COVAX, Syrien, Myanmar, Josefsjahr und
Paraguay – ich gebe ja zu, dass ich für meine Recherchen spät
dran bin, aber dass heute nur die genannten Themen auf der Startseite
der Vatikan-Homepage zu finden waren und die Frage nach der Segnung
homosexueller Partnerschaften schon völlig aus dem Blick gerutscht
ist, hat mich doch verwundert.
Und es drängt sich wieder einmal der Eindruck auf: Dort wo ein selbstkritischer Blick nötig wäre, wo es viel Wind um genuin kirchliche Fragen gibt, da schieben sich plötzlich andere Dinge in den Vordergrund. Nicht, dass es nicht Grund genug für die Thematisierung der vielen Krisen auf der Welt gäbe, aber die spirituelle und moralische Krise, die die Verlautbarung des Vatikans in vielen katholischen Christinnen und Christen auslöst, scheint mir doch nicht weniger ernst.
Bunte Vielfalt. Markt von Bad Muskau, 2020. |
Aber halt!
Noch nicht einmal das sagt der Wortlaut des Textes (den man dann doch findet) so deutlich: Die Autoren der Glaubenskongregation ziehen sich auf den Standpunkt zurück, dass die Kirche nicht die Vollmacht zur Segnung dieser Partnerschaften habe.
Die Autoren eiern um die eigene Verantwortungsübernahme herum und tun so, als könnten sie ja nicht anders. So resümieren sie am Ende schmerzhaft deutlich: "Aus diesen Gründen verfügt die Kirche weder über die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts im oben gemeinten Sinne zu segnen, noch kann sie über diese Vollmacht verfügen."
Das ist eine altbekannte Strategie: Auf diese Weise liegt die Verantwortung selbstverständlich nicht bei den Autoren, sondern in den ihnen vorgegebenen Normen. Dahinter steht eine große Angst vor Mehrdeutigkeit und Vielfalt.
Liebe, Treue, gegenseitige Unterstützung in der Not, Hingabebereitschaft, Übernahme von Verantwortung füreinander – all diese (und weitere) guten Elemente in solchen Beziehungen sieht die Glaubenskongregation durchkreuzt von der falschen Grundausrichtung: "Das Vorhandensein positiver Elemente – die in sich betrachtet dennoch zu schätzen und hervorzuheben sind – in solchen Beziehungen ist trotzdem nicht in der Lage, diese zu rechtfertigen und sie daher rechtmäßig zum Gegenstand einer kirchlichen Segnung zu machen, weil diese Elemente im Dienst einer Verbindung stehen, die nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet ist."
Es gibt keine richtige Liebe zur
falschen Person, scheint uns das sagen zu wollen.
Dass hier keine, wie das Dokument (in
Übereinstimmung mit dem Katechismus) sagt, "ungerechte
Diskriminierung" vorliegt, ist angesichts dessen eine
lächerliche Finte. Es ist halt eine Art der Diskriminierung, die
sein muss und deshalb "gerechtfertigt" ist, wird in dieser
Denkwelt argumentiert.
Es ist dies eine Gegenwelt zu heutigen
westlichen Gesellschaften, in der sich die Autoren befinden. Ihre
Argumentation hat keinen Anschluss mehr an die geläufigen Diskurse
und befördert sich damit selbst ins Abseits. Für mich als jemand,
der versucht, diese Dinge zusammenzudenken, ist das unendlich traurig
und frustrierend. Wie viel mehr für all jene gläubigen
Homosexuellen, die nun ein weiteres Mal zurückgestoßen werden.
Calm down! Trotz vieler vieler Kiesel. Polnische Ostsee, 2019. |
Aber dann wäre man bei der gleichen Argumentation wie dieses Dokument: Auch das real existierende Gute hilft nichts, wenn das Ganze schlecht ist.
Ich mag diese Denkweise nicht, weil sie nicht differenziert, sondern nur Schwarz und Weiß kennt. Weil sie den kleinen Keimen der Veränderung und des Widerstands keinen Spielraum gibt.
Deshalb bleibe ich bei der Überzeugung, dass Gottes Segen allen Beziehungen gilt, in denen Liebe gelebt wird.
Und bei aller Frustration über die Kirche hoffe ich, dass auch in ihr irgendwann der Mut zur Liebe die Überhand gewinnt.
Mehr dazu hier.
Spannend zu lesen und ich bin froh, dass du so denkst! Liebe Grüße Conni
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