Zum Evangelium des Sonntags (Mk
12,28b-34), das von Gottes- und Nächstenliebe handelt, kamen mir
drei Lieder in den Sinn.
Mehr als nur "Ein
Kompliment" machen die Musiker von Sportfreunde
Stiller mit ihrem Liebeslied indem sie im Song
einfach Vergleich an Vergleich reihen:
Der Eine. Hiddensee, 2018. |
"Wenn man so will
Bist du meine Chill-Out Area
Meine Feiertage in jedem Jahr
Meine Süßwarenabteilung im Supermarkt
Bist du meine Chill-Out Area
Meine Feiertage in jedem Jahr
Meine Süßwarenabteilung im Supermarkt
Die Lösung, wenn mal was
hakt
So wertvoll, dass man es sich gerne aufspart
Und so schön, dass man nie darauf verzichten mag"
So wertvoll, dass man es sich gerne aufspart
Und so schön, dass man nie darauf verzichten mag"
Und
sie lassen das Ganze gipfeln in dem lässig hingelegten
Understatement:
"Ich wollte dir nur mal eben sagen
Dass du das Größte für mich bist"
Auch wenn die Liebe zwischen Mann und
Frau selbstverständlich anders ist als die zwischen Gott und Mensch
– der Text trifft ziemlich genau die biblische Vorstellung, die der
Gott Israels von der Liebe seines Volkes zu ihm hat: Hier spürt man
die Freude an der Liebe, die der exklusiven Orientierung auf den
einen "Herrn", den Bundespartner des Volkes Israel,
entspricht.
Doch steht noch eine zweite
Aufforderung daneben:
Die polnische Band Stare dobre
Małżeństwo hat einen ihrer größten Hits mit dem Stück "Z
nim będziesz szczęśliwsza" gelandet. Das heißt
übersetzt "Mit ihm wirst du glücklicher", was
zugleich den Grundtenor des Textes
widerspiegelt:
"Z nim będziesz
szczęśliwsza
Dużo szczęśliwsza będziesz z nim
Ja cóż - włóczęga, niespokojny duch
Ze mną można tylko
Pójść na wrzosowisko
I zapomnieć wszystko"
Dużo szczęśliwsza będziesz z nim
Ja cóż - włóczęga, niespokojny duch
Ze mną można tylko
Pójść na wrzosowisko
I zapomnieć wszystko"
Der Andere. Ostkreuz, Berlin, 2018. |
"Mit ihm wirst du glücklicher
Viel glücklicher wirst du mit ihm.
Ich bin ein Landstreicher, ein
unruhiger Geist.
Mit mir kann man nur
in die Felder gehen
und alles vergessen."
Auch hier geht es wieder um die Liebe
von Mann und Frau – aber im Liedtext zeigt sich eine menschliche
Größe, die modellhaft sein kann für den Umgang mit jedem und jeder
Nächsten. Denn der Liebende (seine bleibende Liebe beteuert er in
der zweiten Strophe) sieht von sich selbst ab und wünscht der
Geliebten das Beste, auch wenn es nicht an seiner Seite ist. Innere Freiheit pur!
Sich selbst sieht er realistisch, kann
sich nicht in rosigen Farben malen, und erkennt, dass er für das
größere Wohl der geliebten Person selbst hintan zu stehen hat –
eine Haltung, die große Reife voraussetzt.
Schließlich Frida Gold mit
"Liebe
ist meine Rebellion" von 2013. Hier tritt
spannenderweise ein doppelter Zug der Liebe in den Blick, nämlich
einerseits ihre aktiv-widerständige Macht und andererseits ihre
alles umschlingende und überwölbende Größe. Der Text
hat es in sich:
"Liebe ist meine Religion
Kein Gesetz, kein Gebet, du gibst mir was mir fehlt
Und ich bin dem Himmel so nah, dem Himmel so nah
Ich kann die Angst in dein' Augen seh'n
Und ich kann nicht anders als aufzustehen
Um zu zeigen, dass es anders geht, dass die Hoffnung lebt"
Kein Gesetz, kein Gebet, du gibst mir was mir fehlt
Und ich bin dem Himmel so nah, dem Himmel so nah
Ich kann die Angst in dein' Augen seh'n
Und ich kann nicht anders als aufzustehen
Um zu zeigen, dass es anders geht, dass die Hoffnung lebt"
Es ist eine Hymne an die universale,
alle Sperren überwindende, gewaltige Kraft der Liebe, die hier
erklingt. Liebe entrückt von diesseitigen Sorgen und lässt die
Liebenden Himmlisches spüren. Aber es wird auch deutlich, dass Liebe
nicht nur entschweben lässt, sondern Energie freisetzt, sich zu
engagieren – "ich kann nicht anders als aufzustehen".
Für das Christentum bestätigt sich in
diesem Song, dass der biblische Gott, der Liebe als sein Hauptgebot
verkündet, genauso ein politischer Gott ist wie einer, dessen Ruf so
universal ist, dass er nicht
stehenbleibt an den Grenzen des Christentums. Dieser Gott,
überschreitet alles menschliche Kleinklein, seine Liebesmacht ist
schon ein Gebet, auch wenn es küsst oder umarmt.
Mich weisen diese drei Lieder darauf
hin, wie gut anzuknüpfen wäre an heutige Liebesvorstellungen in der
Musik, der Lyrik, der Kunst.
Sicher muss dort kritisch geschaut und
manches hinterfragt werden, aber wenn das Doppelgebot der Bibel für
uns wirklich relevant ist, dann werden wir als Christen mit dieser
Mission überall Verbündete suchen. Bisweilen sind unsere
Zeitgenossen uns in der Liebe weit voraus.
Darum müssen wir um Jesu willen unsere
eigene Lieblosigkeit gleichzeitig selbstkritisch im Licht des
Evangeliums und der Liebesworte und -zeichen unserer Zeit ansehen.
Die Religion. Nikolaikirche, Rostock, 2015. |