Kein Bleiben...? Fassade des Willy-Brand-Hauses, Berlin-Kreuzberg 2015. |
"Er war im
Schlafzimmer angelangt und ließ sich auf sein Bett fallen. Ich muss
fort, dachte er und schloss die Augen. 'Ach, ich möchte bleiben,
schlafen ... Und nun zur Grenze? Aber dem bin ich niemals gewachsen.
Das kann ich doch gar nicht. Heimlich über die Grenze...' Er
schüttelte sich bei dem Gedanken. 'Was wollen die Leute eigentlich
alle von mir?', fragte er dann leise. "Ich will doch nichts, als
in Ruhe leben, mein Brot verdienen ... Die Grenze! Ich und die
Grenze – mein Gott!'
Er sprang auf!"1
Es ist klar, dass
Silbermann hier nicht bleiben kann.
Verzweiflung und Müdigkeit
führen einen inneren Kampf in ihm, und doch spürt er genau: Die
Ankunft ruft schon nach Aufbruch. Hier ist kein Bleiben.
Das Gefühl der Gefahr ist
uns Heutigen möglicherweise unbekannt, aber das Gefühl des
Gehetztseins von einem Ort zum nächsten kennen die meisten von uns.
Und der Advent soll anders
sein – aber er kippt doch oft genug um in Hast. Nicht Ankunft,
sondern Flucht würde er in manchen Fällen richtiger lauten.
Die Anregung für heute:
Welcher Ort hilft mir, um ruhig zu werden? Wo kann ich mich fallen
lassen und entspannen?
Mehr zu U.A. Boschwitz'
Roman findet sich hier.
1 U.A.
Boschwitz, Der Reisende. Stuttgart 2018 (Original 1938), 105f.