Dienstag, 5. Februar 2019

Pedro Arrupe – Prophet einer „Gesellschaft der Genügsamkeit"

Heute wird in Rom der Seligsprechungsprozess von Pedro Arrupe eröffnet.
Neben vielen innerkirchlichen Themensetzungen hat er schon vor vierzig Jahren er den Finger in jene Wunden gelegt, die uns heute besonders schmerzen. Ich beziehe mich im Folgenden auf einen Vortrag, der am 21.11.1977 in Montreal1 gehalten wurde:

Der Raubbau an den Gütern der Erde und die ungleiche Verteilung von Lasten und Erträgen ist ein anhaltender Skandal. Arrupe legt Wert darauf, dass dieser Skandal Ausdruck einer Kultur ist, die den Menschen zum "homo consumens" degradiert. Für diesen sind Profitmaximierung und Effizienz die entscheidenden Maßstäbe, sogar die Beziehungen sind dem Nützlichkeitsdenken untergeordnet. Darunter leiden in besonderer Weise die Armen und die Natur.
Der Ordensmann resümiert im Anschluss an seine Problemanzeige grundsätzlich:
"Nach all dem scheint es klar, daß Genügsamkeit oder ein eingeschränkter Lebensstil für das materielle und soziale Überleben der Menschen unbedingt notwendig sind."

Da fehlt doch was!?
Neukölln, Berlin, 2019.
Arrupe empfiehlt deshalb eine "Gesellschaft der Genügsamkeit", in der die Menschen "sich nicht mehr nach Besitz, sondern nach mehr Leben" sehnen. 

Allerdings weiß er um die Stolpersteine:
"Jeder gibt die Notwendigkeit von wirkungsvollen Schritten zu. Das kann nicht ohne große Opfer geschehen, aber wer ist bereit, sie zu bringen? Niemand unternimmt etwas, weil niemand eine genügend starke und überzeugende Motivation für die Art von Opfern hat, die ein genügsameres Leben erfordert. Der Arme sagt: 'Laß den Reichen beginnen; ich lebe schon genügsam genug!' Der Reiche fragt: 'Warum soll ich aufgeben, was ich mir rechtmäßig erworben habe? Es wird niemandem nutzen, wenn andere nicht genauso handeln. Sollen sie anfangen, dann werden wir ja sehen!' Und auf diese Weise unternimmt niemand etwas."

Einen ähnlichen Eindruck kann man auf den einschlägigen Konferenzen gewinnen und die Frustration darüber bewegt (nicht nur) junge Menschen wie die Schwedin Greta Thunberg und Tausende Schülerinnen und Schüler weltweit ("friday for future").
Denn das Dilemma ist natürlich allbekannt: Warum soll gerade ich auf meinen Urlaub im Süden verzichten? Muss denn alles gleich mit Verzicht zu tun haben?
Eine ganze Industrie ist damit beschäftigt, uns Konsumenten das Umweltgewissen ruhigzustellen und die persönlichen Kosten erträglich zu halten. Und einen Lebensstil pflegen, der gesellschaftlich möglichst anerkannt ist. Damit es nur ja nicht zu sehr weh tut und sich wie Verzicht oder Entbehrung anfühlt.

Hier ist Widerstand geboten. Denn wir werden nicht drumherum kommen. In den Siebzigern sprach Arrupe zu Ordensleuten, aber die Botschaft, um die es damals wie heute geht, betrifft auch uns und bleibt ein Stein des Anstoßes:
"Wir sollten auf viele Dinge, die uns notwendig erscheinen, verzichten."

Eigentlich ist es so einfach wie einleuchtend. Allein, die Umsetzung...!
Dabei folgt diese Aufforderung einer Logik, für die weder Religion noch Weltanschauung vonnöten sind, es ist einfach der Menschenverstand, der Genügsamkeit gebietet.
Das Christentum bietet jedoch eine naheliegende Motivation – statt als "homo consumens" zu leben, sind die Gläubigen aufgerufen, in den Spuren Jesu zu "homines servientes" zu werden, zu dienenden Menschen, die in ihrem Leben glaubwürdig die "Bekehrung zur Genügsamkeit" vorleben.
Und diese Bekehrung haben wir alle nötig.

Ich bin Pedro Arrupe sehr dankbar für diese hochaktuellen Gedanken.

Was brauche ich davon wirklich?
Holz im Hinterhof, Treptow, Berlin, 2016.

1   Über die Aufgabe der Orden in der modernen Konsumgesellschaft. Aus dem Vortrag zur Eröffnung des Dritten Interamerikanischen Kongresses für Ordensleute. In: P. Arrupe, Unser Zeugnis muss glaubwürdig sein. Ein Jesuit zu den Probleme von Kirche und Welt am Ende dees 20. Jahrhunderts. Ostfildern 1981, 143-156.

Samstag, 2. Februar 2019

Deine Zukunft gehört dir nicht! Visionen an Darstellung des Herrn

Das Evangelium am Fest der „Darstellung des Herrn" hat eine doppelte Botschaft:
Es sagt nämlich, dass unser Leben eigentlich Gott gehört – aber auch, dass er uns mit einer vollen Zukunft beschenken will. Gott erhebt Anspruch auf unser Leben – und zugleich gibt er uns das Versprechen, dass er eine wunderbare Vision dafür hat.

1. Erläuterung zum jüdischen Hintergrund1
Wenn die Eltern Jesu etwas mehr als einen Monat nach seiner Geburt in den Tempel kommen, um ihren Sohn vor Gott hinzubringen („darzustellen", wie es im Namen des Festes heißt), dann erfüllen sie damit zwei Gebote, die in der Torah zu finden sind.
Das ist sperrige Kost, die ich hier gern nur kurz erläutern und stehen lassen möchte:

Im Tempel.
Propsteikirche, Leipzig, 2018.
Zum einen geht das Denken jener Zeit davon aus, dass eine Frau sich nach der Geburt rituell reinigen, das heißt in einen Zustand versetzen muss, in dem sie vor Gott hintreten kann. Für diese Wiedereingliederung in das religiöse Leben bringt sie im Tempel eine Gabe dar (vgl. Lev 12,1-8).
Das zweite mit dem Besuch erfüllte Gebot besagt, dass der Erstgeborene bei Gott „ausgelöst", also sozusagen umgetauscht werden muss. Dahinter wiederum steht der Gedanke, dass jede männliche Erstgeburt Gott gehört.
Dieser Anspruch Gottes auf das erste Kind zweier Menschen geht nach der biblischen Überlieferung zurück auf die Verschonung der Erstgeborenen der Juden beim Auszug aus Ägypten (im Gegensatz zu den Erstgeborenen der Ägypter). Während die einen (die Juden) gerettet wurden, mussten die anderen (die Ägypter) sterben (Ex 13,12-15).
Diese historische Bevorzugung soll nun gewissermaßen von den einzelnen Gläubigen wieder aufgeholt werden.
Abgesehen von den Hinweisen auf die Exodus-Geschichte stecken aber auch noch grundsätzlichere Hinweise im Text:
Der Evangelist betont außerdem die Gesetzestreue der Eltern Jesu, die sich ganz in der Frömmigkeit ihrer Religion bewegen, die ja nicht die Religion der ersten Leserschaft ist. So zeigt er Kontinuität und Differenz zur Religion Israels auf.
Dazu kommt, dass im Hereinbringen des Kindes in den Tempel die Zugehörigkeit Jesu zu Gott besonders herausgestellt wird – bemerkenswert ist, dass dies eigentlich für alle gilt, der Evangelist (der den Tempel vermutlich nicht mehr gekannt hat) stellt Jesu Verbindung zu seinem im Tempel verehrten Vater jedoch noch einmal besonders heraus, wenn er betont, dass sie das Kind brachten, "um es dem Herrn zu weihen." (v22)

Ein weiteres Motiv taucht auf, nämlich dass Kinder, und zwar alle Kinder, als eine Gottesgabe angesehen werden.
Die Eltern kommen zu Gott und bitten ihn mit dem Opfer gewissermaßen noch einmal um ihr Kind, das sie doch schon haben – das zeigt, dass Kinder nicht ihren Eltern gehören. Sie sind, trotz aller Abhängigkeit von den Eltern und trotz der engen Blutsbande, freie Wesen und stehen nicht nur als Kinder von irgendwem, sondern direkt als sie selbst vor Gott.
Das betont die individuelle Freiheit jeder Person vor Gott. 

2. Die Zukunft vorhersagen
Der greise Simeon sagt Jesus etwas Großes voraus. Seit Jahren wartet er darauf, den Erlöser zu sehen und nun wird dieser Wunsch ihm erfüllt. Er sagt vom Kind, dass es das Heil und das Licht der Heiden sei, dass es Herrlichkeit für Israel bedeute (vgl. v31.32) und dass es die Verhältnisse umkehren werde: viele sollen "durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden". (v34)

Aber dieses Vorhersagen ist zutiefst zwiespältig:
Auch in der Situation der Haft gibt es immer wieder Leute, die Ihnen sagen, wo es für Sie - höchstwahrscheinlich – hingeht. Jedes Mal, wenn der Plan für den weiteren Verlauf des Vollzugs geschrieben wird, muss eine Diagnose erstellt werden. Dann entscheidet irgendwer, dass Sie jetzt bereit sind, stundenweise frei hinauszugehen – oder dass es eben noch nicht so weit ist.
Oder es geht gar darum, dass eine Verlegung in den Offenen Vollzug ansteht – auch hier muss jemand sagen: „Ja, er wird es unter den Bedingungen größerer Freiheit schaffen." Oder: „Nein, das kann er nicht."
Was die Zukunft bringt.
Werbetafeln am S-Bahnhof Sonnenallee, Berlin, 2018.
Wir alle wissen, dass Vorhersagen über das Leben eines Menschen unmöglich sind. Alle, die das trotzdem tun müssen, tun es (hoffentlich) im Wissen um ihre eigene Beschränktheit bezüglich solcher Aussagen.

Simeon scheint sich jedoch sehr sicher zu sein, ihm wird vom Evangelisten jedenfalls bescheinigt, dass der Geist ihn in den Tempel geführt habe (vgl. v27).

Als Erwachsener fragen Sie sich natürlich, ob sich das, was andere da über Sie sagen, auch mit dem deckt, was Sie selbst in sich sehen. Im positiven Fall, wenn Ihnen etwas zugetraut wird, ist das wahrscheinlich eher so. 
Man muss ja ehrlicherweise sagen: Wenige Leute möchten gern über sich hören, dass sie zu bestimmten Dingen, die sie tun sollen, nicht in der Lage sind. Mir scheint oft, dass nur selten jemand ausspricht (um im Kontext Haft zu bleiben): Ja, Sie haben recht, es stimmt, für den Offenen Vollzug bin ich doch gar nicht bereit.

Das Schöne ist nun, dass es eine Perspektive gibt, die noch unendlich viel weiter geht als die Perspektive eines Sozialarbeiters oder einer Sozialarbeiterin. Es ist die Perspektive Gottes.

Denn Gott hat Großes mit Ihnen vor! Nicht nur mit einigen Wenigen, sondern mit jedem, der hier sitzt.
Gott sieht in Ihnen etwas äußerst Wichtiges und er möchte eine Zukunft für Sie, die Sie erfüllt und zum Heil führt. Und er will Sie zum Heil machen, auch für jene, die nicht zum auserwählten Volk gehören. 
Sie können ein Licht sein! 
Sie können Herrlichkeit für einen Menschen sein! 
Sie können Menschen retten!

Und seien Sie beruhigt: Auch für Jesus war das nicht leicht. 
Gott verspricht uns kein Leben ohne Leiden, wenn er uns eine große Zukunft und eine Leben in Fülle verheißt.
Wenn jemand für seinen Glauben eintritt, Gottes Liebe zu allen verkündet und danach lebt, dann wird oft genug genau das passieren, was von Jesus gesagt wurde: "er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird." (v34)

Aber darauf muss man sich einlassen. Oder sich ehrlich entscheiden, dass das nichts ist. Sie dürfen sich aber sicher sein: Gott traut es Ihnen zu, er will Sie dabei sogar unterstützen. Allerdings macht er nichts aus Ihnen, wenn Sie nicht mitmachen. Auch Jesus hat sich auf den Weg seines göttlichen Vaters gemacht und ist nicht sein Leben lang der Zimmermann geblieben, der er hätte sein können.
Denn dieser Weg verändert eine Person. Auch dafür muss man bereit sein. Wenn Sie Ihr Leben in die Spur Gottes stellen, dann gehört Ihnen Ihre Zukunft nicht mehr.
Dann lassen Sie sich darauf ein, dass Gott Sie und die Zukunft Ihres Lebens verwandelt.

Das aber fordert Mut, Geduld und das tiefe Vertrauen darauf, dass Gottes Plan für Sie wirklich gut ist.
Wenn Sie das probieren wollen, dann ist der erste Schritt, dass Sie darauf hören, was Gott eigentlich mit Ihnen ganz konkret vorhat – mit Ihren Erfahrungen, Ihrer Lebensgeschichte, Ihren Talenten, Ihren Schwächen, Ihren Wünschen.
Fragen Sie ihn ruhig: Gott, was willst Du von mir? Welche Zukunft siehst Du für mich?
(Manchmal kann auch die Perspektive der Sozialarbeiterin bei der Beantwortung dieser Fragen helfen!)

3. Das Leiden der Eltern
Ein kurzes Wort noch zu Jesu Eltern: Von Maria wird noch gesagt, dass ihr ein Schwert durchs Herz fahren werde (vgl. v35).
Das ist ein bekanntes Thema: Besonders die Mütter haben es schwer mit ihren Kindern und sie leiden besonders daran, wenn ihre Söhne Wege gehen, die nicht mit den Erwartungen übereinstimmen…
Sicher geht oder ging es Ihren Müttern nicht viel besser als der Mutter Jesu.
Manchmal sind die Situationen dann auch schon so festgefahren, dass weitere Erklärungen oder Beteuerungen nichts bringen.
Dann – und auch sonst – ist es eine gute Möglichkeit, für die eigenen Eltern zu beten.
Mit Dank. Um Kraft und gelassene und friedvolle Gedanken, wenn es um die eigenen Kinder geht.

4. Schluss
Lassen Sie sich ein auf den Weg, den Gott mit Ihnen gehen will!
Seien Sie ein Zeichen, dem widersprochen wird – aber ein Zeichen im Geiste Gottes!
Fragen Sie Gott, was Er von Ihnen will!

Wohin soll es gehen, Gott?
Im Wald bei Grünheide, 2018.

Samstag, 26. Januar 2019

Gott nicht loben! Eine Anklage aus Elie Wiesels "Die Nacht"

Wo war Gott in Auschwitz? Warum hat er zugelassen, dass sein auserwähltes Volk millionenfach ermordet wird?
Fragen nach der Rechtfertigung Gottes beschäftigen jüdische und christliche Theologen seit langem, ohne dass sie sich letztgültig beantworten lassen.1

Der Holocaustüberlebende Elie Wiesel, der 2016 im Alter von 87 Jahren gestorben ist, hat in seiner frühen Erinnerungserzählung "Die Nacht" den Zorn eines gläubigen Juden am Neujahrsfest Rosch Haschana festgehalten. Die Häftlinge versammelten sich auf dem Lagergelände von Auschwitz zum Gebet:

Mittwoch, 23. Januar 2019

Sabbat: Heilung und Ablehnung

Der Sabbat, für Christen der Sonntag, hat die Funktion, Ruhe zu ermöglichen. So können Menschen Kraft sammeln, sie haben Zeit für Außergewöhnliches oder können einfach eine Pause machen. Diesen Sinn einer Unterbrechung des Alltags gibt es auch jenseits einer religiösen Begründung.
Religiös betrachtet kann der Sabbat Zeit für eine Begegnung mit Gott schaffen.

Heilung nötig.
San Gimignano, 2018.
Wenn Jesus im heutigen Evangelium (Mk 3,1-6) am Sabbat einen Mann heilt, dann liegt sein Fokus jedoch nicht auf der Pause an sich, sondern auf der Ermöglichung heilsamer Begegnung durch diese Pause. 

Er macht aus der freien Zeit eine Zeit der Heilung.

Denn das ist es, was Gott will: dass wir heil werden. Auch wir können in den Unterbrechungen und Pausen, vielleicht auch in der leeren Zeit der Haft und noch mehr hier im Krankenhaus eine Begegnung machen, die heilsam wirkt.

Denn von Gott geht Kraft aus, die in der Liebe stark ist.
Dort,
wo wertschätzende Begegnungen stattfinden,
wo Vergebung möglich ist,
wo grundlos geschenkt und geteilt wird,
wo gegen alle Hoffnung gehofft wird,
wo nicht der eigene Nutzen im Vordergrund steht,
wo Gebrechlichkeit und Schlechtigkeit nicht einfach aussortiert werden,
wo jemand aufbricht und aus sich herausgeht
– dort kann Gott eintreten.

Dann ist unser Alltag wie die Synagoge, in die Jesus kommt und heilen kann.
Machen wir solche eben genannten Erlebnisse (oder noch andere in der Art), dann müssen wir ihm unsere Heilungsbedürftigkeit nur noch hinhalten.

Aber nicht für alle steht dieser Aspekt des Sabbats im Vordergrund.

Die im Text genannten "Pharisäer" und "Anhänger des Herodes" (Mk 3,6) stehen, wie auch viele Juden heute noch, für die strikte Pause ein. Und auch das ist eine legitime Sicht, die den Sabbat über Jahrhunderte bewahrt hat.
Keine Arbeit, kein langer Weg, kein Feuer im Herd.
Nur Notfälle zählen gerade noch als erlaubte Handlung.

Doch in der Geschichte entsteht dadurch bei den Anwesenden das Problem, dass ihr Herz dabei stehenbleibt: es sieht nicht Gottes liebevolle Zuwendung und Jesu heilende Nähe, es sieht nur die Grenzüberschreitung. Da tut jemand etwas, als eigentlich nichts getan werden darf. Mehr sehen sie nicht. Diese Verstocktheit macht Jesus zornig.

Aber der Zorn hilft, wie so oft, nichts.

Denn durch die verstockte Verengung des Blicks kommt es zur radikalsten Ablehnung: Sie wollen Jesus umbringen.
Jesus rührt nicht am Glauben an den einen Gott. Aber immerhin am Dritten Gebot des Dekalogs. Das ist nicht nichts, auch wenn uns das vielleicht so vorkommen mag.

Und dafür gehen sie sogar in den Konflikt mit dem Fünften Gebot, in dem ja der Mord verboten wird. Es scheint, dass religiöse Kategorien hier gar keine Rolle mehr spielen, sondern dass in sinnloser Wut über Jesu Regelübertretung das größtmögliche Geschütz aufgefahren wird.

Doch Jesus nimmt das auf sich, um weiterhin seinen Weg unbeirrt zu gehen.
Trotz seines Zorns über die Verstocktheit gibt er nicht auf und verkündet einen Gott, der Heilung bringt, der Vergebung ermöglicht, der Leben rettet (vgl. v4).

Für diese Botschaft geht er bis ins Äußerste: Nicht im kalkulierten Niederreißen aller Regeln und Gesetze des Volkes Israel, wohl aber in seiner Bereitschaft, für seine Botschaft bis in den Tod zu gehen.

Denn für Jesus ist heilsame Begegnung nötig. Die Zeit der Heilung beginnt sofort. Eines Menschen Rettung kann keinen Aufschub vertragen.
Für diese Überzeugung scheut Jesus keinen Konflikt.

Steiler Aufstieg.
San Gimignano, 2018.


Freitag, 18. Januar 2019

Reflexionen aus dem belanglosen Leben im Anschluss an die Hochzeit in Kana

Die Geschichte von der Hochzeit in Kana (Joh 2,1-10), bei der Jesus Wasser zu Wein wandelt, wird oft gedeutet als ein Zeugnis von Jesu Kraft, aus dem normalen Alltagsbestand (das zum Waschen, Trinken, Reinigen bestimmte Wasser) einen Genuss (der tolle Wein) zu machen.

Seit ich mich vor diesem Sonntag mit dem Text auseinandersetze, frage ich mich, ob ich dazu etwas schreiben kann.
Denn seit der Rückkehr aus dem Silvesterurlaub trudeln die Tage nur so an mir vorbei, ohne dass ich einen klaren Gedanken finden kann. Also auch keinen klaren dazu!?

Leere Rahmen - Bilder wie immer irgendwie dazu.
Rudow, Berlin, 2018.
Verstärkt wird dieses Gefühl, nichts zu sagen zu haben, durch die eher grundsätzlich Frage, ob ich in diesem Blog noch etwas schreiben will. Religiöse Themen muss ich gerade eher mit Gewalt an mich heranziehen, literarische Entdeckungen mache ich in den gerade gelesenen Büchern auch nicht wirklich.
Und überhaupt – wie bisher aus jedem biblischen Text eine Weisheit an den Haaren ziehen, das ist mir selbst ein bisschen suspekt, und doch weiß ich keine andere Art zu schreiben, keine andere zu denken vielleicht.
Im Endeffekt ist die Stimmung diesbezüglich: Lustlos, ausgelaugt, resigniert. Der Wein ist alle. 

Beste Voraussetzungen also, um nach der Verwandlung Ausschau zu halten, die das Evangelium verheißt...?!

Was ist also das Normale, das rangeschafft wird, damit Jesus etwas daraus macht?

In der Berliner Nasskälte bin ich dauerkränkelnd nach der Rückkehr aus der Toskana, wo alles sonnig, schön und auch ein wenig (aber wirklich nur ein wenig) kalt war.
Jetzt dagegen: Viel Grau, kein weiter Blick mehr, drückende Luft, Schmutz und Ekel in den Straßen.
Die Bücher, die ich gerade lese bzw. gelesen habe, sind nicht schlecht, aber auch nicht umwerfend, was ich vor allem daran merke, dass ich mir keine Notizen mache und keine Seiten merke, aber auch nicht hinwerfe. Na gut, letzteres liegt mir sowieso nicht.
Das Humboldt-Buch von Andreas Wulf war zwar anregend und spannend, aber irgendwann viel zu lang und sich in Neben- und Nachgeschichten verheddernd, außerdem voller Wiederholungen in enervierend immer gleicher Wortwahl.
Dann schleife ich immer noch Esther Kinskys „Hain" hinter mir her. Mein Eindruck, dass es keine Geschichte ist, die eine Entwicklung erzählt, sondern Miniaturen, die manchmal gar nicht schlecht sind, aber auch die sind nervtötend langsam und lang. Der Grundton der Trauer, der das Buch durchzieht, verbessert die Sache nicht.
Weiterhin die Einsicht, dass ich nicht viel zu sagen habe und auch keine ausreichend guten Worte, um das dann wenigstens gut zu präsentieren.
Die Arbeitsstellen könnten dissonanter nicht sein: Einmal fühle ich mich weitgehend überflüssig, einmal bin ich so gefragt, dass ich nur noch hinterher hetze und kein Gefühl für die Qualität meines Tuns mehr habe. Und viele Leute enttäuschen muss.
Die Kinder kränkeln auch, meine Frau arbeitet, wir sehen uns abends, reden etwas, gehen zu Bett.
Politische Ereignisse (Datenleck, Brexit-Chaos, Flüchtlingsschiffe, AfD-Querelen, US-Shutdown, Dauer-Klima-Krise) ziehen eher so neben mir vorbei, ohne dass ich den Eindruck habe, dass mich davon irgendetwas tiefer berühren kann.

Bei all dem fühle ich mich an einer belanglosen Oberfläche festgenagelt, matt, nutzlos und ohne Antrieb. „Bis zum Rand" gefüllte Wasser-Tage (vgl. v7).
Also suche ich mal die Perlen.

Kleines Glück. Trotz allem.
Toskana, 2018.
Was mich beglückt hat in diesen letzten Tagen: 

Die Facebook-Einträge eines ehemaligen Mitstudenten mit zeitversetzten Logbuch-Notizen über einen Aufenthalt in der Psychiatrie: knapp, eindrücklich, offen.
Die Stimme von SabineDevieilhe (zugegebenermaßen entdeckt, weil von youtube empfohlen), die wirklich eine grandiose Offenbarung ist.
Das Schreib- und Lesebedürfnis meiner vierjährigen Tochter.
Der Lesungstext vom Donnerstag, dem 17. Januar, meinem Tauftag – ein Aussätziger kommt zu Jesus und wird geheilt (Mk 1,40-45).
Ein paar kurze Begegnungen mit Kiezbekanntschaften auf der Straße.
Die Umarmungen meiner eineinhalbjährigen kranken Tochter.
Ein Foto, das ich am Mittwoch, 16.01., auf dem Weg zum Gefängnis aufgenommen habe.
Und schließlich der Stil der Essays von David Foster Wallace in „Der Spaß an der Sache", der mich einerseits deprimiert, weil auf den Boden der Realität holt, andererseits aber beflügelt, jetzt überhaupt wieder zu schreiben.

Wahrscheinlich ist es diese Sammlung schon. Ein Wein-Wunder.
Aufschreiben als Therapie und Weg zum Genuss.
Jedenfalls für mich. Jedenfalls ein wenig.

Freitag, 11. Januar 2019

Ein Passwort reicht!

Ein Passwort reicht!

Nach dem Datenleak von Politikern und Prominenten steigt der allgemeine Wunsch nach mehr Sicherheit im Internet.

Ich habe eher den Wunsch nach einem Ausweg aus dem Passwort-Chaos.
Nach dem Urlaub ist es besonders schwer: Wenn ich in meinen diversen Büros eintreffe und die Rechner hochfahre, muss ich all die Passwörter parat haben, die in manchen Fällen auch noch alle paar Monate geändert werden müssen. Furchtbar!
Von meinen privat genutzten Accounts und weiteren PINs für alle Karten und Geräte gar nicht zu reden.

Dann wünsche ich mir, darin bin ich privat der pure Populist, die große Einfachheit: EIN klares Passwort, das sicher ist, immer gilt und auf alle Geräte anwendbar passt.

Sonntag, 6. Januar 2019

Die wollen nix haben, sondern was bringen! Predigtgedanken zum Dreikönigsfest

1. Auf der Suche
Die Geschichte ist altbekannt: Nach dem Matthäusevangelium (Mt 2,1-12) machen sich Weise aus einem fernen Land auf den Weg, um den neugeborenen König der Juden zu finden. Sie werden als "Magoi" bezeichnet und kennen sich mit Sternenkonstellationen aus, so dass sie in den deutschen Übersetzungen mal als Magier, mal als Sterndeuter, mal einfach als Weise bezeichnet werden. Von den alten Völkern des Ostens (im heutigen Irak und Iran) war bekannt, dass sie sich mit den Sternen beschäftigten, deshalb lag die Herkunftsbezeichnung nahe. Es waren also keine gläubigen Juden und trotzdem hatten sie Interesse daran, was in Israel an wichtigen Ereignissen passieren würde, wenn schon so besondere Sternenkonstellationen zu sehen waren. Ihre Daten aus den Sternen glichen sie darum bei den Schriftgelehrten Jerusalems mit den Angaben aus der Bibel ab (vv4-6).

Suche nach dem Richtigen.
Comenius-Garten, Neukölln, Berlin, 2018.
Die Sterndeuter bemerkten etwas Besonderes, das sie in ihrer Lebenswelt (Sternbeobachtung) anspricht. Sie deuten dieses Besondere als das Zeichen eines neuen Königs.
Und nun kommt das Entscheidende: Als sie das Zeichen für die Ankunft des neuen Königs gesehen haben, bleiben sie nicht in ihren Sesseln sitzen, sondern machen sich auf den Weg und suchen ihn.
Erst gehen sie dafür ins Zentrum der Macht dieses kleinen Landes, in den Königspalast nach Jerusalem – aber dort finden sie den neugeborenen König nicht. Also lassen sie sich beraten und gehen weiter.

Mir gefällt das: Losgehen auf ein Zeichen hin, das mir was sagt. Suchen. Mich nicht irre machen lassen, wenn ich nicht sofort am ersten Ort was finde. Und schließlich gut beraten weiter gehen.

Gott sagt ja im Alten Testament von sich: "Ihr werdet mich suchen und ihr werdet mich finden, wenn ihr nach mir fragt von ganzem Herzen. Und ich lasse mich von euch finden" (Jer 29,13f.).
Jesus bestätigt das später im Neuen Testament: "Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet! Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet." (Mt 7,7f)

Das ist auch an uns gerichtet: Wenn wir uns auf den Weg machen und Gott suchen, dann finden wir ihn. Nur müssen wir losgehen; manchmal jeden Tag neu.
Aber wie macht man das, werden manche sich fragen. Hier im Gefängnis würden ja viele sehr gern losgehen, egal wohin.
Der Theologe Karl Rahner hat die Antwort darauf kurz auf den Punkt gebracht: "Das Herz muss sich bewegen!" Auch wenn viele andere "mit der verdrossenen Lebensklugheit ihrer engen Herzen zu Haus sitzen bleiben und solche abenteuerliche Reisen des Herzens für Kindereien halten"1 – unser Herz soll sich auf den Weg machen und Gott suchen. Die Leute aus dem Osten haben das vorgemacht, während diejenigen, die nah dran waren, in Jerusalem sitzen geblieben sind.

Als Hinweis diente ihnen auf ihrer Suche zuerst der Stern ihrer Sehnsucht, dem auch wir folgen können – der Sehnsucht unseres Herzens nach Mehr, nach einem neuen Anfang, nach Gerechtigkeit, nach der großen Umarmung Gottes.
Dazu tritt die Heilige Schrift mit den Schriftkundigen, die sie ihnen auslegten. Und auch das können wir, lesen und uns die schwierigen Stellen auslegen lassen – angesprochen sein durch das Wort Gottes in der Bibel.
Für uns kommt nun noch das Wissen dazu, dass Gott nicht dort zu finden ist, wo die weltliche Macht ist, sondern dass wir uns einfach nur dem kleinen Kind in der Krippe zuwenden müssen. Dort ist Gott zu finden – in der Unschuld, im Kleinen, und in der Einfachheit.

2. Geschenke dabei
Die Anzahl der Suchenden bleibt uns der Evangelist schuldig, immerhin wird erwähnt, dass sie drei Geschenke mitbringen (v11), so dass wir getrost von drei Personen sprechen können. Dann hat jeder was in der Hand gehabt.
Vielleicht hatten auch sie das Problem, was man denn diesem Kind sinnvollerweise schenken kann.
Was sie letztlich mitbringen, wird von den Theologen traditionell so gedeutet, dass die Gaben für drei Funktionen Christi stehen. Sie weisen hin auf Jesus als Priester, König und Propheten. Der Weihrauch für das Priestersein mit seiner liturgisch-kultischen Aufgabe im Tempel, das Gold für das Königtum und seine Assoziation mit Macht und Reichtum, die Myrrhe, das "Bitterkraut" auf das bittere Schicksal des Propheten. 
All das sah in Jesu Leben natürlich anders aus als die Bibel es für Priester, Könige und Propheten des Volkes Israel berichtet, aber das ist eine andere Geschichte.
Sie bringen also etwas mit, das etwas aussagt über den Beschenkten.

Geschenke!?
Alt-Buchhorst, 2018.
Das ist aus zwei Gründen interessant.

Einmal: Die wollen nix haben, sondern die wollen was bringen. Wenn sie den neuen König besuchen und schon so einen langen Weg auf sich nehmen, hätte es ja durchaus sein können, dass wenigstens etwas für sie dabei herausspringen soll. Aber nein, sie bringen lieber etwas mit.

Und dann: Sie schenken nicht sinnlos etwas, das überall und zu jeder Zeit geschenkt werden könnte. Sondern sie haben sich Gedanken gemacht, was das für einer ist, zu dem sie kommen.
Sie wollen etwas schenken, was zu ihm passt und was ausdrückt, was ihnen an ihm wichtig ist.

Für unser Gottesverhältnis kann das heißen: Anstatt immer nur zu bitten und nur dann zu Gott zu kommen, wenn wir etwas haben wollen, könnten wir ihm etwas bringen.
Und zwar etwas, das etwas aussagt darüber, was uns an Gott wichtig ist.
Das kann eine Übung sein, so wie sie auch bei manchen längeren Gebets- und Meditationsübungen angedacht sind – wer ist Gott für mich und finde ich dementsprechend einen Namen für ihn. Bei seinen "Exerzitien auf der Straße" nennt der Jesuit Christian Herwartz das Beispiel einer Frau, die Gott als den erfahren hat, der sie schön ansieht – und ihn eben auch so benennt: "Du, die du mich schön ansiehst".2

Andere werden völlig andere Erfahrungen mit Gott machen:
Vielleicht fällt es mir nicht immer leicht, so wie oben beschrieben auf die Suche zu gehen und mich immer wieder neu nach Gott auszustrecken. Das ist so mühsam und ich bin so schwach. Dann passt als symbolisches Geschenk vielleicht eine Batterie, die mich ausdauernd genug macht. Oder ein Jojo, das immer wieder losgeht, wenn es ganz unten angekommen ist.
Vielleicht entdecke ich Gottes Spuren einfach nicht in meinem Leben, weil so vieles schief gegangen ist. Zu viele Scherben, zu viel Misslungenes und zu viel Enttäuschung. Dann kann ich Gott vielleicht eine Lupe bringen, damit ich ihn besser entdecken kann.
Oder vielleicht bin ich froh über etwas, das ich gelernt habe und dankbar für Dinge, die gelungen sind. Dann kann ich mein Lächeln bringen.

Das sind die Gaben, die wir vor Gott bringen können. Gaben, die sich durchaus auch verändern können auf dem Weg. Gaben, die zu uns und zu ihm passen.


3. Anders zurückkehren
Die weisen Männer waren wirklich sehr weise. Entweder hatten sie alle denselben Traum und fanden das so überzeugend, dass sie nicht mehr zu Herodes zurückgingen. Oder einer überzeugte die anderen von seinem Traum.
Oder es wurde ihnen klar, dass ihre Frage nach dem neuen König und das Erschrecken, das sie damit ausgelöst hatten (v2f), nichts Gutes bedeutete. Vielleicht wurden sie dann weise durch ihre Unvorsichtigkeit.
Wie dem auch sei, sie gingen jedenfalls auf einem anderen Weg zurück als sie gekommen waren.

Nachdem ich gerade aus einem Urlaub wiedergekommen bin, kann ich nur bestätigen, dass das besonders dann Sinn macht, wenn man die Umgebung näher kennenlernen will.
Aber auch darüber hinaus scheint eine Reise gut dafür zu sein, Veränderungen herbeizuführen.

Verändert.
Rudow, Berlin, 2018.


Wenn wir uns auf die Suche nach Gott machen und ihm das mitbringen, was wir ihm schon immer einmal geben wollten, dann werden vielleicht auch wir dadurch verändert.
Gerade wenn es, wie hier im Gefängnis ja nicht anders möglich, eine innere Reise, eben die Reise des Herzens sein wird, von der Karl Rahner sprach, dann werden wir nicht mehr genauso auf die Welt schauen wie zuvor.

Wer beim Besuch des Kindes in der Krippe mit Gott in Berührung kommt, wird mehr lieben und mehr verzeihen. Und er wird von Gott nicht mehr schweigen können.
Zwar werden die Sterndeuter in der Bibel nie wieder erwähnt, doch das muss nichts bedeuten. Auch wir werden in der Weltgeschichte vielleicht nie wieder erwähnt. Aber auch wir können von unserer Suche nach Gott sprechen und davon, was er für uns bedeutet, was wir ihm also bringen können.
Das macht uns zu anderen Menschen – und es verändert die Welt.


1   K. Rahner, Von der seligen Reise des gottsuchenden Menschen. Gedanken zum Fest der Erscheinung des Herrn, in: Geist und Leben 22 (1949) 405-409, hier: 409. – Zu finden auch unter https://www.geist-und-leben.de/component/docman/doc_download/954-22-1949-6-405-409-rahner-0.html und https://www.jesuiten.org/news/der-stern-leuchtet/.
2   C. Herwartz, Brennende Gegenwart. Exerzitien auf der Straße. Würzburg 2011, 21.

Dienstag, 1. Januar 2019

Auch uns! Gebetsbitte an Neujahr 

Langsam, aber sicher. S. Donnino, 2019

Ein Jahreswechsel ist doch eigentlich nur Kulissenschieberei und im persönlichen Leben kein ernsthafter Grund, dass sich irgendwas ändern würde.
Tag reiht sich an Tag und alles geht fort und fort wie eh und je. Wären wir in China, hätte der ganze Trubel um diesen Wechsel des bürgerlichen Jahres von gestern auf heute gar keine Bedeutung, dort kommt Neujahr erst noch.

Nur die Feuerwerker jubilieren hierzulande, alle nutzen den willkommenen Feieranlass und vielleicht kann manch einer symbolisch eine Sache verabschieden und sich neuen Dingen annähern.
Aber eben auch nur symbolisch, denn wir bleiben ja doch die Alten. Was soll schon wirklich neu sein an diesem Jahr?

Soweit meine resignierte Vernunft zum Thema Neujahr.

Schaue ich die Sache vom Glauben aus an, springt mir ein Gedanke ins Hirn:
Alles, was das Christentum im Letzten will und glaubt (und was sich letztlich auch „gottlos" sagen lässt), ist die Möglichkeit der Verwandlung.
Nichts muss bleiben, wie es ist.

Gott schenkt dauernd Neuanfänge: Er wandelt Schuld durch Vergebung. Er wandelt Verzweiflung mit Vertrauen. Er wandelt Tod in Leben.

Die ganze christliche Botschaft ist vom Glauben an Verwandlung durchdrungen.
In einem frommen Lied heißt es dazu: „Du verwandelst das Brot in Jesu Leib, du verwandelst den Wein in Jesu Blut, du verwandelst den Tod in Auferstehn. Verwandle du auch uns!"

Heute wurde ich in der Messe, die dem Urlaubsort gemäß auf italienisch gefeiert wurde, darauf gestoßen: Auch wenn ich nur Bruchstücke verstanden habe, reime ich mir mithilfe meines theologischen Vorwissens doch immer kreativ etwas zusammen und glaubte heute zu hören, dass Gott das Universum heiligen würde.
Selbst wenn der Priester eigentlich etwas ganz anderes gepredigt haben sollte, begann damit doch meine Assoziationskette - dass auch die ganze Schöpfung, wie Paulus schreibt, „von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden [soll] zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes." (Röm 8,21)
Auch hier, im Großen, soll Verwandlung geschehen, ebenso wie bei mir im Kleinen.
Kann sich ja Zeit lassen.

Aber das ist die gute Verheißung der christlichen Botschaft:
Alles wird verwandelt auf Gott hin.
Auch in diesem neuen Jahr, Schritt für Schritt.

Meine Bitte an Gott ist am Anfang des Jahres deshalb so kurz und bündig wie immer nötig: „Verwandle du auch uns!"

Und wir können dabei mittun.
Auf geht’s!

Dienstag, 25. Dezember 2018

Das Geschenk der Weihnacht: Was für ein Glück! Was für eine Aufgabe!

Als unsere zweite Tochter geboren wurde, ging alles ganz schnell. Natürlich hatten wir uns vorbereitet so gut es ging, und mit einem drei Jahre älteren Kleinkind zu Hause ist ja auch schon einiges kindgerecht eingerichtet. Aber die innere Vorbereitung war nicht mehr besonders ausführlich – für Ruhe und Besonnenheit fehlte uns einfach die Zeit.

Montag, 24. Dezember 2018

Ankunftszeit 24 – Geliebt in "Königskinder" von Alex Capus

Marie ist die Tochter eines wohlhabenden Bauern, Jakob ein Waise, der Jahre für Jahr die Kühe des Bauern oben in den Bergen hütet. Jedes Jahr bringt Jakob die Herde ins Tal und sieht Marie. Aber dieses Jahr ist etwas anders.

Sonntag, 23. Dezember 2018

Ankunftszeit 23 – Fremd in "Von dieser Welt" von James Baldwin

John ist Sohn eines Predigers und als solcher mit Küsterdiensten beauftragt. Allerdings hadert er mit dem Glauben, den seine Familie ihm vorlebt und der auf intensiver Gotteserfahrung fußt. Seine Erfahrung ist eine andere, als er zur Vorbereitung des abendlichen Gottesdienstes den Kirchenraum betritt:

Samstag, 22. Dezember 2018

4. Adventssonntag – Bildmeditation zu "Da hüpfte das Kind vor Freude in ihrem Leib"

Aus dem Evangelium am Zweiten Adventssonntag:

Als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind vor Freude in ihrem Leib“ (vgl. Lk 1,44)

Ankunftszeit 22 – Eingekerkert in "Gott ist nicht schüchtern“ von Olga Grjasnowa

Der Roman erzählt auf beklemmend realistische Weise die Geschichte zweier erfolgsverwöhnter Syrer in der Zeit der ersten Aufstände gegen Assads Regime. Hammoudi reist von Paris, wo er wohnt, nach Syrien, um seinen Pass verlängern zu lassen – und scheitert an diesem eigentlich formalen Procedere. Amal, die junge Schauspielerin, wird nach einer Demonstration auf offener Straße verhaftet und ins Gefängnis verbracht.

Freitag, 21. Dezember 2018

Ankunftszeit 21 – Verwandelt in "Hain" von Esther Kinsky

Dies ist das Buch einer Reise nach Italien, angetreten, um den Verlust des Geliebten zu verarbeiten. Esther Kinsky beschreibt äußerst detailreich, wie sie in einem Dorf die Landschaft, die Menschen und die Jahreszeiten erlebt.

Donnerstag, 20. Dezember 2018

Ankunftszeit 20 – Verändert in "Olga" von Bernhard Schlink

Olga und Herbert kommen aus zwei verschiedenen Welten: Das einfache Mädchen und der Sohn eines Großgrundbesitzers können nicht zusammen kommen. Zusammen mit Herberts Schwester Viktoria waren sie jedoch einige Zeit ein enges Dreiergespann – bis Viktoria auf eine weiter entfernte Schule geht. Im Sommer kehrt sie zurück: