Schon schlagen die Wellen wieder hoch,
was der Papst in seinem neuen Schreiben alles verhindert und
verbietet. Keine Weihe für Verheiratete, keine Weihe für Frauen...
Auch ich kann nicht mit jeder
Argumentationskette etwas anfangen und nicht jeder Akzent in diesem
Dokument gefällt mir.
Aber ich habe es in Kürze einfach mal
nach fünf schönen Sätzen durchsucht, die (ja, das ist nicht
textgerecht und elende Rosinenklauberei...) auch für sich stehend
eine gute Figur machen, ganz abgesehen von allem, was
kirchenpolitisch noch dahinter steht oder stehen könnte.
Zitiert wird nach dem Wortlaut von
Vatican
News.
Kleiner Polnischer Beitrag zur Weltkirche. Polen, 2019. |
"Alles, was die Kirche
anzubieten hat, muss an jedem Ort der Welt auf eigene Art Fleisch und
Blut annehmen, in einer Weise, dass die Braut Christi vielfältige
Gesichter erhält, die den unerschöpflichen Reichtum der Gnade
besser ausdrücken." (6)
Vielfalt ist ein sich immer
wiederholender Aspekt in diesem Dokument. Trotz des blumigen Satzes
wird in diesem Satz klar, worum es dem Papst geht: Kirche ist überall
berechtigterweise anders. Das ist eine Sicht, die sich langsam, aber
immer tiefer durchsetzen muss, wenn Kirche überleben will.
"Das Evangelium bietet uns die
göttliche Liebe an, die aus dem Herzen Christi hervorströmt und ein
Streben nach Gerechtigkeit bewirkt, die zugleich ein Loblied auf die
Brüderlichkeit und Solidarität, eine Anregung zur Begegnungskultur
ist." (22)
Wozu ist das Christentum da? Neben all
den anderen Dingen: Mich beeindruckt am meisten die Haltung der
Begegnung mit Anderen. Aus der christlichen Religiosität heraus kann
(und sollte) eine Haltung entstehen, in der es um Begegnung geht. Das
ist keine Kolonisierung, keine Vereinnahmung, keine Indoktrinierung,
sondern das Aufeinander-zu-Gehen und Sich-Begegnen. Kurz: die Haltung
Gottes, die uns prägen soll. Das ist unsere Mission.
"Es ist möglich, sich in
irgendeiner Weise auf ein indigenes Symbol zu beziehen, ohne dass man
es notwendigerweise als Götzendienst betrachten müsste. Ein Mythos
von spirituellem Sinngehalt kann aufgegriffen und muss nicht immer
als heidnischer Irrtum angesehen werden." (79)
Diese Aussage birgt in sich eine
ungeheure Offenheit, die traditionalistische KatholikInnen immer
wieder zur Verzweiflung treibt. Dabei ist es genau die Art, wie viele
Missionare schon vor Jahrhunderten die Zeichen und Bräuche der
indigenen Kulturen aufgenommen, wertgeschätzt und in neuem Licht
angeschaut haben.
"In Amazonien gibt es
Gemeinschaften, die lange Zeit hindurch sich gehalten und den Glauben
weitergegeben haben, ohne dass dort – manchmal jahrzehntelang –
ein Priester vorbeigekommen wäre. Dies ist der Präsenz von starken
und engagierten Frauen zu verdanken, die, gewiss berufen und
angetrieben vom Heiligen Geist, tauften, Katechesen hielten, den
Menschen das Beten beibrachten und missionarisch wirkten."
(99)
Auch wenn aus dieser Aussage nicht die
vielerorts erwünschten Änderungen folgen, ist es gut, dass der
Papst einfach benennt wie es ist: Die katholische Kirche ist
vielerorts eine Frauenkirche. Und Frauen tun vieles von dem, was
andernorts als priesterliche Aufgabe von den Laien weggeschoben wird.
Aber: sie können es und tun es.
"Wenn einer glaubt, dass der
Heilige Geist in denen, die anders sind, wirken kann, dann wird er
versuchen, sich von diesem Licht bereichern zu lassen, aber er wird
es aus dem Innersten seiner eigenen Überzeugungen und seiner eigenen
Identität heraus aufnehmen." (106)
Voneinander lernen und sich vom Fremden
bereichern lassen erfordert eine innere Größe, die wir als Christen
immer wieder lernen müssen. Gottes Geist wirkt auch dort, wo ich es
gar nicht für möglich halte – das ist eine Haltung, die sich alle
in der Kirche, Konservative wie Liberale, immer wieder zueigen machen
können.
Bunter Urwald. Tümpel bei Eberswalde, 2017. |
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