"Du erscheinst so schön im
Lichtorte des Himmels, / du lebendige Sonne, die zuerst zu leben
anfing!"1
Mitten in der Fastenzeit steht wie ein
Fremdkörper der Evangelientext des heutigen Sonntags (Mk 9,2-10) mit der
Geschichte von der Verklärung Jesu.
Denn dieses plötzliche Aufleuchten des
Geheimnisses Jesu vor den drei auf den Berg mitgenommenen Jüngern
will nicht so recht passen zum schweren Ernst der Fastenzeit.
Sonne am Strand. Peetzseeufer, Grünheide, 2015. |
Dieser theologische Gehalt kann
heutigen Christen liturgisch erfahrbar werden im nach Osten
ausgerichteten Kirchenraum, in dem am frühen Morgen ein Gottesdienst
im Schein der Morgensonne gefeiert wird.
Ähnlich wie die alten Ägypter mit dem
oben zitierten Hymnus in der aufgehenden Sonne ein Bild ihres Gottes
verehrten, ersehnen auch Christen im Glanz der Sonne ihren Heiland.
Christian Lehnert schreibt in seinen
"Fliegenden Blättern von Kult und Gebet" so:
"Im ersten Meßgesang, dem
Kyrie, schaut
der Gläubige auf, und
er wird erhellt wie von einem Blitz: Besungen wird der Triumph einer
göttlichen Epiphanie und der Staub, die Verwirrung derer, die sich
unverwandt mit dem 'ganz Anderen' konfrontiert sehen, die außer sich
geraten. Sie staunen und fehlen. Sie singen und fehlen. Sie sehen den
Glanz und sind geblendet. Im christlichen Kult folgt auf die
Verwandlung des Menschen zum Betenden sogleich die Wucht eines
Aufpralls, der verherrlichte, blitzartige Zugriff Gottes".2
Das klingt wie der Zustand der Jünger
bei der Verklärung – geblendet, verwirrt und doch tastend suchen
sie nach der richtigen Antwort.
Es muss (und kann) uns ja nicht in
jedem Gottesdienst so wuchtig ergehen, aber dass auch wir doch
wenigstens einmal im Leben so von Gott erfasst und von seinem Glanz
umstrahlt wären!
Nicht alle sind angestrahlt. Villa Rixdorf, Richardplatz, Neukölln, Berlin, 2016. |
1 Sonnengesang
von Pharao Amenophis IV. Zit n. C. Lehnert, Der Gott in einer Nuß.
Fliegende Blätter von Kult und Gebet. 2. Aufl. Berlin 2017, 75.
2 Ebd.,
74.