Als Jesu Leben sich seinem Höhepunkt
in Jerusalem näherte, war er gerade 33 Jahre. Da ich gerade dasselbe
Alter habe, frage ich mich, von irgendwelchen sonstigen Vergleichen
weit entfernt, von was das Leben Jesu in seinem Alter geprägt war.
Mann, Pankow, Berlin, 2013. |
Denn sehr verschieden wird heute auf
diese meine Generation geschaut, die sich, in den Augen der Älteren,
spät oder zu spät (oder noch gar nicht) zur Familiengründung
entschloss, vielmehr das eigene Fortkommen und eine irgendwie
geartete Karriere im Blick hatte, sich vielleicht auch noch in
Ausbildungen herumschlägt, als entscheidungsfaul gilt und sich
manchmal selbst so sieht.
Da sind junge Politiker, sind Schauspielerinnen, sind Sportler und Sängerinnen, deren Lebenshöhepunkt in Sicht oder (vor allem bei den letzteren beiden Gruppen) schon vorüber zu sein scheint. Da ist die unspezifische Gruppe derer, die, wie ich, einiges hinter sich gebracht hat, aber auch noch einiges vor sich zu haben hofft, irgendwo mittendrin. Da ist das Leben zwischen Anspruch und Vergnügen, zwischen der Wegzehrung aus der Vergangenheit und dem Ungewissen in der Zukunft.
Da sind junge Politiker, sind Schauspielerinnen, sind Sportler und Sängerinnen, deren Lebenshöhepunkt in Sicht oder (vor allem bei den letzteren beiden Gruppen) schon vorüber zu sein scheint. Da ist die unspezifische Gruppe derer, die, wie ich, einiges hinter sich gebracht hat, aber auch noch einiges vor sich zu haben hofft, irgendwo mittendrin. Da ist das Leben zwischen Anspruch und Vergnügen, zwischen der Wegzehrung aus der Vergangenheit und dem Ungewissen in der Zukunft.
Jesus seinerseits scheint bodenständig
gewesen zu sein – ein Handwerk hatte er gelernt, zugleich war er
als guter Jude in den Schriften wohlunterrichtet. Geographisch hat er
nicht viel gesehen, höchstwahrscheinlich ist er aus den von einer
fremden Weltmacht besetzten Gebieten seiner Heimat nicht
herausgekommen. Kleinstädtische Umgebung, Clandenken, unruhige
Religiosität zwischen Immer-schon und Endlich-mal.
Um die Dreißig erlebte er einen
inneren Aufbruch – verbunden mit dem äußeren Ausbruch aus dem
Bekannten, aus der Welt der Familie und des Dorfes. In der Folge
streunt er herum, kommt mit Leuten ins Gespräch, belehrt sie anhand
seiner Kenntnisse und Einsichten, findet daraufhin Freunde und
Anhänger, legt sich aber auch mit den Autoritäten an und beginnt,
den Menschen das Alte neu schmackhaft zu machen. Charisma allein war
wohl nicht erfolgbegründend, ein kraftvoll-heilendes Tun muss
dazugekommen sein. Ein Sehnen und Aufmerken, eine Begeisterung für
etwas Größeres ist da spürbar.
Andererseits: Er hätte längst
heiraten sollen. Kinder wären dran gewesen. Die Familienbande
konnten ihn nicht halten oder binden. Obgleich eher in den
heimatlichen Landstrichen unterwegs dehnte sich sein Wirkkreis weiter
aus. Entrüstung und Aufbegehren gegen die Besatzer sind nicht
überliefert, eher schon das unterschwellige Absprechen
weitergehender Autorität über die Juden unter Beibehaltung der
nötigsten Formen. Politisch scheint er sich arrangiert zu haben.
Haus, Halle-Neustadt, 2014. |
Sein Schwung und seine Begeisterung
zogen ihn an die Ränder. Ausgestoßene und Marginalisierte sprach er
direkt an, Kranken half er, Kollaborateure versuchte er wieder zu
integrieren, auch Leute außerhalb des eigenen Volkes blieben nicht
tabu.
Ausbruch aus dem Heimischen und
Aufbegehren gegen Autoritäten, Gelassenheit angesichts der
politischen Wirrnisse, zugleich soziale Sensibilität. Klingt nicht
unbekannt...
Aber dieses Feuer Jesu! – Ein
Gottgepackter, der eine Autorität war (und weiter ist), der
unheimliche Ansprüche an die stelle, die mit ihm sein wollten.
Einer, der innerlich frei war. Der nicht lieb war, aber Gottes Liebe zu allen verkündete.
Der die zwischenmenschlichen Verhältnisse im Sinne Gottes umwerfen
wollte. Der Verwandtschaft mit dem Allmächtigen predigte. Das
Herrschen von Gerechtigkeit und Frieden. Versöhnungsbereitschaft.
Aufeinander hören. Kleine achten. Missliebige hineinholen.
Bei aller Nähe zu den erstgenannten
Aspekten seiner Person – hier bleibt er wirklich ein Stein des
Anstoßes. Bei aller göttlichen Liebe – kein Wunder, dass der
Anspruch Gottes über das menschliche Individuum, den Jesus verkündet
hat, nicht mehr händelbar und vorteilhaft, nicht sonderlich
anziehend ist. Spaß und Abenteuer gehen anders.
Oder?
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