Thomas Melle schildert in
seinem Buch eindrücklich seine Phasen von Manie und Depression.
Innere Zustände und äußere Erlebnisse versucht er, im Nachhinein
einigermaßen geordnet zu erzählen. Mit Aljoscha, einem der letzten
Freunde, die zu ihm halten, organisiert Melle eine Zeit lang mühsam
das Weiterleben.
Warum bin ich hier? Tonne, Rahrbach, 2015. |
"Wieder schulterte
ich die Tasche.
Und zog um. Jede Manie brachte mindestens einen Umzug mit sich. Mindestens. Diesmal ging es von Prenzlauer Berg direkt hinunter nach Kreuzberg, direkt ans Kottbusser Tor. Ich hatte einen Zapf-Laster mit drei Möbelpackern bestellt, viel zu groß für meine Belange. „Das ist ja schrecklich hier.“ rief einer der Packer aus und ich wusste nicht, ob er Kreuzberg, die Wohnung, meine paar Kartons oder mich selbst meinte. Aljoscha lachte fröstelnd.
Die ersten Wochen lebte ich aus diesen Kartons, hörte unsagbar laut Musik, um mich der Nachbarschaft vorzustellen, wogte als Phänomen durch die Straßen."1
Und zog um. Jede Manie brachte mindestens einen Umzug mit sich. Mindestens. Diesmal ging es von Prenzlauer Berg direkt hinunter nach Kreuzberg, direkt ans Kottbusser Tor. Ich hatte einen Zapf-Laster mit drei Möbelpackern bestellt, viel zu groß für meine Belange. „Das ist ja schrecklich hier.“ rief einer der Packer aus und ich wusste nicht, ob er Kreuzberg, die Wohnung, meine paar Kartons oder mich selbst meinte. Aljoscha lachte fröstelnd.
Die ersten Wochen lebte ich aus diesen Kartons, hörte unsagbar laut Musik, um mich der Nachbarschaft vorzustellen, wogte als Phänomen durch die Straßen."1
Diese Ankunft ist der
psychischen Krankheit geschuldet – Weiterziehen mit immer weniger
Besitz; ständig neue Aufbrüche folgen einander, ständig tiefer
hinab zieht es den Autor.
Dass das schrecklich ist,
muss einer der Möbelpacker sagen. Kein Wort über die Gefühle von
Melle selber. Erkennt er seine missliche Lage überhaupt? Wie bewusst
ist ihm sein Zustand?
Aber andererseits: Wissen
wir denn, wo wir ankommen? Und warum?
Die konkrete Frage für
diesen Tag also: Warum bin ich (in meinem Leben) dorthin gekommen, wo
ich jetzt bin?
1 T.
Melle, Die Welt im Rücken. Reinbek bei Hamburg 2018, 163f.