Wie viel größer wird die Liebe
plötzlich, wenn sie vorbei ist!
Wie viel inbrünstiger das Gefühl in
dem Moment, in dem die Fülle gerade durch die Finger rinnt!
Leonard Cohen, der begnadete
Songwriter, scheint das gespürt zu haben. Und er hat es in Worte
gefasst!
Denn neben den bekannten Songs sind von
ihm auch eine Reihe nicht vertonter Gedichte erschienen, von denen es
einige wert sind, als Miniaturen im Gedächtnis zu bleiben.
"Für Anne
Ohne Annie neben mir,
wessen Augen soll ich vergleichen
mit der Morgensonne?
Nicht, daß ich es je tat,
Doch jetzt tue ichs -
jetzt, da sie fort ist."1
Während die erste Strophe noch
sehnsüchtig klingt, verstummen Sehnsucht, aber auch Reue oder Trauer
in der zweiten Strophe beinahe. Eher lakonisch wirkt die Stimmung
hier.
Es ist das Eingeständnis einer
verpassten Chance.
Aufblitzen einer Einsicht, als alles
schon vorüber ist.
Und der Mut, beides wahrzunehmen.
1 L.
Cohen, Romane / Gedichte / Lieder. Frankfurt a.M. 1980, 261.