Heute habe ich im Klinikum Neukölln
den Raum der Stille
aufgesucht und fand ihn geschlossen mit nebenstehender Inschrift.
Ich weiß nicht, was genau dort
vorgefallen ist, aber wegen vereinzelter kleinerer Verstöße wäre
er sicher nicht geschlossen worden.
Das Krankenhaus hält einen (multi-
oder überreligiösen) Raum vor, der denen, die dorthin kommen und
Kraft tanken wollen, den Rahmen dazu bieten soll – und es gibt
Menschen, die genau darum dort wüten.
Natürlich finde ich das in erster
Linie traurig und erschreckend und ein Zeichen übler Bosheit.
Aber je länger ich darüber nachdenke,
desto mehr wird mir klar, dass es natürlich diesen Raum, der dem
Äußeren nach zu urteilen, nicht besonders treffen musste.
Es gibt nämlich ein Gespür dafür,
dass manchen Menschen etwas heilig ist.
Das mag dieser stille Ort sein, an dem
man Ruhe und Frieden und vielleicht sogar einen Gebetsgedanken finden
kann.
Augenscheinlich haben auch die
Zerstörungswütigen dieses Gespür für das Heilige – und das
unabhängig davon, ob die Zerstörungen nun bloßer Unsinn oder
mutwillige Bosheit gewesen sind (oder, Gott behüte, durch Fanatiker
einer bestimmten Religion, in Neukölln böte sich besonders der
Islam an, verübt wurden).
Dort, wo die einen Heil erwarten,
müssen die anderen hineinschlagen.
Denn diese kostbaren Orte sind zugleich
die verwundbarsten. Dort, wo wir Stille und Frieden suchen, können
wir leicht verletzt werden.
Das ist vielleicht eine Art guter
Botschaft hinter der schlimmen – dass das Gespür für Heiligkeit
noch vorhanden ist und nicht nur Gleichgültigkeit herrscht.
Und das soll nicht zynisch klingen,
denn wenn in unserer Gesellschaft von Religionsferne und
Säkularisierung gesprochen wird, klingt oft mit, dass Menschen kein
Gespür mehr für das Heilige hätten.
Aber das ist nicht so – auch die Wut
(oder was immer es konkret war) auf solche "heiligen" oder
heilenden Orte bestätigt nur den Sensus für diese Orte.
Und sei es durch die Wut auf das Ganze, das Heilige, das Mächtige und das zugleich auf die eigene Verwundbarkeit Hinweisende.
Auch wenn in Neukölln vielleicht nicht
viele Patienten oder Angehörige diesen Raum aufsuchen, ist es doch
ein heiliger und damit leicht verwundbarer Raum. Es ist ein Raum, der für etwas steht, das nicht alle aushalten können.
Ich finde gut, dass es ihn gibt – und
hoffe, ihn irgendwann einmal besuchen zu können. Denn das wäre eine
zutiefst christliche Botschaft : einen verwundbaren Raum
offenzuhalten.
Passt auch irgendwie zu einem Krankenhaus.
Den Link zum Tagesheiligen Ignatius von
Antiochien, der für das Heiligste, das es für ihn gab, nämlich für den
Glauben an den einen Gott Jesu Christi, bekomme ich nun nicht mehr
schmerzfrei hin, darum hier nur der Hinweis auf ihn.
Ausblick. Krankenhaus Neukölln, Berlin, 2017. |