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Nichts passt besser zu einem
Reformationstag als ein paar knackige kurze Sätze.
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Leider ist auch nichts naheliegender.
Aber was solls.
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Der Autor dieses Blogs vor ca. 15 Jahren am Lutherstein, damals noch analog fotografiert und als Priesterkandidat verkleidet. Stotternheim, bei Erfurt, ca. 2003. |
Es schmeckte sehr nach Luther in diesem
Jahr und eher wenig nach Reformation.
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Die reformatorische Botschaft geht in
einer Stadt wie Berlin trotz des bundesweiten Feiertags und trotz des
hohen medialen Aufwandes der evangelischen Kirche neben dem
Halloween-Kommerz zugrunde. Prägnantes Beispiel: Der Berliner Zoo
lässt seine Pandas lieber mit Gesichterkürbissen spielen als mit
der Heiligen Schrift.
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Aber vielleicht ist die anspruchsvolle
Botschaft der Reformation in der dargestellten Weise einfach nichts
für satte Massen. Schade jedenfalls, dass das ständige
Herunterbrechen auf humane Werte wie Freiheit, Individualität,
Selbststand gegenüber einer mächtigen Institution und dergleichen
dazu führt, dass Luther für viele schöne Dinge verantwortlich
gemacht wird, aber oft genug kein Weg mehr in Richtung Gottes führt.
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Dabei ist die Beziehung zu Gott für
Luther die zentrale Achse seines Lebens gewesen. Ohne das Leiden an
seinem falschen Gottesverständnis hätte es keinen persönlichen
inneren Aufbruch und keine Reformation gegeben. Luthers Anliegen
deckte sich mit dem Anliegen der großen Heiligen. Es hieß: Näher
zu Gott.
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Dementsprechend eindeutig und
weitreichend der Kommentar in seinem Großen Katechismus:
"Worauf du nun (sage ich) dein
Herz hängst und verlässest, das ist eigentlich dein Gott."
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Und auch sonst halte ich die religiöse
reformatorische Botschaft für außerordentlich bedeutsam: Wir (ja,
auch wir Katholiken!) glauben einen Gott, der sich der Bedürfnisse
der Menschen annimmt und sie nicht nach ihrer Leistung belohnt. Wer
auf sich selbst setzt, statt auf die freie Gabe Gottes, der hat sich
in seinem Gottesverhältnis geirrt.
Siehe das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16).
Evangelische Kirche, voll. Stadtkirche St. Michael, Jena, 2017. |
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Für Luther gehörten Hören und Sprechen zusammen: Gottes Wort in der Heiligen Schrift hören und je
für mich verstehen zu können war nach Luther eine Voraussetzung
dafür, dass die Christen mündig für ihren Glauben einstehen.
Beidem wollte er einen Weg bereiten.
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Luther kam nicht aus dem Nichts. Da war
kein zusammenhangloser Bruch mit all seinen Zeitgenossen. Ein Buch
von Volker Leppin rückte mir manche Sichtweisen gerade: "Was
am 31. Oktober aufeinanderprallte, waren zwei unterschiedliche
mittelalterliche Optionen: der mystische Appell an eine innerlich
ausgerichtete Bußfrömmigkeit für den Luther [...] stand, auf der
einen Seite und die auf äußere Sichtbrakeit und Messbarkeit
abzielende Frömmigkeit, die im Ablasswesen kulminierte, auf der
anderen Seite. Der 31. Oktober war ein innermittelalterliches
Ereignis."1
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Die hohe Aufmerksamkeit für Luther in
seinem Streit mit der etablierten Kirche und die riesigen Auflagen
seiner Werke in den ersten Jahren nach seinem Konfliktauftakt 1517
erklären sich aus zwei Richtungen: "Nicht nur der
Kirchenrebell war gefragt – und nicht nur der spirituelle
Wegweiser, sondern die Kombination aus beidem machte das Geheimnis
seines Erfolges aus."2
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"Der
Prozess, der aus der Reform der Frömmigkeit eine Reformation der
Kirche machte",3
war nicht zwingend. Doch aus Luthers Theologie und Denkart und nicht
zuletzt aus seinen Konflikten ergeben sich die Folgen trotzdem
organisch.
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Den Anspruch des Reformators im
Widerspruch zur verbreiteten Volksfrömmigkeit seiner Zeit fasst der
Lutherroman von Feridun Zaimoglu anschaulich zusammen: "Er
betet keine Gebeine an, keine Sackbündel in Kleidern, kein bemaltes
Holz, keine bemalte Wand. Im Anfang war das Wort und Luther spricht
es nach."4
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Nach all diesen äußerst
unkatholischen Lobhudeleien und wertschätzenden Kommentaren und
Zitaten muss natürlich obligatorisch auf all die schwarzen Seiten
des Reformators hingewiesen werden. Ja, Antisemitismus und Polemik,
Obrigkeitsfimmel und die Schelte reformationsangefixter Bauern
gehören ebenso auf den Mist wie die Fixierung der Evangelischen auf
die (historisch hoch zu obende und trotzdem) antiquierte Sprache der
Lutherübersetzung und die Schwärze der Talare.
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Thesentür ohne Zugangsberechtigung. Wittneberger Schlosskirche, 2017. |
Aber dafür gibts die revidierte
Lutherübersetzung als kostenlose App – im Gegensatz zur
katholischen Einheitsübersetzung. So.
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Andererseits: dass die Thesentür eine Woche vor dem 31. Oktober 2017 nicht zugänglich war, hat mich schwer getroffen. Was gibt denn das für Bilder? Lässt man nun niemanden mehr ran an den Originalschauplatz?
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Ein ernsteres Wort noch zur Ökumene: Wenn ich
meiner kleinen Tochter zwar in ein paar Worten die Liebe Gottes zu
allen Menschen und die Bedeutung der Auferstehung Jesu erklären
kann, aber nicht die gravierenden Unterschiede zwischen Protestanten
und Katholiken, dann ist es an der Zeit, in der Ökumene ein paar
Schritte weiterzugehen.
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To be continued...
1 V.
Leppin, Die fremde Reformation. Luthers mystische Wurzeln. München
2016, 60.
2 Ebd.,
43.
3 Ebd.,
187.
4 F.
Zaimoglu, Evangelio. Ein Luther-Roman. Köln 2017, 114.