Heute feiert die Katholische Kirche auf
der ganzen Welt das Fest Fronleichnam – die Erinnerung an die
liebevolle Hingabe Christi und die Feier dieser Hingabe in den
Gestalten von Brot und Wein.
1 Gegenwart
Gott verspricht uns, gegenwärtig zu
sein – wenn wir sein Wort hören, wenn wir uns in seinem Namen
versammeln, wenn wir anderen Menschen helfen, sogar wenn wir in den
Nachthimmel schauen oder einen Berg erklimmen. Viele Christen erleben seine Gegenwart besonders
intensiv, wenn sie die Erinnerung an das letzte Abendmahl feiern.
Aber sind auch wir in der Gegenwart?
Wenn uns jemand im Gespräch etwas
Wichtiges erzählt, schweifen die Gedanken ab. Wenn wir essen, läuft
nebenbei der Fernseher. Wenn wir die Gitter vor den Fenstern sehen,
wünschen wir uns nach draußen. Kurz: Oft sind wir nicht ganz
gegenwärtig, nicht anwesend, nicht wirklich da.
Gott aber spricht uns dort an, wo wir
jetzt gerade sind. In diesem Moment. Hier.
Darum müssten auch wir irgendwie in
die Gegenwart kommen. Aber wie?
In vielen religiösen Traditionen wird
empfohlen, zunächst intensiv mit den Sinnen wahrzunehmen. Lauschen. Sehen.
Riechen. Fühlen. Und dann: den eigenen Atem spüren. Das hilft
unheimlich, dorthin zu kommen, wo Gott schon ist: In die Gegenwart.
Gott seinerseits macht seine Gegenwart fest, er
verspricht, wirklich da zu sein. Besonders deutlich wird das in Brot
und Wein – spürbar, geschmackvoll, sichtbar.
2 Gemeinschaft
Jesus saß nicht nur bei seinem letzten
Abendmahl mit den Jüngern zu Tisch.
Nein, Jesus aß mit denen, die von
anderen gemieden wurden, zum Beispiel lud er sich zu Zachäus ein. Er
wurde Fresser und Säufer genannt, weil er nicht so fastete, wie man
das von heiligen Männern erwartete. Er speiste Menschenmengen, die
ihm nachgelaufen waren und hungrig wurden.
Und er verglich das Himmelreich immer
wieder mit einem Festmahl.
Der Vater lädt ein – und alle sind
willkommen. Sie müssen nur der Einladung folgen. Aber das ist oft gar
nicht so einfach.
Denn das hieße, sich grundsätzlich
mit allen zu Tisch zu setzen. Dazu gehören natürlich die, die ich
mag. Aber auch mit vielen anderen säße ich dann zu Tisch. Mit
denen, die mir Leid zugefügt haben. Mit denen, die ich selbst
schlecht behandelt oder geschädigt habe. Mit denen, über die ich
mich hinter ihrem Rücken lustig mache. Mit denen, die mir auf den
Geist gehen.
Jesus hat sich mit allen an den Tisch
gesetzt: mit den Ausgestoßenen, mit den Aufgeblasenen, mit den
Frommen, mit den Andersgläubigen.
Aber schaffen wir das auch? Könnten wir –
und ich weiß, dass gerade das für viele Inhaftierte ein Problem ist
– fröhlich neben unserer Familie sitzen? Neben dem Richter? Neben
den Polizisten, die mich inhaftiert haben?
Würde ich um Vergebung bitten, damit das möglich wird – und
würde ich selbst vergeben?
Das ist die wirkliche Herausforderung,
ein steiniger Prozess, der etwas von uns verlangt: uns erinnern
lassen an unsere Schattenseiten, Fehler eingestehen, bereit sein für Versöhnung...
Dann sind wir wirklich in der
Gemeinschaft mit Gott und mit einander.
3 Gabe
Viele Fakten, die unser Leben grundlegend bestimmen, können wir uns nicht aussuchen: Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, Zeitpunkt und Ort unserer Geburt, all das ist uns vorgegeben.
Manches davon empfinden wir als Gabe und freuen uns darüber. Anderes würden wir vielleicht lieber ändern. Wir können dafür dankbar sein oder uns ärgern. Aber wir können es nicht ungeschehen machen.
Was wir sind und haben, ob wir es wollen oder nicht, kommt von Gott.
Aber ist unser Leben, so wie es ist, tatsächlich eine Gabe, die wir haben wollen?
Das muss jeder für sein Leben selbst entscheiden.
Viele Fakten, die unser Leben grundlegend bestimmen, können wir uns nicht aussuchen: Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, Zeitpunkt und Ort unserer Geburt, all das ist uns vorgegeben.
Manches davon empfinden wir als Gabe und freuen uns darüber. Anderes würden wir vielleicht lieber ändern. Wir können dafür dankbar sein oder uns ärgern. Aber wir können es nicht ungeschehen machen.
Was wir sind und haben, ob wir es wollen oder nicht, kommt von Gott.
Aber ist unser Leben, so wie es ist, tatsächlich eine Gabe, die wir haben wollen?
Das muss jeder für sein Leben selbst entscheiden.
Aber Gott will uns in all dem etwas geben, das uns
wirklich satt macht.
Nicht nur körperlich, sondern auch innerlich, als
ganzer Mensch. Wir sollen froh werden. Glücklich. Heil.
Und das geschieht, wenn wir nicht mehr
kämpfen müssen. Wenn wir keine Angst mehr haben müssen, dass wir
nicht anerkannt werden. Wenn wir gelassen auf unser Leben schauen
können.
Wenn wir geliebt werden – und uns lieben lassen.
Denn die erste Gabe, die Gott uns
schenkt, ist seine Liebe, die sagt: "Du bist gewollt. Du
brauchst vor dem ganzen Kram hier keine Angst zu haben. Dich
beschenke ich mit mir."
Das macht satt für ein Leben und darüber hinaus.
Das macht satt für ein Leben und darüber hinaus.
Welche Gaben will ich? Metallschrott, Grünheide, 2017. |