"Ihr seid das Licht der Welt."
(Mt 5,14), sagt Jesus im Evangelium
des Sonntags (Mt 5,13-16).
1.
Es muss am Mittwoch eine Menge
geborstener Leuchtstoffröhren im Thüringer Landtag gegeben haben.
Jedenfalls kann ich mir nur so die
moralische Verdunkelung erklären, die sich in den Fraktionen von CDU
und FDP breitgemacht hatte. Blindheit und Borniertheit waren
anscheinend so groß, dass die Abgeordneten dieser beiden Parteien
sich lieber für ein Spiel
mit Nazis entschieden haben, als den gemütlich-linken Ramelow zu
wählen.
Irgendetwas leuchtet doch! Jena-Lobeda, 2019. |
Selbst wenn man, so wie ich, nicht der
klassische Linken-Wähler ist, kann man sich darüber nur verwundert
ärgern. Auch als geborener Thüringer finde ich den Wunsch dieser
angeblich "bürgerlichen" oder "liberalen"
Parteien, lieber einen Ministerpräsidenten von Gnaden der AfD zu
haben, als einen von der Linken, äußerst abstrus. Altes
Schubladendenken und taktische Dummheit haben sich zusammengetan.
Die sich anschließenden Ereignisse,
die FDP und CDU bis in ihre Bundesparteien hinein erschüttert haben,
zeigen aber, dass da immerhin noch etwas Licht ist.
2.
"Aufgeklärte Vernunft und
katholischer Glaube müssen einander keineswegs widersprechen,
vielmehr sind das Licht des Glaubens und das Licht der Vernunft zwei
Birnen in ein und derselben Lampe, die am Ende nur miteinander hell
genug sind."1
Das ist die Ausgangsthese des aktuellen
Buches "Verdammtes Licht. Der Katholizismus und die
Aufklärung" von Hubert Wolf. Darin zeigt er an vielen
Einzelbeispielen die vertrackte und wechselvolle Beziehung der
katholischen Kirche und der Aufklärung des 17. und 18. Jahrhunderts.
Die Kirche sieht ihren Auftrag darin,
allen Menschen in Jesus Christus das "Licht der Welt"
näher zu bringen. Die Aufklärer ihrerseits wollten mit dem Licht
der Vernunft alles ausleuchten, was nach ihrer Meinung (noch) in
mattem Halbdunkel und Unverständnis ausharrte. Darunter verstanden
diese Philosophen oft genug auch die Kirche, zumal die
römisch-katholische. Die in der Regel autoritär abwehrenden
Reaktionen der Kirchenführer auf diese Angriffe, aber auch auf
kritische Anfragen an kirchliche Denkvoraussetzungen und
Argumentationsmuster, bestätigten (und bestätigen) die Kritiker nur
zu oft – und sie werfen einen dunklen Schatten auf das Gute, das
die Kirche bringen will.
Die "durchgängige
Lichtmetaphorik"2
in Aufklärung und Christentum zeigt zugleich, wie unterschiedlich
über Licht reflektiert wurde. Licht der Vernunft, das erklärt und
Licht des Glaubens, das heilen will, stehen in einer Spannung
zueinander, die wir gerade heute produktiv machen müssen.
3.
In Anlehnung an Jesu Wort vom
Fruchtbringen (Lk
6,43ff) ließe sich hier formulieren: Das Licht, das ich in mein
Leben lasse, wird bestimmen, welches Licht ich ausstrahle.
Politische Orientierung, kritisches
Denken und religiöser Glaube können in einem Leben sehr schief
nebeneinander hängen und für den Einzelnen doch ein subjektiv
höchst harmonisches Ganzes bilden. Es kommt eben auf die Perspektive
an.
Und am Ende wird unser Licht, das wir
in die Welt senden, aufgehen in Gottes großem Glanz. Sein Licht wird
in unser Leben scheinen und aufklären, was heute noch verdunkelt
ist.
Nicht erschrecken! Licht und Schatten im Schlosspark Biesdorf, Berlin, 2019. |
1 H.
Wolf, Verdammtes Licht. Der Katholizismus und die Aufklärung.
München 2019, 12.
2 Ebd.,
10.
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