Wann bin ich eigentlich mal nicht
erreichbar auf dem Smartphone?
Solche Momente gibt es – aber, ich
gebe es zu, nur sehr selten. Mein Telefon hat meinen Alltag fest im
Griff, fester als ich will.
Dass es grundsätzlich ausbleibt, kommt
nur an drei Punkten vor.
- Im Gefängnis
Hier ist es verboten, ein Mobiltelefon
zu benutzen; den Inhaftierten ist außerdem verboten, in Haft
überhaupt eins zu besitzen. Allerdings zirkulieren (je nach
Anstaltsteil verschieden) eine Menge davon.
Freier Blick ohne Netze. Neukölln, Berlin, 2018. |
Ich selbst interpretiere dieses Verbot
für mich positiv. Denn ich glaube, dass ich dann näher dran bin an
den Inhaftierten, zu denen ich dort ja hauptsächlich gesandt bin.
Einerseits hilft es mir, mich zu fokussieren, weil ich weiß, dass
gerade nichts anderes Vorrang haben sollte als die Zuwendung zu
meinem Gegenüber. Und das ist auch sehr gut. Ich fühle mich wohl
damit. Andererseits ist es ein Zeichen der Solidarität, ein sehr
schwach ausgeprägtes natürlich.
Paradoxerweise ist für mich das nicht verwendete (aber doch in der Tasche behaltene) Smartphone in diesen Momenten ein Ausweis von Freiheit für mein Gegenüber, während dieser das Fehlen des Telefons in der Regel als Ausdruck seiner Unfreiheit ansieht.
- In der Kirche oder beim Gebet
Letzteres füge ich eher pro forma an,
da es derzeit eher selten vorkommt, dass ich betend zu Hause sitze.
(Statt hier zu bloggen lieber zu beten – das wäre vielleicht eine
Überlegung wert...)
Natürlich gehört es in der Kirche zum
guten Stil, keine anderen als die liturgisch vorgegebenen
Verbindungen "nach oben" zu nutzen. Darüber hinaus komme
ich beim Beaufsichtigen meiner Kinder (in der Regel habe ich zwei
dabei) gar nicht dazu, mich um noch mehr Dinge als um sie und um das
innere Mitgehen mit der Liturgie zu kümmern
Und ich genieße die Liturgie
(vorrangig dann, wenn ich allein einen Gottesdienst besuche) als eine
Zone, in der ich dem Alltag enthoben bin und mich um Rückmeldungen
aus den sozialen Verstrickungen und um die Nachrichten nicht kümmern
muss. Die Bestätigung, dass ich existent und wertvoll bin, kommt von
Gott und nicht aus dem Internet.
Gott ist im Gottesdienst genug.
Ist ja normalerweise auch nur für eine
Stunde...
- Nachts
Das müsste ich laut sagen: Mein Schlaf
ist mir heilig.
Also befindet sich mein Telefon nicht
in der Nähe des Bettes und ist darum auch nicht das Erste und nicht
das Letzte meiner Tagesläufe. Das entspannt mich unheimlich.
Weniger entspannend ist das sehr früh
im selben Zimmer erwachende Kind, aber das ist ein anderes Thema.
Nachts bin ich auch in äußersten
Notfällen einfach nicht erreichbar.
Pause ist Pause und das, was die
jüdische Religion am Sabbat praktiziert, gilt bei mir wenigstens
nachts. Immerhin, meistens auch beim sonntäglichen Mittagsschlaf.
Ehrlich gesagt versuche ich, das
Telefon auch beim Essen mit der Familie auszulassen und weit weg zu
legen – und schränke meine Nutzung ein, wenn ich mit den Kindern
spiele. Aber das ist manchmal mehr Theorie als Praxis, darum gilt es
nicht.
Als Fazit bleibt übrig:
Das Ding auszuschalten passiert dann,
wenn anderes eindeutig wichtiger ist.
Es bedeutet für mich mal eine
Ermöglichung von befreiender Fokussierung und Zuwendung, mal ist es die
Abkoppelung von der sozialen Bestätigungsmaschine des Netzes, mal
eine Unterbrechung des Alltäglichen.
Einfach mal nur sitzen. Hiddensee, 2018. |