Großer Bahnhof. Hamburg, 2015. |
„Zitternd wartete ich
im Dunkel der Nacht, döste bis fünf in der Früh, draußen kalt und
trübe. Infolge meiner Müdigkeit waren die Nerven stumpf. Was in den
letzten Tagen und Wochen mein sehnlichster Wunsch gewesen war, stand
jetzt knapp vor der Erfüllung. Aber ich kam nicht zu Bewusstsein und
konnte das Erlebte nicht fassen.
In Wien war es mitten
am Vormittag, als der Zug einfuhr. Wieder Bahnhof, Westbahnhof, nach
der langen Abwesenheit kam er mir vor wie ein Opernhaus. Erinnerungen
tauchten auf, verschwanden, wie alles. Weiter ging’s zu Fuß und
mit Krücken über die Felberstraße nach Hause. Nichts zählte,
außer dass ich am Leben war.“1
Wenn sich nach einer
mühsamen und beschwerlichen Reise endlich ein Ende abzeichnet, dann
reduziert sich der Fokus nur noch auf das Nötigste.
Der junge Soldat hier weiß
nur noch eines: Er hat überlebt!
Manchmal geht es mir mit
meinen Wünschen auch so – da erfüllt sich das, was ich sehnlichst
erhofft habe, und dann kann ich es gar nicht würdigen, weil
körperliche Schwäche oder mangelnde Konzentrationsfähigkeit meinen
Geist trüben.
Was wünsche ich mir für
den heutigen Tag?
Ich nehme mir vor, es
dankbar zu genießen, wenn dieser Wunsch erfüllt wird.
1 A.
Geiger, Unter der Drachenwand. München 2018, 21.