Samstag, 24. Februar 2018

Mittendrin ein Aufleuchten. Sonntagsevangelium und Liturgie

"Du erscheinst so schön im Lichtorte des Himmels, / du lebendige Sonne, die zuerst zu leben anfing!"1

Mitten in der Fastenzeit steht wie ein Fremdkörper der Evangelientext des heutigen Sonntags (Mk 9,2-10) mit der Geschichte von der Verklärung Jesu.
Denn dieses plötzliche Aufleuchten des Geheimnisses Jesu vor den drei auf den Berg mitgenommenen Jüngern will nicht so recht passen zum schweren Ernst der Fastenzeit.
Sonne am Strand.
Peetzseeufer, Grünheide, 2015.
Und tatsächlich geht es in dieser Lesung (nach den meisten Interpreten) um einen Ausblick auf das Kommende, in erster Linie um ein bildliches Erahnen der aufstrahlenden Auferstehungsherrlichkeit.

Dieser theologische Gehalt kann heutigen Christen liturgisch erfahrbar werden im nach Osten ausgerichteten Kirchenraum, in dem am frühen Morgen ein Gottesdienst im Schein der Morgensonne gefeiert wird.
Ähnlich wie die alten Ägypter mit dem oben zitierten Hymnus in der aufgehenden Sonne ein Bild ihres Gottes verehrten, ersehnen auch Christen im Glanz der Sonne ihren Heiland.

Christian Lehnert schreibt in seinen "Fliegenden Blättern von Kult und Gebet" so:

"Im ersten Meßgesang, dem Kyrie, schaut der Gläubige auf, und er wird erhellt wie von einem Blitz: Besungen wird der Triumph einer göttlichen Epiphanie und der Staub, die Verwirrung derer, die sich unverwandt mit dem 'ganz Anderen' konfrontiert sehen, die außer sich geraten. Sie staunen und fehlen. Sie singen und fehlen. Sie sehen den Glanz und sind geblendet. Im christlichen Kult folgt auf die Verwandlung des Menschen zum Betenden sogleich die Wucht eines Aufpralls, der verherrlichte, blitzartige Zugriff Gottes".2

Das klingt wie der Zustand der Jünger bei der Verklärung – geblendet, verwirrt und doch tastend suchen sie nach der richtigen Antwort.

Es muss (und kann) uns ja nicht in jedem Gottesdienst so wuchtig ergehen, aber dass auch wir doch wenigstens einmal im Leben so von Gott erfasst und von seinem Glanz umstrahlt wären!

Nicht alle sind angestrahlt.
Villa Rixdorf, Richardplatz, Neukölln, Berlin, 2016.

1   Sonnengesang von Pharao Amenophis IV. Zit n. C. Lehnert, Der Gott in einer Nuß. Fliegende Blätter von Kult und Gebet. 2. Aufl. Berlin 2017, 75.
2   Ebd., 74.