Samstag, 15. Dezember 2018

3. Adventssonntag – Radiobeitrag zu Gaudete – "Freut Euch! Der Herr ist nahe!"

Folgende Worte von mir sind am Sonntag, 16.12.2018, ab ca. 10 vor 10 auf Radio Berlin 88,8 zu hören:

Es gibt Sätze, die mich sofort wach machen.

"Freu dich doch!", ist so ein Satz.
Wenn ich höre, dass ich mich freuen soll, dann werde ich erstmal aggressiv. Darf ich das bitteschön vielleicht noch selbst entscheiden, wann ich mich freue?
Und selbst wenn die Aufforderung "Freut euch! Der Herr ist nahe!" (Phil 4,4.5) in der biblischen Lesung am Dritten Adventssonntag steht: Das braucht mir mitten im Adventsstress niemand zu raten oder zu gar zu befehlen!

Freudengrund?!
Niedergrundstedt, Weimar, 2017.
Ja, ich liebe meine Familie und ja, ich liebe meine Arbeit als Gefängnisseelsorger und ich liebe sogar den Advent. Aber zwischen den Vorbereitungen des Weihnachtsgottesdienstes für die Inhaftierten und dem seelsorglichen Gesprächsbedarf in dieser Zeit ist es schon eng. Dazu kommen die normalen familiären Verpflichtungen und das Besorgen einiger Geschenke. Und ein Radiobeitrag soll auch noch fertig werden. 
Da fühle ich mich manchmal ziemlich stark beansprucht. Vielerlei Erwartungen richten sich auf mich.
Und dann soll ich mich auch noch freuen! Mit dem Alltag habe ich eigentlich genug zu tun und möchte das gern auf meine Weise gestalten.

Auch in anderen Zusammenhängen geht mir das übrigens so. Viele wollen mir sagen, was ich wie zu tun und zu denken habe: Iss doch nicht so viel Fleisch! Überleg dir, ob du abends nach acht noch Süßigkeiten essen musst! Leg doch das Handy endlich mal zur Seite!

Aber ich will nicht genötigt werden! Wenn ich so etwas höre, mache ich meistens innerlich zu und gehe erst recht in die entgegengesetzte Richtung.

Habe ich mich in meinem inneren Widerstand dann so richtig schön eingeigelt, schaue ich allerdings manchmal doch kurz heraus, ob an dieser Aufforderung vielleicht doch etwas dran ist.

So auch dann, wenn jemand ruft: "Freut euch!"
Denn ich will mich natürlich freuen. Und ich möchte in eine Stimmung kommen, die zum Weihnachtsfest passt. Aber nicht unter Druck.

Denn Freude stellt sich bei mir oftmals dann ein, wenn ich Zeit habe und mit entspanntem Blick überlegen kann, was ich eigentlich möchte.
Sollte in solch einer lockeren Situuation ein guter Freund in der Nähe sein und vorbeikommen, dann freue ich mich schon vorher.

Dann brauche ich gar keine Aufforderung, dass ich mich freuen soll. Es passiert einfach in mir; Freude wächst, niemand muss mich auffordern, dass ich mich freuen soll.

Auch der Advent will diese selbstverständliche Vorfreude auf einen guten Freund wecken. "Der Herr ist nahe", heißt es in der Lesung. Advent besteht für uns Christen in der Hoffnung, dass Gott uns persönlich näher kommt. Aber er nötigt uns nicht, und schon gar nicht zur Freude.
Aber er lädt uns ein zur Freude mit ihm.

An dieses Herankommen Gottes scheinen die biblischen Worte erinnern zu wollen: "Freut euch!" Wir haben auch allen Grund zur Freude: Denn der Herr ist uns allen nahe!

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und einen schönen Advent.

Himmel über Weimar.
2017.