Die letzten Strophen in
Leonard Cohens "Story of Isaac" von 1969 weiten die
Nacherzählung der Versuchung Abrahams aus der Sicht Isaaks ins
Allgemeine und werden zur Deutung eines Generationenkonfliktes. Da
heißt es dann etwas verstörend:
“When it all comes down to dust
I will kill you if I must,
I will help you if I can.
When it all comes down to dust
I will help you if I must,
I will kill you if I can.”
In Krisenzeiten
radikalisieren sich Haltungen und Handlungen. Gerade zwischenmenschliche
Beziehungen im engsten Umfeld können dann kippen. Auch Jesus kennt
das und erwartet nichts anderes, wenn sich Menschen zu ihm bekennen:
„Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde
werden euch ausliefern“ (Lk 21,16). Krise und Bekenntnis zu Jesus – detailliertere Gründe werden nicht genannt.
Das lyrische Ich Cohens
spricht nicht mit besonders hochsteigenden Emotionen, sondern
vielmehr mit einem gewissen Maß an Fatalismus und Abgestumpftheit –
er werde tun, was sich nicht verhindern lässt, was nötig ist,
nicht weil er es will, sondern weil es dann eben so ist. Ob das
Töten letztlich gemäß Befehl oder aus Gnade geschieht, wird
angesichts des Untergangs keine große Rolle mehr spielen.
Anderes gilt für
die Opfer.
Am
16.11.1989 wurden in El Salvador acht Personen von Milizen der
damaligen Machthaber auf dem Gelände der Zentralamerikanischen
Universität (UCA) liquidiert: sechs Jesuiten, darunter der Rektor
Ignacío Ellacuria, ihre Haushälterin und deren Tochter. Wegen ihres
Einsatzes für die Armen und Bedrängten und aufgrund
politisch-sozialen Engagements auf der Basis des Evangeliums in einer
Zeit aufgeheizter ideologischer Kämpfe haben diese Jesuiten ihr
Leben gelassen. Die politischen Nachwehen dauerten Jahrzehnte und bis
heute wurden die Täter und ihre Hintermänner aufgrund von
Amnestieerlassen nach dem Bürgerkrieg nicht belangt. Allerdings
wurde den Jesuiten 2009 der "Orden Nacional José Matías Delgado” verliehen.
Butter, Dielen, Neukölln, 2013. |
Sie hatten sich durch ihr
Bekenntnis und ihre fortgesetzte Arbeit in Widerspruch zu den
Herrschern gestellt und so dem möglichen Tod ausgesetzt. Sie wussten
um ihre Gefährdung und blieben trotzdem vor Ort.
Jesus mahnt in seinen
Endzeitkommentaren (Lk 21,5-19) für die Zeit, in der „kein Stein
mehr auf dem anderen bleibt“ (v 6) – also mit Blick auf Krieg,
Katastrophe und Krise – zu Besonnenheit und Vertrauen. Die dadurch
mögliche Gelassenheit ist ebenfalls vor einem größeren Hintergrund
zu verstehen – aber nicht der sowieso kommende Untergang
relativiert die Dinge, sondern Gottes Kraft.
„Lasst Euch nicht
erschrecken“ (v 9), ruft Jesus dann den Seinen zu. „Ihr werdet um
meines Namens willen von allen gehasst werden“ (v 17).
Weltgestaltendes Engagement um Gottes Willen ist logischerweise
politisch. In Zeiten scheinbar klarer Machtverhältnisse wird daraus
leicht ein lebensgefährliches Risiko. Denn der Anspruch, im Namen
einer anderen Macht als der der weltlichen Herrscher tätig zu sein,
birgt das nicht unwahrscheinliche Risiko anderer Perspektiven und
Schwerpunkte. Angesichts dieser Konflikte ruft Jesus zu klarer
Unterscheidung: „Gebt acht, dass
man euch nicht irreführt!“ (v 8) Gottes Botschaft von Gerechtigkeit
und Liebe, von gleicher Würde aller Menschen und vergebender Annahme
der Sünder unterscheidet sich nur zu oft von menschlichen
Beziehungsstrukturen.
Die Herausforderung heißt
dann: “When it all comes down to dust - i
will love you if i can.“