Dienstag, 25. Dezember 2018

Das Geschenk der Weihnacht: Was für ein Glück! Was für eine Aufgabe!

Als unsere zweite Tochter geboren wurde, ging alles ganz schnell. Natürlich hatten wir uns vorbereitet so gut es ging, und mit einem drei Jahre älteren Kleinkind zu Hause ist ja auch schon einiges kindgerecht eingerichtet. Aber die innere Vorbereitung war nicht mehr besonders ausführlich – für Ruhe und Besonnenheit fehlte uns einfach die Zeit.

Hand in Hand.
Berlin, 2017.
Als sie dann geboren war, war ich trotzdem überwältigt. So klein, so zart, so zerbrechlich.
Ihre Hand in meiner, ein neues Leben genau vor mir! Was für ein Geschenk!

Auch jetzt, wo das Foto schon fast anderthalb Jahre alt ist, freue ich mich, wie die Kleine wächst und gedeiht. Das "Gaudete" der Weihnachtslieder kommt mir sehr leicht über die Lippen, wenn ich sie sehe.

Neben der Freude rücken aber immer mehr die elterlichen Anforderungen in den Vordergrund.
Denn wir müssen, jetzt, da wir das Geschenk dieses Kindchens angenommen haben, auch verantwortlich damit umgehen. Konkret: Weinen, Zahnen, Kacken, Hinfallen und Meckern liebevoll und geduldig ertragen – und zwischendurch das Lächeln und Jubeln, Aufstehen und Weitergehen genießen.

Vor diesem Hintergrund stelle ich mir die Frage: Wie erlebe ich eigentlich mein Christsein?
Die Parallele ist schließlich naheliegend und offensichtlich: Auch Jesu Geburt dürfen wir als Geschenk an uns verstehen.
Dazu gehört aber: Auch Jesus müssen wir ertragen. Denn auch er ist ein forderndes Geschenk. Zu dem schönen und weihnachtliche Rührung weckenden Satz: In ihm hat sich Gottes Liebe gezeigt, gehört der Nachsatz: Es ist das Geschenk einer Liebe, die unsere Liebe verlangt.

Beim eigenen Kind ist es in den meisten Fällen ja noch recht einfach, zu lieben. Ist es doch mein eigen Fleisch und Blut, auch wenn es schreit und bockt und seinen Willen durchsetzen will.
Aber eine göttliche Liebe, die ich nicht anfassen kann, die ich in vielen Fällen nicht spüre, eine Liebe, die oft genug von mir verlangt, ins Dunkle zu lieben?
Das soll ein Geschenk sein?

Das ist ja wie ein Kind, das ein Leben lang Backenzähne kriegt.

Natürlich habe auch ich gemerkt, dass es an manchen Tagen einfach ist, mich von Gott lieben zu lassen und ihn zu lieben: Wenn meine inneren Barrieren nicht zu hoch sind und ich fähig bin, mein Leben vom Licht Gottes durchstrahlt zu sehen.
Dann erkenne ich in der Zartheit der Kinderhand Gottes Zartheit, in der Schutzbedürftigkeit des Kleinkindes die Sehnsucht Gottes, bei mir geborgen zu sein. Dann liebe ich Gott durch die Dinge dieser Welt und bin zutiefst dankbar für alles, was er mir schenkt.
Allerdings sind das nicht die meisten Tage. Oft ertrage ich den Alltag nur, ohne sehen zu können, dass da auch noch ein Geschenk ist.

Wahrscheinlich gehört einfach beides zum Christsein dazu: Wie Kinder dürfen wir uns selbst beschenken lassen, können uns freuen und glücklich sein.
Aber wie Erwachsene stehen wir vor der Herausforderung, dieses Geschenk durch unser Leben zu tragen.



(Dieser Text erschien zuerst im "Nordlicht", dem Pfarrblatt der katholischen Gemeinden Nord-Neuköllns - zu finden hier)