niveau anzufangen, aber die elterliche Liebe zu den (kleinen) Kindern, die rund um die Uhr mit Trost und Vergebung, Umarmung und Nähe, Wegweisung und Körperpflege da ist und bis zur nachtdurchwachende Sorge um die kindliche Gesundheit reicht, kann schon eine Annäherung sein. Das alte Wort vom "Opfer" hat wohl auch hier seinen passenden Ort.
Jesus jedenfalls war sich nicht zu schade zum ganzen Einsatz für die Seinen, was ihn schließlich das Leben kostete.

Liebe jubiliert
Im Geist ist Freiheit! (vgl. 2Kor 3,17)
Traditionell stellt die Theologie den Geist als Gegenbild oder mindestens als Ergänzung zu Amt und Struktur dar. Denn der Geist weht frei und sprengt die Grenzen, die festgefügt erscheinen – in der Kirche ebenso wie in der Welt.
Als Liebe steht Gottes Geist darum für die Ekstase, das Verliebtsein, den Liebesjubel.
Alles Leichte, das die Schwere der ersten beiden Liebesakzente ergänzen muss, findet sich im Heiligen Geist. Er beseelt und erfüllt und lässt die Liebe schweben. Wer rund um die Uhr liebevoll und treu und vergebend sein will, braucht dazu einen Antrieb, der ein weites Herz verleiht. Das ist eine Gabe des verschwenderischen Geistes Gottes.

Liebe verschwendet. Berlin-Mitte, 2017.