Nach Tod und Leben fragen
heißt für Christen auch nach der Auferstehung zu fragen.
Doch wie fragt man so,
dass man nicht das Fettnäpfchen erwischt, in das die Sadduzäer
tappen, als sie Jesus der Unsinnigkeit seines Glaubens an die
Auferstehung überführen wollen? Beim Streitgespräch im Evangelium
des Sonntags (Lk 20,27-38) referieren sie die Gesetzesvorgabe, dass
die Frau eines Verstorbenen seinem Bruder zur Frau gegeben werden
muss. Und sie fragen: wessen Frau würde sie im Himmel sein, wenn sie
nun sieben Brüder nacheinander in dieser Weise geheiratet hätte?1
Zwei Gedanken dazu:
1
Die Sadduzäer stellen
ihre Frage so, dass Jesus mit seiner Antwort dumm dastehen soll. Sie legen einen Maßstab
an, der Jesu Glauben als unlogisch markieren soll: Ihre Frage liegt
auf der Ebene des Gesetzes, während Jesus vom Reich Gottes spricht.
Das erinnert mich an die
beiden Erkenntnisweisen, die wir „Glauben“ und „Wissen“
nennen und die oft in Konflikt zueinander gestellt werden.
Hausöffnungen vor Himmel, Kreuzberg, Berlin |
Es ist heutzutage nicht
leicht, die so normale naturwissenschaftliche Perspektive zu wechseln
und sich darauf einzulassen, dass bestimmte Fragen keine Antworten
aus einer gänzlich anderen Art von Wirklichkeitsbeschreibung finden
können.
Eine Frage nach einem
biologischen Sachverhalt beispielsweise in einem theologischen
Kontext zu stellen, ist absurd. Der Glaube ist nicht dafür da,
naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu liefern und die Theologie
beantwortet eben nicht die Fragen der Biologie. Genauso wenig wie
andersrum die Naturwissenschaften mit ihren Methoden und
Fragestellungen Aussagen über die Existenz Gottes machen können.
Die Fragen gehören verschiedenen Bereichen der Welterschließung an.
Nach der Auferstehung
fragend muss der Biologe als Biologe das Ganze für Nonsens halten.
Es ist geradezu lächerlich, vom biologischen Standpunkt aus eine
qualifizierte Aussage über Auferstehung machen zu wollen. Denn es
geht Christen eben nicht darum, dass unbelebte Materie wieder
lebendig wird und eine biologische Antwort sinnvoll möglich wäre.
Auch die Gesetzesfrage der
Sadduzäer gehört nicht in den Kontext des Reiches Gottes, von dem
Jesus spricht. (Vielleicht ist das für uns Katholiken manchmal eine
gute Perspektivverschiebung.)
Wer in der falschen Weise
fragt oder Fragen auf einer Ebene stellt, wo sie nicht mehr sinnvoll
sind, der erwartet eigentlich gar keine Antwort. Und doch antwortet
Jesus.
Allerdings nur sehr
zurückhaltend mit dem Hinweis, dass die allgemeinen menschlichen
Kategorien bezüglich der Verstorbenen nicht mehr in Wirkung sind. Es
wird dann nicht mehr gestorben, es wird nicht mehr geheiratet. Es ist
ganz anders.2
Schließlich sind auch
Gott und sein Wirken nicht in adäquate menschliche Worte zu fassen.
Er ist größer als die Möglichkeiten der menschlichen Sprache. Wer
versucht, Gott letztgültig zur Sprache zu bringen, der wird
scheitern, der kann Gott letztlich nur kleiner machen.
2
Kann dann aber nicht mehr
gesagt werden zur Frage nach Auferstehung?
Mir persönlich ist eine
Sache wichtig geworden: Menschen sind verschieden und leben in den
verschiedensten Beziehungen. Jene, die neben und in ihren vielen
Beziehungen zu anderen Menschen auch noch eine Beziehung zu Gott
suchen, werden auch diese Beziehung auf je unterschiedliche Weise
leben.
Der eine riecht gern
Weihrauch, die andere meditiert in Stille; manche loben Gott mit
Gesang, manche mit Arbeit, Pilger beten mit den Füßen, andere mit
den Fingern.
Jeder Mensch wird Gott
anders kennenlernen, ihm anders begegnen, anders loben.
Und ich frage mich: Wird
auch das im Himmel aufhören? So wie das Heiraten aufhört und das
Sterben, wird auch der je individuelle Blick auf Gott aufhören?
Klingelschilder, Tiergarten, Berlin |
Mit Verlaub – ich glaube
nicht! Singen denn die Chöre des Himmels nur einstimmig? Jeder
schaut Gott anders an – hier wie dort. „Wir werden ihn sehen, wie
er ist.“, heißt es im ersten Johannesbrief (3,2). Aber jeder wird
Gott auf seine je eigene Weise schauen, wie er ist.3
Das macht die Menschen
vielleicht gleich in ihrer letzten Vollkommenheit, ihrer Ganzheit und
Heiligkeit. Sie sind alle Gotteskinder - aber das nivelliert nicht
die Unterschiede zwischen ihnen.
Ein auferstandener reuiger
Mörder wird Gott wohl nicht in derselben Weise schauen wie es sein
Opfer tut. Die jahrzehntelang treue Kirchgängerin, die ihren Mann
bis zu dessen Tod gepflegt hat, wird Gott mit anderen
Auferstehungsaugen ansehen als der frisch getaufte Junge, der bei
einem Autounfall stirbt.
Gott wischt die
Verschiedenheiten der jeweiligen Lebensläufe doch nicht fort!
Die Frage wäre dann also
nicht, welche Frau jemand im Himmel haben wird – sondern: Mit
welchen Augen wird jemand auf Gott schauen? Mit welchen Augen werde
ich Gott anschauen?
1
Zu diesem Thema und seiner Handhabung im heutigen Judentum gibt es
auch einen interessanten Spielfilm – "Fill the Void"
2
Mit Paulus: „Was gesät wird, ist armselig, was auferweckt wird,
herrlich. Was gesät wird, ist schwach, was auferweckt wird, ist
stark.“ (1Kor 15,43)
3
Paulus meint dazu im Bild: Gott gibt [jedem] die Gestalt, die er
vorgesehen hat, jedem Samen eine andere.“ (1Kor 15,37-38)