Diese Woche haben mich zwei sehr
gegensätzliche Erfahrungen von Kirche bewegt.
Beim Meditieren der Texte des Sonntags,
vor allem des Evangeliums (Joh
12,20-33) schien mir, dass diese Erfahrungen gut zu zwei Passagen
des Sonntagsevangeliums passen.
Da ist zum einen meine Ausbildung –
ich absolviere gerade zwei Wochen eines insgesamt sechswöchigen
Kurses "Klinische Seelsorge Ausbildung" (
KSA), der dieses
Mal pandemiebedingt online stattfindet. Organisiert durch ein
evangelisches Seelsorgeinstitut und mit einer Reihe evangelischer
Pfarrer und SeelsorgerInnen als Teilnehmenden erfahre ich dort eine
sehr schöne Weise, wie Kirche glaubwürdig ökumenisch miteinander
arbeiten und beten kann.
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lebendig, statt tot. Neukölln, Berlin, 2021.
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Bei intensiven Selbsterfahrungsübungen,
Reflexionen über den je eigenen Seelsorgestil und die individuellen
Stärken und Schwächen, bei Gesprächsprotokollen und
Predigtanalysen verspüre ich den sehr starken Wunsch, Menschen auf
ihrem Weg mit und näher zu Gott zu begleiten.
Hier wird Kirche
lebendig und ich versuche, mich mit meiner Perspektive einzubringen.
"Wenn das
Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt,
bleibt es
allein;
wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht."
(v24)
Wie man schon mitbekommt, leide ich
nicht an dieser Ausbildung und ich sterbe auch nicht – aber ich
muss mich doch öffnen und etwas von mir preisgeben. Dazu muss ich
mich gehörig selbst überwinden und mich bisweilen sogar verletzbar
machen. Wo ich mich nicht öffne und nichts wage, gibt es keinen
Lernfortschritt und keine Frucht. Das Wort vom sterbend sich
öffnenden und fruchtbringenden Korn inspiriert mich deshalb, hier
viel zu investieren.
In diesem Kurs machen das alle – so gewinnt
Kirche für mich eine ökumenisch fruchtbare Gestalt.
Zum anderen sind da die Geschehnisse,
die sich medial vor allem in Bezug auf die vatikanische Intervention
zur Segnung homosexueller Partnerschaften und in Bezug auf die
Veröffentlichung des zweiten Kölner Gutachtens zur Aufarbeitung
sexuellen Missbrauchs abspielen.
Meine Heimat, die katholische
Kirche, bietet dabei ein verheerendes Bild. Vor allem weil die
verantwortlichen Männer in Köln eher auf sich, die Reputation ihrer
Kirche und den Schutz der Beschuldigten zu achten scheinen.
"Wer sein
Leben liebt, verliert es;
wer aber sein Leben in dieser Welt
gering achtet,
wird es bewahren bis ins ewige Leben."
(v25)
Angesichts dieser kirchlichen Situation
scheint mir das Wort auf jene zu passen, die sich am medial und
juristisch unbefleckten Leben festklammern. Und das Klammern an den
liebgewordenen Diskrimierungen und theologischen Denkspielen in den
römischen Schreiben scheint mir ebenso wenig lebensfreundlich zu
sein. Es ist ein Trauerspiel und ein harter Kampf für all jene, die
trotzdem zu dieser Kirche stehen wollen.
Gut, dass Kirche immer mehrere Seiten
hat – ich wünsche euch, dass ihr mehrere Gesichter von Kirche
kennt und erfahren könnt!
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Die Innenseite der Kirche. Schlosskirche Wittenberg, 2017.
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