Folgende Worte von mir sind am Sonntag, 16.12.2018, ab ca. 10 vor 10 auf Radio Berlin 88,8 zu hören:
Es gibt Sätze, die mich sofort wach
machen.
"Freu dich doch!", ist so ein
Satz.
Wenn ich höre, dass ich mich freuen
soll, dann werde ich erstmal aggressiv. Darf ich das bitteschön
vielleicht noch selbst entscheiden, wann ich mich freue?
Und selbst wenn die Aufforderung "Freut
euch! Der Herr ist nahe!" (Phil 4,4.5) in der biblischen Lesung am
Dritten Adventssonntag steht: Das braucht mir mitten im Adventsstress
niemand zu raten oder zu gar zu befehlen!
Freudengrund?! Niedergrundstedt, Weimar, 2017. |
Ja, ich liebe meine Familie und ja, ich
liebe meine Arbeit als Gefängnisseelsorger und ich liebe sogar den
Advent. Aber zwischen den Vorbereitungen des Weihnachtsgottesdienstes
für die Inhaftierten und dem seelsorglichen Gesprächsbedarf in
dieser Zeit ist es schon eng. Dazu kommen die normalen familiären
Verpflichtungen und das Besorgen einiger Geschenke. Und ein
Radiobeitrag soll auch noch fertig werden.
Da fühle ich mich
manchmal ziemlich stark beansprucht. Vielerlei Erwartungen richten
sich auf mich.
Und dann soll ich mich auch noch
freuen! Mit dem Alltag habe ich eigentlich genug zu tun und möchte
das gern auf meine Weise gestalten.
Auch in anderen Zusammenhängen geht
mir das übrigens so. Viele wollen mir sagen, was ich wie zu tun und
zu denken habe: Iss doch nicht so viel Fleisch! Überleg dir, ob du
abends nach acht noch Süßigkeiten essen musst! Leg doch das Handy
endlich mal zur Seite!
Aber ich will nicht genötigt werden!
Wenn ich so etwas höre, mache ich meistens innerlich zu und gehe
erst recht in die entgegengesetzte Richtung.
Habe ich mich in meinem inneren
Widerstand dann so richtig schön eingeigelt, schaue ich allerdings
manchmal doch kurz heraus, ob an dieser Aufforderung vielleicht doch
etwas dran ist.
So auch dann, wenn jemand ruft: "Freut
euch!"
Denn ich will mich natürlich freuen.
Und ich möchte in eine Stimmung kommen, die zum Weihnachtsfest
passt. Aber nicht unter Druck.
Denn Freude stellt sich bei mir oftmals
dann ein, wenn ich Zeit habe und mit entspanntem Blick überlegen
kann, was ich eigentlich möchte.
Sollte in solch einer lockeren
Situuation ein guter Freund in der Nähe sein und vorbeikommen, dann
freue ich mich schon vorher.
Dann brauche ich gar keine
Aufforderung, dass ich mich freuen soll. Es passiert einfach in mir;
Freude wächst, niemand muss mich auffordern, dass ich mich freuen
soll.
Auch der Advent will diese
selbstverständliche Vorfreude auf einen guten Freund wecken. "Der
Herr ist nahe", heißt es in der Lesung. Advent besteht für uns
Christen in der Hoffnung, dass Gott uns persönlich näher kommt.
Aber er nötigt uns nicht, und schon gar nicht zur Freude.
Aber er lädt uns ein zur Freude mit
ihm.
An dieses Herankommen Gottes scheinen
die biblischen Worte erinnern zu wollen: "Freut euch!" Wir
haben auch allen Grund zur Freude: Denn der Herr ist uns allen nahe!
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten
Sonntag und einen schönen Advent.
Himmel über Weimar. 2017. |