Dienstag, 11. September 2018

Die gekrönte Last

Heute habe ich eine kurze Andacht für die Pflegekräfte eines Altenheimes gehalten.
Nach einer kurzen Stilleübung waren mir folgende Gedanken wichtig:

Sie werden tagtäglich durch viele Aufgaben in Anspruch genommen. In der Familie und im Haushalt, aber auch hier bei der Arbeit mit den Senioren. Gerade diese Arbeit erfährt nicht viel Dankbarkeit und Anerkennung, und der Wert der Pflege wird in unserer Gesellschaft oftmals nur unzureichend gewürdigt.
Wenn dazu auch noch ein besonderer Schicksalsschlag wie eine Krankheit oder ein persönlicher Verlust kommt, dann kann es sein, dass man das Leben als eine Last empfindet, die man nicht mehr tragen will.
Symbolisch habe ich Ihnen dafür dieses 100kg-Gewicht mitgebracht.

Gewicht mit Krone.
Neukölln, Berlin, 2018.
Doch Gott lässt uns nicht mit den Gewichten im Leben sitzen: Die Seligpreisungen der Bergpredigt (oder bei Lk 6,20-23) versprechen uns, dass Er gerade die Gebeugten und Traurigen, die Ausgeschlossenen und die von vielen Lasten Niedergedrückten im Blick hat.
Gott sieht in ihnen allen etwas Königliches, Würdevolles.

Das beste Beispiel dafür ist Maria: eine unscheinbare junge Frau aus einem entlegenen Winkel der damals bekannten Welt wird zur Trägerin des Allerhöchsten. Und das war kein einfacher und erst recht selbstverständlicher Weg für sie: erst die Angst, von ihrem Bräutigam sitzen gelassen zu werden, dann die Sorge um das kleine Kind unter widrigen Bedingungen, später die Abwendung ihres Sohnes von einem geordneten Leben und sein Herumstreunen ohne ein festes Dach über dem Kopf, schließlich seine grausame Hinrichtung zwischen zwei Verbrechern.
Aber durch all das hindurch – durch Ärger, Sorge, Leid und Anstrengung – setzt Gott ihr eine Krone auf.

So sehen wir Maria jedenfalls auf vielen Darstellungen, als die – trotz aller Lasten – von Gott Gekrönte.

Vielleicht hat sie das in ihrem Leben auf Erden mehr geahnt als wirklich gespürt. Aber die Zusage Gottes an sie gilt trotz aller Sorgen.
Und so wie Maria können auch Sie sich schon jetzt von Gott zusagen lassen, dass das spürbare Gewicht der Alltagslasten nicht alles ist, was gilt. Sondern dass auch Sie jetzt schon ein gekröntes Haupt sind und von Gott liebevoll angeschaut werden.

Wenn die Johannesoffenbarung von den Christen als einem Volk von Königen und Priestern spricht (Off 5,10), dann ist damit gemeint, dass für uns alle gilt, was ein Gebet des Alten Testaments vom König Israels sagt:
Ja, du [Gott] kommst ihm entgegen mit Segen und Glück, du setzt auf sein Haupt eine goldene Krone.
Leben erbat er von dir, du gabst es ihm, lange Jahre, immer und ewig.
Groß ist seine Herrlichkeit durch deine rettende Tat, du legst auf ihn Hoheit und Pracht.
Ja, du machst ihn zum Segen für immer; du beglückst ihn mit Freude vor deinem Angesicht.“ (Ps 21,4-7)

Genau das wünsche ich Ihnen: Dass Sie Ihr Gekröntsein spüren können und so ein Segen sind für alle, mit denen Sie zu tun haben.