Es ist zum Haareraufen:
Wenn ich auf den Heiligenkalender der
katholischen Kirche schaue, muss ich feststellen, dass dort viele
Mönche, Bischöfe, Pfarrer, Missionare, Prediger, Päpste, Nonnen
und heilige Jungfrauen zu finden sind.
Aber fast keine Heiligen, die eine
Familie außer ihrer Herkunftsfamilie hatten – mithin fast keine
heiligen Väter oder Mütter.
Während für die frühe Kirche noch
das Martyrium, und damit der Tod, die wichtigste Basis der Heiligkeit
war, wurde mit der Zeit auch das heiligmäßige Leben bedeutsamer –
und das schien sich vor allem in den heiligen Kirchenlehrern,
Eremiten, Wüstenvätern Jungfrauen und Bischöfen zu finden.
Die beste Gelegenheit, heilig zu werden?! Rusinowo, 2019. |
In jenen also, die sozusagen
hauptberuflich Christen waren und durch ihre Funktion innerhalb der
Kirche sowieso tagein tagaus mit der Verkündigung oder Meditation
des Gotteswortes zu tun hatten.
Zufälligerweise hatten diese
Vollzeitchristen alle ein Gelübde der Ehelosigkeit oder
Enthaltsamkeit oder der Keuschheit abgelegt.
Keiner und keine war verheiratet und
mit dem Aufziehen von Kindern beschäftigt. Vielmehr konnten sie sich
in der Regel gänzlich um Gottes und ihre eigene Heiligkeit kümmern.
Natürlich gibt es ein paar Ausnahmen,
die nicht unerwähnt bleiben sollen: die heilige Elisabeth
war Ehefrau des Landgrafen Ludwig von Thüringen und Mutter dreier
Kinder. Nikolaus
von Flüe war mit Dorothea Wyss verheiratet und hatte sogar zehn
Kinder mit ihr.
Beide widmeten sich allerdings die
letzten Lebensjahre nach dem Tod des Landgrafen bzw. nach der
einvernehmlichen Trennung von der Frau ganz und gar ihrem
Glaubensleben – und zwar ohne Familie.
Ähnliches gilt für die Seher-Kinder
von Fatima, die 2017 von Papst Franziskus heiliggesprochen worden.
Zwei starben jung, die dritte, Lucia dos Santos, wurde Nonne.
Eine der sehr wenigen Ausnahmen sind
die biblisch bezeugten Heiligen Joachim und Anna, Eltern der
Gottesmutter Maria. Diese beiden und natürlich Maria selbst zusammen
mit Josef sind nun die einzigen bekannteren Heiligen, die wirklich
mit der Erziehung eigener Kinder in Verbindung gebracht werden können
(seit neuestem auch noch die Eltern
von Therese von Lisieux).
Das ist doch unbefriedigend.
Mit diesem Verhältnis von ehelos
Lebenden und Familienmenschen unter den Heiligen kann ich als
Familienvater nur wenig anfangen. Praktische Vorbildfunktion kann ich
schwerlich erkennen. Passen
also engagiertes Christsein und Familie nicht zusammen? Frisst
die Kindererziehung alle Frömmigkeit? Oder bleibt der
Zusammenhang bloß so unsichtbar, weil Glauben in der Familie kein
solcher Teil der Öffentlichkeit ist wie das Glaubensleben von
Bischöfen und Ordensfrauen?
Auch so einer. Jaroslawiec, 2019. |
Wenn ich auf den Evangeliumstext des
Festes (Mt
5,1-12a) schaue, finde ich jedenfalls viele reale Probleme einer
Familie angesprochen:
Ein Evangelium von der Traurigkeit, die
vor allem die Kinder manchmal mit vielen Tränen überkommt,
ein Evangelium von der Sanftmut, zu der
Eltern sich bei der Erziehung immer wieder rufen müssen,
ein Evangelium vom Wunsch nach
Gerechtigkeit, vornehmlich unter Geschwistern,
ein Evangelium von der Barmherzigkeit
und Langmut, die voller Geduld immer wieder noch einmal Anlauf nimmt
bei den anstehenden Fragen des Alltags,
ein Evangelium vom Friedenstiften in
der Familie...
Dieser Tage wurde wieder viel über
Sinn und Unsinn des Zölibats
gesprochen und geschrieben.
Ich glaube, wenn wir uns an Jesus halten, dann geht es darum, dass wir wirklich alles heiligen und bei Heiligkeit nicht nur an ein familienfreies Leben hinter Klostermauern oder auf einem Bischofsstuhl denken.
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