Dienstag, 11. Februar 2020

Politik vs. Familie. Im Gedenken an Nelson Mandela

Welche Prioritäten setzt ein Freiheitskämpfer, wenn er zugleich noch eine Familie hat?

Aus Anlass des 30. Jahrestages der Freilassung von Nelson Mandela aus seiner Haft am 11. Februar 1990 möchte ich diesen Gedanken aus seiner Autobiographie aufgreifen.

Nach einigen Jahren der Arbeit als Anwalt und der politischen Tätigkeit in Johannesburg besuchte Mandela seine Mutter in der alten Heimat und fragte sich, wie er selbst gesteht "nicht zum erstenmal -, ob es gerechtfertigt sei, das Wohlergehen der eigenen Familie zu vernachlässigen, um für das Wohlergehen anderer zu kämpfen."1

Tief eingegraben.
Niedergrunstedt, 2017.
Die Frage wird von ihm erst sehr viel später beantwortet.
Und sein Leben gibt Antwort, was er tatsächlich tat – Mandela kämpfte für die Freiheit der Schwarzen bis dahin, dass er für lange Jahre ins Gefängnis muss. Zuvor zerbricht noch seine erste Ehe.

Nun mag jeder seine Prioritäten mit sich selbst (und ggf. seinen Liebsten) aushandeln, aber mir scheint, dass nicht zu jedem Engagement und auch nicht zu jedem Temperament ein intensives Familienleben passt. Jedenfalls wird sich heute nicht mehr jede Frau so einfach in die zweite Reihe hinter die Karriere ihres Mannes stellen lassen, wie das noch vor einigen Jahren die Regel war. Und das ist auch gut so.

In der Konsequenz aber bedeutet das, dass die gelingende Balance zwischen Familie und Politik wohl eher auf dem niedrigen Level von Angela Merkel als auf der Spitze bei Ursula von der Leyen zu finden ist.

Und dass der Zölibat schon rein pragmatisch durchaus seine Berechtigung hat – für jene, die für ihre Sache brennen und daneben nichts anderes kennen.

Aber auch sie können, wie Nelson Mandela nach 27 Jahren Haft, ein mehr oder weniger normales Familienleben haben. 

Ob es jedoch gerechtfertigt ist, für den wichtigen politischen (oder religiösen) Kampf andere, zuvor eingegangene Verantwortungen fahren zu lassen, das möge an anderer Stelle geklärt werden.


1   N. Mandela, Der lange Weg zur Freiheit. 4. Aufl. Frankfurt a.M. 2000, 294.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen