Teil zwei der Predigt zum Evangelium vom 10. Sonntag im Jahreskreis, Mk 3,20-35. (Erster Teil hier.)
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Ich weiß nicht, ob Sie den Marvel-Film
"Captain America: Civil War" kennen, der vor zwei
Jahren in den Kinos war.
Die Avengers sollen darin nach einer Reihe
von Einsätzen, bei denen auch viele Unschuldige ums Leben kamen,
durch die Vereinten Nationen überwacht werden. Das spaltet die
Superhelden – vor allem Captain America (Chris Evans) und Iron Man
(Robert Downey jr.) stehen sich in dieser Frage unnachgiebig
gegenüber: Während Iron Man mit einem persönlichen Schicksal
konfrontiert für eine Limitierung der eigenen Verantwortung ist,
fragt Captain America nach Konsequenzen und Motivation, wenn sie
nicht mehr selbst über ihr Tun und Lassen entscheiden könnten. Sie
gehen uneins auseinander.
Seltsame Heilige in der Ecke. St. Anna, Neukölln, Berlin, 2018. |
Als in der Folge – und natürlich
nach ausgiebigen Kämpfen (auf dem Leipziger Flughafen!) – sogar
vier Avengers (Ant-Man, Hawkeye, Falcon und Scarlet Witch) verhaftet
und interniert werden, spitzt sich die Sache zu.
Zum Duell von Captain America und Iron
Man aber kommt es erst in Sibirien, wohin sie von Bösewicht Helmuth
Zemo (Daniel Brühl) gelockt wurden in der Annahme, ein paar
russische Supersoldaten besiegen zu müssen. Aber sie treffen nicht auf fremde Gegner, sondern aufeinander – Iron Man erfährt
durch Zemo, dass der fremdgesteuerte Winter Soldier vor langen Jahren
seine Eltern getötet hat und da dieser von Captain America geschützt
wird, entzündet sich der Konflikt zwischen den beiden Helden erneut
und heftiger als zuvor.
In einem brutalen Duell am Rande einer
russischen Militäranlage kämpfen sie so verbittert gegeneinander,
dass am Ende beide blutüberströmt und völlig fertig sind.
Der perfide Zemo hat sein Ziel erreicht
– wenn sich die Superhelden gegenseitig bis aufs Messer bekriegen,
muss er selbst nichts mehr tun. Körperliche Stärke braucht er nicht
– nur die psychische Einsicht in die Schwächen seiner Gegner.
Und der Filmtitel "Civil War"
gewinnt seine Berechtigung darin, dass die stärksten Helden, die
sonst geeint gegen das Böse in den Kampf ziehen, nun so uneins sind
und das Böse in den eigenen Reihen vermuten, dass das Böse zu
siegen scheint.
Aber selbstverständlich geht der Film
noch weiter und zeigt, dass das Böse die Guten nicht vollends
zerstören kann...
Natürlich führe ich das an, weil es
wunderbar illustriert, dass Einigkeit besser und effektiver ist als
Zerstrittenheit, Spaltung und Gegeneinander.
Gruppen auseinander zu dividieren und
gegeneinander in Stellung zu bringen, ist oftmals ein schnellerer Weg
zum Ziel als sie geeint anzugreifen.
Für seine Antwort auf den Vorwurf, er
sei mit dem Teufel im Bunde und treibe mit dessen Hilfe die Dämonen
aus (vgl. Mk 3,22), reicht Jesus also bloße Logik: "wenn
sich der Satan gegen sich selbst erhebt und mit sich selbst im Streit
liegt, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn
geschehen." (v 26)
Und er betont, dass das auch in anderen
Gemeinschaften so sei. Er nennt Königreiche und Familien. Jesus löst
diese Problematik hier nicht auf. Gespaltenheit macht kaputt, soviel
stellt er klar.
Aber man kann das Ende der heutigen
Lesung (vv33-35) durchaus so interpretieren, dass er alle, die um ihn
sind und sich an ihn und an Gottes Willen halten, geeint und stark
bleiben. Theoretisch – aber wer handelt nun nach dem Willen Gottes?
Denn gerade in den letzten Tagen zeigte
sich bei den deutschen Bischöfen und dem Vatikan wieder (in der
Diskussion, unter welchen Bedingungen gemischtkonfessionelle Eheleute
gemeinsam zur Eucharistie gehen können), dass eine Gespaltenheit und
Uneinigkeit herrscht, dass es zum Haareraufen ist. Das bietet ein
meiner Meinung nach verheerendes Bild, dass da in der Kirche schon
wieder gestritten wird und noch dazu öffentlich.
Ich wage die von Jesus formulierte Konsequenz, dass das Gespaltene keinen Bestand haben wird, gar nicht auf die heutige kirchliche Situation anzuwenden.
Was aber wäre das Ideal?
Natürlich: In Gott die Mitte finden,
bei ihm zur Ruhe kommen, die innere Gespaltenheit und auch die
äußeren Streitigkeiten überwinden. Das würde bedeuten, dass Lüge,
Täuschung, Betrug und Neid und Ärger der Vergangenheit angehören.
Praktisch tun sie das aber nicht.
Deshalb müssen wir wachsam sein und
immer wieder von Neuem üben:
Üben, die Schuld nicht beim Anderen zu
suchen, sondern auch selbst in die Verantwortung zu gehen.
Sich nicht von den besten Freunden
trennen, auch wenn man sich dazu sehr überwinden und vielleicht
Schritte gehen muss, die man nicht gern geht.
Immer wieder verzeihen und um
Verzeihung bitten.
Gott suchen und um seinen Heiligen
Geist bitten.
...
Reich der Einigkeit? Nur im Märchen. Von-der-Schulenburg-Park, Neukölln, Berlin, 2018. |