Es ist so fern von mir,
was da in der Kirche gerade passiert.
Vielleicht liegt es daran,
dass ich mich aktuell wenig im katholischen Milieu bewege – und
wenn, dann eher, um Persönliches zu besprechen und nicht
Kirchenpolitik.
Und ich bin darüber
selbst ein wenig überrascht, wie wenig mich das alles berührt –
ein emeritierter Papst, der zurückgezogen leben und schweigen will,
mischt sich mit diversen Vorworten und Artikeln immer wieder in
aktuelle Debatten ein, ein getriebener US-Präsident versucht bei
einem Pro-Life-March, sich katholisches Wählerklientel zu erobern,
die deutschen Kardinäle Woelki und Müller betonen mehr oder weniger
ungeniert und unhöflich ihre Missachtung der ersten Versammlung des
Synodalen Wegs in der deutschen katholischen Kirche.
Es gäbe also Gründe
genug, um sich aufzuregen oder mitzuschreiben.
Ein schmaler Pfad? Zinnowitz, 2019. |
Rational weiß ich auch,
dass der Zustand einer Gemeinschaft und der zwischenmenschliche
Umgang in ihr etwas zu tun haben (sollten) mit ihren zentralen
Inhalten. Emotional aber komme ich da gerade nicht ran.
Außerdem baut es mich
wirklich nicht auf, meine Positionen hier einzubringen.
Das liegt vielleicht
daran, dass Themen die die Ordination von Frauen oder die Kommunion
für wiederverheiratete Geschiedene mich nicht existenziell
betreffen. Es hat aber vor allem damit zu tun, dass ich mich in
meiner seelsorglichen Arbeit an den Rändern der Kirche bewege.
Genauer gesagt steht mein
Berliner Knast an den Rändern des Christlichen.
Hier habe ich einerseits
in der Regel einen Bonus als Seelsorger der katholischen Kirche, weil
man die Bedingungen schätzt, unter denen ich arbeite:
Verschwiegenheit, Großzügigkeit, Systemdistanz etc. Und ich bin der
einzige Vertreter einer fernen Institution, die man mit Hilfe und
Unterstützung assoziiert. Darüber hinaus spielt Kirche meistens
keine Rolle.
Andererseits geht es hier
aber um die christlichen Basics für inhaftierte Menschen:
Ob es jemanden gibt, der
größer ist als ich und meine Schuld; ob ich noch von irgendwem
gehalten bin, wenn meine Familie zerfällt; ob ich darauf vertrauen
kann, dass ich noch eine Chance bekomme, wenn der Richter sie mir
verweigert; ob Gottes Liebe wirklich Kraft und Trost gibt, ob Gebet
mich weiterträgt …
Das sind die Fragen, die
sich in vielen Gesprächen stellen.
Hier will ich helfen, dass
Menschen ihr Leben im Licht Gottes anschauen können, dass sie sich
trotz ihrer Schuld geliebt fühlen, dass sie sich gestärkt aufmachen
und neu anfangen, dass sie Gottes Barmherzigkeit annehmen und
weitergeben.
Auch wenn ich diese
Aufgabe nur im Auftrag der Kirche tun kann und will, auch wenn ich
eingebunden bin in die kirchlichen Strukturen vor Ort in Berlin, auch
wenn ich mich getragen weiß von einer breiten Tradition
seelsorglichen Handelns in der Kirche – Kirche als Institution ist
hier sehr fern und ich sehe mich oft in der Pflicht, in Erinnerung zu
rufen, dass wir dieses Hochfest oder jenen Sonntag gemeinsam mit der
Kirche auf der ganzen Erde feiern.
Die kirchenpolitischen
Debatten aber verdunkeln das christliche Zeugnis.
Deshalb möchte ich mich
hier auch nur sehr wenig darüber äußern und den Fokus lieber auf
Gottes Liebe zu uns richten.
Rotes Windsignal. Hiddensee, 2018. |
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