Als unsere zweite Tochter
geboren wurde, ging alles ganz schnell. Natürlich hatten wir uns
vorbereitet so gut es ging, und mit einem drei Jahre älteren
Kleinkind zu Hause ist ja auch schon einiges kindgerecht
eingerichtet. Aber die innere Vorbereitung war nicht mehr besonders
ausführlich – für Ruhe und Besonnenheit fehlte uns einfach die
Zeit.
Hand in Hand. Berlin, 2017. |
Als sie dann geboren war,
war ich trotzdem überwältigt. So klein, so zart, so zerbrechlich.
Ihre Hand in meiner, ein
neues Leben genau vor mir! Was für ein Geschenk!
Auch jetzt, wo das Foto
schon fast anderthalb Jahre alt ist, freue ich mich, wie die Kleine
wächst und gedeiht. Das "Gaudete" der Weihnachtslieder
kommt mir sehr leicht über die Lippen, wenn ich sie sehe.
Neben der Freude rücken
aber immer mehr die elterlichen Anforderungen in den Vordergrund.
Denn wir müssen, jetzt,
da wir das Geschenk dieses Kindchens angenommen haben, auch
verantwortlich damit umgehen. Konkret: Weinen, Zahnen, Kacken,
Hinfallen und Meckern liebevoll und geduldig ertragen – und
zwischendurch das Lächeln und Jubeln, Aufstehen und Weitergehen
genießen.
Vor diesem Hintergrund
stelle ich mir die Frage: Wie erlebe ich eigentlich mein Christsein?
Die Parallele ist
schließlich naheliegend und offensichtlich: Auch Jesu Geburt dürfen
wir als Geschenk an uns verstehen.
Dazu gehört aber: Auch
Jesus müssen wir ertragen. Denn auch er ist ein forderndes Geschenk.
Zu dem schönen und weihnachtliche Rührung weckenden Satz: In ihm
hat sich Gottes Liebe gezeigt, gehört der Nachsatz: Es ist das
Geschenk einer Liebe, die unsere Liebe verlangt.
Beim eigenen Kind ist es
in den meisten Fällen ja noch recht einfach, zu lieben. Ist es doch
mein eigen Fleisch und Blut, auch wenn es schreit und bockt und
seinen Willen durchsetzen will.
Aber eine göttliche
Liebe, die ich nicht anfassen kann, die ich in vielen Fällen nicht
spüre, eine Liebe, die oft genug von mir verlangt, ins Dunkle zu
lieben?
Das soll ein Geschenk
sein?
Das ist ja wie ein Kind,
das ein Leben lang Backenzähne kriegt.
Natürlich habe auch ich
gemerkt, dass es an manchen Tagen einfach ist, mich von Gott lieben
zu lassen und ihn zu lieben: Wenn meine inneren Barrieren nicht zu
hoch sind und ich fähig bin, mein Leben vom Licht Gottes
durchstrahlt zu sehen.
Dann erkenne ich in der
Zartheit der Kinderhand Gottes Zartheit, in der Schutzbedürftigkeit
des Kleinkindes die Sehnsucht Gottes, bei mir geborgen zu sein. Dann
liebe ich Gott durch die Dinge dieser Welt und bin zutiefst dankbar
für alles, was er mir schenkt.
Allerdings sind das nicht
die meisten Tage. Oft ertrage ich den Alltag nur, ohne sehen zu
können, dass da auch noch ein Geschenk ist.
Wahrscheinlich gehört
einfach beides zum Christsein dazu: Wie Kinder dürfen wir uns selbst
beschenken lassen, können uns freuen und glücklich sein.
Aber wie Erwachsene stehen
wir vor der Herausforderung, dieses Geschenk durch unser Leben zu
tragen.
(Dieser Text erschien zuerst im "Nordlicht", dem Pfarrblatt der katholischen Gemeinden Nord-Neuköllns - zu finden hier)