Mittwoch, 5. Februar 2020

Irgendwie unbeteiligt. Über kirchenpolitische Debatten.

Es ist so fern von mir, was da in der Kirche gerade passiert.
Vielleicht liegt es daran, dass ich mich aktuell wenig im katholischen Milieu bewege – und wenn, dann eher, um Persönliches zu besprechen und nicht Kirchenpolitik.

Und ich bin darüber selbst ein wenig überrascht, wie wenig mich das alles berührt – ein emeritierter Papst, der zurückgezogen leben und schweigen will, mischt sich mit diversen Vorworten und Artikeln immer wieder in aktuelle Debatten ein, ein getriebener US-Präsident versucht bei einem Pro-Life-March, sich katholisches Wählerklientel zu erobern, die deutschen Kardinäle Woelki und Müller betonen mehr oder weniger ungeniert und unhöflich ihre Missachtung der ersten Versammlung des Synodalen Wegs in der deutschen katholischen Kirche.

Es gäbe also Gründe genug, um sich aufzuregen oder mitzuschreiben.

Ein schmaler Pfad?
Zinnowitz, 2019.
Rational weiß ich auch, dass der Zustand einer Gemeinschaft und der zwischenmenschliche Umgang in ihr etwas zu tun haben (sollten) mit ihren zentralen Inhalten. Emotional aber komme ich da gerade nicht ran.
Außerdem baut es mich wirklich nicht auf, meine Positionen hier einzubringen.

Das liegt vielleicht daran, dass Themen die die Ordination von Frauen oder die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene mich nicht existenziell betreffen. Es hat aber vor allem damit zu tun, dass ich mich in meiner seelsorglichen Arbeit an den Rändern der Kirche bewege.

Genauer gesagt steht mein Berliner Knast an den Rändern des Christlichen.

Hier habe ich einerseits in der Regel einen Bonus als Seelsorger der katholischen Kirche, weil man die Bedingungen schätzt, unter denen ich arbeite: Verschwiegenheit, Großzügigkeit, Systemdistanz etc. Und ich bin der einzige Vertreter einer fernen Institution, die man mit Hilfe und Unterstützung assoziiert. Darüber hinaus spielt Kirche meistens keine Rolle.

Andererseits geht es hier aber um die christlichen Basics für inhaftierte Menschen:
Ob es jemanden gibt, der größer ist als ich und meine Schuld; ob ich noch von irgendwem gehalten bin, wenn meine Familie zerfällt; ob ich darauf vertrauen kann, dass ich noch eine Chance bekomme, wenn der Richter sie mir verweigert; ob Gottes Liebe wirklich Kraft und Trost gibt, ob Gebet mich weiterträgt …

Das sind die Fragen, die sich in vielen Gesprächen stellen.
Hier will ich helfen, dass Menschen ihr Leben im Licht Gottes anschauen können, dass sie sich trotz ihrer Schuld geliebt fühlen, dass sie sich gestärkt aufmachen und neu anfangen, dass sie Gottes Barmherzigkeit annehmen und weitergeben.

Auch wenn ich diese Aufgabe nur im Auftrag der Kirche tun kann und will, auch wenn ich eingebunden bin in die kirchlichen Strukturen vor Ort in Berlin, auch wenn ich mich getragen weiß von einer breiten Tradition seelsorglichen Handelns in der Kirche – Kirche als Institution ist hier sehr fern und ich sehe mich oft in der Pflicht, in Erinnerung zu rufen, dass wir dieses Hochfest oder jenen Sonntag gemeinsam mit der Kirche auf der ganzen Erde feiern.

Die kirchenpolitischen Debatten aber verdunkeln das christliche Zeugnis.
Deshalb möchte ich mich hier auch nur sehr wenig darüber äußern und den Fokus lieber auf Gottes Liebe zu uns richten.

Rotes Windsignal.
Hiddensee, 2018.

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