Meine aktuelle Urlaubslektüre „Der
Freund“ von Sigrid Nunez ist ein Buch, in dem die
Ich-Erzählerin zu ihrem verstorbenen besten Freund spricht.
Verstorben ist allerdings sehr verkürzt ausgedrückt - der ehemalige
Schreibdozent hat sich umgebracht. Nun versucht sie, angemessen
Abschied zu nehmen. Auch, indem sie sich an seine Prämissen beim
Schreiben erinnert.
Eine dieser Prämissen hat es mir
besonders angetan - vielleicht auch deshalb, weil sie auf meinem Blog
zu wenig vorkommt.
„Statt über das zu schreiben, was
ihr wisst, hast du zu uns gesagt, schreibt über das, was ihr seht.
Geht davon aus, dass ihr sehr wenig wisst und nie viel wissen werdet,
außer ihr lernt, zu sehen.“1
Das ist leichter gesagt als getan.
Aber zugleich ist es die Essenz einer
ursprünglich religiösen Lebensweise, die sich nicht auf
Glaubensinhalte und Schriften über Gott fokussiert, sondern von der
menschlichen Erfahrung ausgeht.
Ähnlich hat es Teilhard de Chardin
ausgedrückt:
„Man muss sehen, berühren, im
Gegenwärtigen leben, die Existenz heiß inmitten der Wirklichkeit
selbst trinken.“2
Ob und wie das gelingen kann (auch in
einem Alltag mit Kindern), das beschäftigt mich oft.
Wahrscheinlich gehört in erster Linie
die derzeit viel beschworene Achtsamkeit dazu.
Gerade im Urlaub kann sie helfen, über
das vom Urlaubsort Gewusste hinaus sich überraschen zu lassen.
Ich wünsche euch ein sehendes Auge -
auf den Straßen eures Alltags genauso wie auf neuen Wegen im Urlaub.
Ein paar Versuche von Usedom im
Anschluss...
1 S.
Nunez, Der Freund. 3. Aufl. Berlin 2020, 63.
2 P.
Teilhard de Chardin, Die geistige Potenz der Materie. In: Ders., Das Herz der Materie und Das Christische in der Evolution.Ostfildern 2018, 120-129, hier: 124.
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