Freitag, 23. November 2018

High five! Radio-Worte auf den Weg

In dieser Woche bin ich von Montag bis Samstag jeweils dreimal mit kurzen spirituellen Beiträgen aus dem Gefängnisalltag im Radio zu hören: 5.50 Uhr auf Radio Berlin 88.8; 6:45 Uhr auf Kulturradio; 9:12 Uhr auf Antenne Brandenburg. 
Hier die (ungefähr so vorgetragene) Textfassung von heute:

In Berliner Gefängnissen sitzen Menschen aus sehr vielen Nationen und mit den unterschiedlichsten Muttersprachen. Viele der Inhaftierten nichtdeutscher Herkunft können sich durch ihren Alltag in der Haft inzwischen ganz gut auf Deutsch ausdrücken.

Aber nicht alles möchte man auch in einer fremden Sprache sagen.
Für sehr persönliche oder gar peinliche Sachen verwenden viele Menschen gern die Sprache ihrer Herkunft, eben ihre eigene Sprache.

Hohe Mauer und Himmel.
Propsteikirche St. Trinitats, Leipzig, 2018.
Wenn kroatische, spanische, polnische oder russische Inhaftierten bei mir für eine Beichte anfragen, bitte ich darum oft einen Priester aus dem jeweiligen Land in die Haftanstalt, damit sich der Inhaftierte bei der Beichte wenigstens sprachlich sicher und komfortabel fühlt.

Vor ein paar Wochen war es wieder soweit.
Ich begleite den muttersprachlichen Priester und den Inhaftierten zu einem ruhigen Raum und warte draußen, während drinnen gebeichtet wird. 

Als sie fertig sind, öffnet sich die Tür und zwei über beide Ohren grinsende Männer kommen heraus. Ich frage erstaunt, was los ist. 
Da erklärt mir der Inhaftierte, der Priester habe ihm am Schluss zum Segen die Hand auf den Kopf legen wollen und er habe seinerseits gedacht, er solle dem Geistlichen nach der gelungenen Beichte ein „high five“ geben. Gemeint ist jene Geste, bei der zwei Personen eine Hand heben, um sie in die erhobene Hand des Gegenübers zu schlagen. Sie dient normalerweise dem Ausdruck gemeinsamer Zufriedenheit über einen Erfolg. 
Der Inhaftierte war der Meinung, so eine Geste gehört zur Beichte dazu.

Nun lache auch ich. Eigentlich ein wunderbares Missverständnis!
Der Priester wollte dem Beichtenden wie ein guter Vater etwas Gutes zusagen und ihm dazu die Hand auf den Kopf legen. Als Zeichen, dass es ernst gemeint ist und mit göttlicher Vergebung zu tun hat. Und für den Inhaftierten war es ein Ausdruck der Freude von zwei Menschen, die etwas gemeinsam geschafft haben.

Ich glaube, beide Gedanken haben ihren Platz in der Beichte – die Zusage der Vergebung und die ehrliche Freude darüber. Egal, ob dies mit einer Handauflegung oder mit einem „high five“ zum Ausdruck gebracht wird.