Der Roman erzählt auf
beklemmend realistische Weise die Geschichte zweier erfolgsverwöhnter
Syrer in der Zeit der ersten Aufstände gegen Assads Regime. Hammoudi
reist von Paris, wo er wohnt, nach Syrien, um seinen Pass verlängern
zu lassen – und scheitert an diesem eigentlich formalen Procedere.
Amal, die junge Schauspielerin, wird nach einer Demonstration auf
offener Straße verhaftet und ins Gefängnis verbracht.
Ein Platz zum Ausruhen! Vitte, Hiddensee, 2018. |
"Man bringt sie zu
irgendeiner Zweigstelle des Geheimdienstes, die Gefangenen sollen
nicht wissen, um welche es sich handelt, deswegen ist Amals Pullover
immer noch über ihren Kopf gezogen und ihre Hände sind noch auf
ihrem Rücken gefesselt. Sie friert und zittert, obwohl im Gebäude
subtropische Temperaturen herrschen. ... Nur wenige Minuten später
wird Amal in eine Zelle gestoßen. Die Zelle misst zwei mal drei
Meter und hält an die fünfundzwanzig Frauen gefangen. Im Boden ist
ein kleines Loch eingelassen, das als Toilette fungiert. Aus Angst
vor Ratten lassen die Insassen die Spülung die ganze Zeit über
laufen, wobei das eine Übertreibung ist – es ist nur ein kleiner
Schlauch, aus dem Wasser tröpfelt. ... Es gibt keinen Platz, um sich
hinzulegen, die Frauen schlafen in Schichten. Nun treten aber zwei
Frauen zu Seite und lassen Amal ausruhen."1
Ruhe finden.
Nach dieser Tortur (von
der ich ehrlicherweise einen besonders anstrengenden Teil ausgelassen
habe) braucht die junge Frau einfach einen Ort, an dem sie
niedersinken kann.
Und mitten in der
ekelhaftesten Umgebung, in der äußersten Qual, findet sie
Mitmenschlichkeit.
Die Frauen setzen einen
Kontrapunkt zu der lebensfeindlichen Umgebung, in der sie sich
befinden.
Dazu sind auch wir
Christen aufgerufen – diese Welt zu einem Ort der Menschlichkeit zu
machen.
Wo kann ich heute dazu
beitragen?
1 O.
Grjasnowa, Gott ist nicht schüchtern. Berlin 2017, 94.95.