Sonntag, 10. Januar 2016

Taufe des Herrn - Teilhabe am Leben Christi

Wie zum letzten, so auch zu diesem neuen Jahr eines meiner Lieblingsbibelworte. Diesmal stammt es aus dem Galaterbrief: "Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir." (Gal 2,20)

Paulus bringt seine Überzeugung über das neue Leben der Christen zum Audruck. Und zwar des Lebens Christi selbst, das den Menschen nach dem Glauben der Kirche durch die Taufe geschenkt wird.

Kirchenfenster mit Evangeliumstext.
St. Johannes Baptist, Jena, 2015.
Denn Taufe ist ja nicht nur eine Segnung oder die Eingliederung in die Kirche oder das Abwaschen dessen, was traditionell Erbsünde genannt wird – nein, es ist entscheidend mehr, und zwar die Hineinnahme in das Leben Gottes, das Wiedergeborenwerden in ein neues Leben, das das Leben Gottes selbst ist. 

Im Römerbrief vertieft Paulus diese Aussage noch und setzt sie in Beziehung zu Tod und Auferstehung Jesu: "Wisst ihr denn nicht, dass wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben." (Röm 6,3f)

Besonders sinnenfällig wird dieses Mitsterben und Mitauferwecktwerden im "Bad der Wiedergeburt" (Tit 3,5) bei der byzantinischen Taufliturgie, in der die Täuflinge ein Wasserbecken auf einer Seite betreten, zum Zeichen des Mitsterbens untergetaucht werden und das Becken zeichenhaft für das empfangene neue Leben anschließend auf der anderen Seite wieder verlassen.

Wenn wir darum am heutigen Sonntag das Fest der Taufe des Herrn und damit den Abschluss der Weihnachtszeit begehen, feiern wir zum einen weiterhin das Weihnachtsereignis, dass Jesus durch seine Geburt und sein Leben als Mensch und eben durch seine Taufe "mit dem ganzen Volk" (Lk 3,21) ganz einer von uns geworden ist - auch wenn Johannes der Täufer genau wegen dieser Identifizierung Jesu mit allen anderen Menschen Einwände gegen die Taufe erhebt.

Zum anderen aber können wir darin auch die Gabe seines Lebens an uns in unserer eigenen Taufe feiern, eine Gabe, die er endgültig im Osterereignis in seiner Lebenshingabe am Kreuz vollzieht. In seiner Menschwerdung und Taufe kommt er den Menschen so nah wie es nur möglich ist, indem er selbst Mensch wird. In der Taufe kommen Menschen dieser Hingabe entgegen und bringen symbolisch ihr eigenes Leben mit, damit es verwandelt werde.

"Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir." - Als Getaufter bin ich wiedergeboren in Gottes Leben und damit Teilhaber am Leben Christi geworden. Das ist eine gänzlich neue Existenz, die schon das "Leben in Fülle" (Joh 10,10) darstellt, welches Jesus verspricht.

P.S. Ergänzend muss natürlich klargestellt werden, dass wir als Christen und damit als solche, die das Leben Christi mitleben, trotzdem selbst verantwortlich sind für unser Tun und Lassen und die Verantwortung dafür nicht auf Gott abwälzen können. Paulus selbst schränkt im Folgsatz auch schon ein, dass die Tatsache, dass Christi Leben in uns ist, nicht bedeutet, dass unser Ich dadurch ersetzt oder ausgelöscht wird, sondern zum Glauben herausgefordert bleibt: "Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat." (Gal 2,20)

Potentielles Taufwasser mit Kran. Bremen, 2015.