Samstag, 20. März 2021

Die Frucht und der Kampf. Zwei gegensätzliche Kirchenerfahrungen

Diese Woche haben mich zwei sehr gegensätzliche Erfahrungen von Kirche bewegt.

Beim Meditieren der Texte des Sonntags, vor allem des Evangeliums (Joh 12,20-33) schien mir, dass diese Erfahrungen gut zu zwei Passagen des Sonntagsevangeliums passen.


Da ist zum einen meine Ausbildung – ich absolviere gerade zwei Wochen eines insgesamt sechswöchigen Kurses "Klinische Seelsorge Ausbildung" (KSA), der dieses Mal pandemiebedingt online stattfindet. Organisiert durch ein evangelisches Seelsorgeinstitut und mit einer Reihe evangelischer Pfarrer und SeelsorgerInnen als Teilnehmenden erfahre ich dort eine sehr schöne Weise, wie Kirche glaubwürdig ökumenisch miteinander arbeiten und beten kann.
lebendig, statt tot.
Neukölln, Berlin, 2021.
Bei intensiven Selbsterfahrungsübungen, Reflexionen über den je eigenen Seelsorgestil und die individuellen Stärken und Schwächen, bei Gesprächsprotokollen und Predigtanalysen verspüre ich den sehr starken Wunsch, Menschen auf ihrem Weg mit und näher zu Gott zu begleiten.
Hier wird Kirche lebendig und ich versuche, mich mit meiner Perspektive einzubringen.


"Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt,
bleibt es allein;
wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht
." (v24)


Wie man schon mitbekommt, leide ich nicht an dieser Ausbildung und ich sterbe auch nicht – aber ich muss mich doch öffnen und etwas von mir preisgeben. Dazu muss ich mich gehörig selbst überwinden und mich bisweilen sogar verletzbar machen. Wo ich mich nicht öffne und nichts wage, gibt es keinen Lernfortschritt und keine Frucht. Das Wort vom sterbend sich öffnenden und fruchtbringenden Korn inspiriert mich deshalb, hier viel zu investieren.
In diesem Kurs machen das alle – so gewinnt Kirche für mich eine ökumenisch fruchtbare Gestalt.


Zum anderen sind da die Geschehnisse, die sich medial vor allem in Bezug auf die vatikanische Intervention zur Segnung homosexueller Partnerschaften und in Bezug auf die Veröffentlichung des zweiten Kölner Gutachtens zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs abspielen.
Meine Heimat, die katholische Kirche, bietet dabei ein verheerendes Bild. Vor allem weil die verantwortlichen Männer in Köln eher auf sich, die Reputation ihrer Kirche und den Schutz der Beschuldigten zu achten scheinen.


"Wer sein Leben liebt, verliert es;
wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet,
wird es bewahren bis ins ewige Leben
." (v25)


Angesichts dieser kirchlichen Situation scheint mir das Wort auf jene zu passen, die sich am medial und juristisch unbefleckten Leben festklammern. Und das Klammern an den liebgewordenen Diskrimierungen und theologischen Denkspielen in den römischen Schreiben scheint mir ebenso wenig lebensfreundlich zu sein. Es ist ein Trauerspiel und ein harter Kampf für all jene, die trotzdem zu dieser Kirche stehen wollen.


Gut, dass Kirche immer mehrere Seiten hat – ich wünsche euch, dass ihr mehrere Gesichter von Kirche kennt und erfahren könnt! 

 

Die Innenseite der Kirche.
Schlosskirche Wittenberg, 2017.


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