Sonntag, 3. Oktober 2021

Ein Leib sein. Über Ehe und Christsein

Aus zwei mach eins!

Was auch gut für eine Rede zum Tag der deutschen Einheit taugen würde (Einen schönen Festtag auf diesem Wege!), ist im Evangelium des Sonntags (Mk 10,2-10) auf die Ehe gemünzt.

Also: Was für eine Herausforderung!

Jesus macht aus der Ehe eine echte menschliche Verwandlung. Denn aus den beiden Liebenden, die jeweils in sich "ein Fleisch" sind, wird nun zusammen "ein Fleisch" (v8). Und dies sagt er in einem Kontext, in dem es um die Ehescheidung geht – als Anfrage der Pharisäer, die von Jesus eine Aussage dazu haben wollen.

Viel Krimskrams - eine Ordnung.
Wildau, 2019.
Das ist nun insofern bemerkenwert, als es die einzige Stelle ist, in der sich Jesus eindeutig positiv zur Familie bzw. Ehe äußert. Jedenfalls äußert er sich positiv in dem Sinne, dass damit die Eheschließung als Verbindung von Mann und Frau in der Schöpfungsordnung anzusiedeln ist (zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist damit keine Aussage getroffen!).

Zugleich sagt Jesus damit auch, dass die Herkunftsfamilie, die die wirtschaftlich und sozial bedeutsame Größe jener Zeit war, durch die neue Verbindung relativiert wird. Und damit bewegt er sich wieder ganz im Rahmen seiner anderen, sehr familienkritischen Aussagen – dort ist ihm wichtig, dass die Bindung an die Familie nicht zum Hinderungsgrund wird, sich ihm anzuschließen (vgl. Mt 19,27-29).

Erst auf Nachfrage ist also von Jesus zu erfahren, dass eine Ehe dazu bestimmt ist, Bestand zu haben und dass ebendarum, weil etwas gänzlich Neues entstanden ist.

Spannend wird es nun, wenn man sich eine parallele Formulierung bei Paulus anschaut: im Ersten Korintherbrief beschreibt Paulus die christliche Gemeinde ganz ähnlich, nämlich mit dem Bild des Leibes. Da heißt es dann unter anderem: "Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen" (1Kor 12,13). Wer Christ:in wird, steht also auch in einem neuen Lebenszusammenhang und ist nun verwandeltes Mitglied einer größeren Gemeinschaft.


Zusammengefasst:

So wie durch eine Ehe zwei Menschen zutiefst verbunden und in etwas Neues hineinverwandelt werden, so werden Christ:innen durch die Taufe miteinander verbunden und in etwas Neues eingebunden.

Und, so lässt sich daraus folgern, wie man eine Ehe nicht allein führen kann, können wir als Christ:innen auch nicht allein Glaubende sein. Denn wir sind, im einen wie im anderen Fall, in eine neue Gemeinschaft inkorporiert. Daraus erklärt sich auch der hohe Wert, den die katholische Kirche im Anschluss an diese Aussage Jesu der Ehe beimisst und ebenso, dass ein Kirchenaustritt in diesem religiösen Sinne eine unheimliche Relevanz hat. Denn es wird damit eine Verwandlung zerstört, in die die einzelne Person sich eingelassen hat.

Umso mehr wäre es wünschenswert, dass die Verschiedenheit der Positionen, die es in der Kirche, aber auch in einer Ehe gibt, mehr gewürdigt wird und keine Partei sich dabei anmaßt, die andere (in der Kirche oft medial befeuert) auszuschließen. Ein konstruktiver Umgang mit abweichenden Meinungen und mit Vielfalt allgemein tut uns dabei gut (und auch das gilt natürlich für die Gesellschaft im geeinten Deutschland).

 

Mehr zum Thema Ehe und Christsein aus mehr persönlicher Perspektive hier.

Mehr zum angrenzenden Thema der Ehelosigkeit hier.

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