Als ich las, dass 95%
der Deutschen die Kontaktverbote der nächsten zwei Wochen für
richtig halten, war ich sehr erstaunt. Die Einschränkungen sind
massiv – und trotzdem stimmen fast alle Befragten ihnen zu. So
geeint und so gehorsam habe ich diese Republik wohl noch nie erlebt.
Dienstag, 24. März 2020
Samstag, 21. März 2020
Knast im Kopf. Gedanken zu Haft und Ausgangssperre
"Das lasse ich mir
nicht bieten! Das ist Nötigung!"
So oder ähnlich höre ich
es von Zeit zu Zeit in seelsorglichen Einzelgesprächen in der
Haftanstalt, wenn sich Inhaftierte über das Verhalten von
Vollzugsbeamten aufregen. Das Gefühl für Beschränkungen der
persönlichen Freiheit ist auch in Haft intensiv ausgeprägt. Nach
dem Motto: Wenn schon inhaftiert, dann will ich wenigstens nicht noch
mehr Einschluss in meiner Zelle als unbedingt nötig.
Da nun in der ganzen
Republik Ausgangsbeschränkungen und Betretungsverbote eingeführt
werden, fällt mir natürlich sofort ein, dass die Inhaftierten in
den Haftanstalten dies tagtäglich erleben: eine strenge
Reglementierung der Bewegungsfreiheit.
Donnerstag, 19. März 2020
"verbarrikadier dich, laß mich bloß nicht an mein ziel" Grönemeyers Virus-Track
Herbert Grönemeyer hat den Track zum
Corona-Virus schon 1998 auf seinem Album "Bleibt alles
anders" veröffentlicht. Jedenfalls hören sich viele Zeilen
in "Fanatisch"
so an, als wären sie einem anthropomorphen Virus in den Mund gelegt.
"ich find’s wunderbar, daß
du mich nicht siehst
ich find’s wunderbar, daß du dich vor mir verkriechst
ich genieße unendlich das gefühl
ich begehr dich fanatisch viel…"
ich find’s wunderbar, daß du dich vor mir verkriechst
ich genieße unendlich das gefühl
ich begehr dich fanatisch viel…"
Dienstag, 17. März 2020
Bibel-Mini 3 – Im Flügelschatten Gottes
Die Corona-Krise und unser vorheriger
Italien-Urlaub haben eine Folge: häusliche Quarantäne.
Als Familie „allein“ zu Haus zu
sein hat natürlich eine andere Qualität als allein zu Haus zu sein.
Aber das social distancing ist in
beiden Fällen sehr prägend.
Dazu gibt es aktuell viele religiös
motivierte Hinweise und Tipps im Netz – von der klausurierten
Ordensschwester bis hin zu geistlich-praktischen
Verhaltensregeln von Johannes Hartl.
Ich nehme hier ein Psalmgebet aus Ps 57
auf, das mich gerade bewegt.
Sonntag, 15. März 2020
Corona-Kirche: Die Stunde der Frauen
Die Corona-Krise ist eine furchtbare
Tragödie für alle direkt Betroffenen.
Zugleich bietet sie aber auch eine
ungeheure Chance, die Kirche neu zu gestalten.1
Konkret: In vielen Kirchen in
Deutschand und an vielen anderen Orten (u.a. auch in Italien
und im Vatikan)
werden in diesen Tagen keine öffentlichen Messen gefeiert, im
Erzbistum Berlin keine Gottesdienste für Gruppen größer als 50
Personen.
Das ist eine ungeheure Möglichkeit für
viele kreative und religiös aktive Frauen (und auch für Männer,
ja). Denn bisher verdrängen die Eucharistiefeiern in jenen Gebieten
mit genügenden Priestern viele andere Ausdrücke des religiösen
Lebens. Und die Eucharistiefeier hängt nun einmal am Priester.
Natürlich können und werden und
sollen auch Priester weiterhin religiös kreativ sein.
Aber die Kirche im Corona-Modus: das
ist auch die Stunde der Laien, besonders die Stunde der Frauen. Ein
Freiraum von einigen Wochen, der genutzt werden kann von den Frauen,
die sich eine erneuerte Kirche wünschen und die verkrustete
patriarchale Strukturen schon lange beklagen.
Der Kairos ist jetzt!
Samstag, 14. März 2020
Der beste Gottes-Dienst ist kein Gottesdienst
Auch in Berlin sollen in den nächsten
Tagen und Wochen keine öffentlichen Gottesdienste mit mehr als 50
Personen mehr gefeiert werden (Hinweis auf der Homepage
des Erzbistums am 14.03.2020).
Wie passend für diese sich
überschlagenden Ereignisse das Evangelium für den morgigen Sonntag:
In Jesu Gespräch mit der Samariterin am Jakobsbrunnen (Joh
4,5-42) geht es auch darum, welcher Ort der richtige sei, um Gott
anzubeten.
"Glaube mir, Frau, die Stunde
kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater
anbeten werdet" (v21), sagt Jesus der Frau.
Wichtig ist für Jesus nicht der Ort
des Gebetes, sondern dass gebetet wird – und zwar "im Geist
und in der Wahrheit" (v23).
Dienstag, 10. März 2020
Christ sein ohne Gottesdienst?! Reflexionen im Italien-Urlaub
Auch wenn die Ereignisse mal wieder
schneller sind und hier in Italien inzwischen viele weitere und
grundsätzlichere Maßnahmen zum Schutz vor der Ausbreitung des
Corona-Virus getroffen wurden, möchte ich doch noch einige Gedanken
zu einem Thema äußern, dass mich gerade auch beschäftigt: dass
seit Sonntagnacht sukzessive öffentliche Gottesdienste in ganz
Italien bis vorerst zum 03. April (Freitag vor Palmsonntag)
ausgesetzt wurden (außer
in der Deutschen Gemeinde von Rom).
Wir sind gerade im Urlaub in der
Toskana. Am Samstagnachmittag haben wir das kleine Dörfchen Vico
d’Elsa besucht und während die Kinder auf dem Spielplatz spielten,
habe ich mir das alte Zentrum und die Kirche angeschaut. Um 17:00 Uhr
begann die Vorabendmesse, fünf oder sechs Leute waren gekommen.
Samstag, 7. März 2020
Im Licht der Zukunft. Gedanken zu Mt 17,1-9
Inmitten meiner Nacht schenkst du mir: Einen Ausblick auf dich im Licht der Zukunft.
Donnerstag, 5. März 2020
Bibel-Mini 2 - Heimatloser Abraham
Es gibt in Christoph Heins Roman
„Landnahme“ eine Schlüsselszene, in welcher der Nachkomme eines
aus den ehemals deutschen Ostgebieten Vertriebenen nun
fremdenfeindliche Parolen brüllt - und klar wird, wie kurz die
Erinnerung währte. Es brauchte nur eine Generation, bis die Kinder
der nach dem Krieg verunglimpften Flüchtlinge sich selbst als Herren
im Lande fühlen.
In der Bibel existieren viele Stellen, die die Erinnerung daran wachhalten sollen, dass die Hörenden selbst Nachkommen eines Heimatlosen sind. Eine dieser Stellen findet sich im Buch Deuteronomium:
In der Bibel existieren viele Stellen, die die Erinnerung daran wachhalten sollen, dass die Hörenden selbst Nachkommen eines Heimatlosen sind. Eine dieser Stellen findet sich im Buch Deuteronomium:
Montag, 2. März 2020
Bibel-Mini 1 - Hanna betet
In dieser Fastenzeit möchte ich ein
paar biblische Exkursionen machen und die sich dabei (hoffentlich /
wahrscheinlich / sicher) ergebenden Entdeckungen hier mit kurzen
Beiträgen reflektieren.
Weil ich sonst sehr viel in den
Evangelien unterwegs bin, wird es schwerpunktmäßig um das Alte
Testament gehen.
Heute also Hanna aus dem Ersten Buch
Samuel. Wie so viele Frauen der Bibel hat sie ein Problem damit, dass
sie keine Kinder, besonders keinen Sohn bekommt. In ihrer
Verzweiflung geht sie in den Tempel in Schilo und betet.
Dienstag, 25. Februar 2020
Freier! Tiefer! Liebevoller! Akzente an Aschermittwoch
Vier Akzente setzt das Evangelium vom
Aschermittwoch (Mt 6,1-6.16-18): Gutes Tun, Beten, Fasten.
Der vierte Akzent ist eine Haltung und prägt diese drei Handlungsanweisungen: all das soll nicht vor anderen und für andere geschehen, sondern vor Gott und für Gott.
Der vierte Akzent ist eine Haltung und prägt diese drei Handlungsanweisungen: all das soll nicht vor anderen und für andere geschehen, sondern vor Gott und für Gott.
Als Eingangstor zur Fastenzeit wird der
Aschermittwoch dadurch
nicht nur selbst geprägt, sondern er zeigt auch die Richtung, in die
wir bei unserer Vorbereitung auf Ostern gehen sollen.
Mit diesen Akzenten wollen
Aschermittwoch und Fastenzeit unsere Konzentration von der
Beschäftigung mit Nichtigkeiten wegführen hin zu größerer Tiefe,
tieferer Freiheit, freierer Liebe.
Freitag, 21. Februar 2020
Feindesliebe: Überblick und/oder Überforderung
1. Überblick
Auch wenn es unter einem anderen
Vorzeichen geschrieben ist, so halte ich das folgende Gedicht von
Barbara Zeizinger doch für eine gute Erläuterung zur Thematik der
christlichen Feindesliebe, die im Evangelium
des nächsten Sonntags (Mt 5,38-48) erscheint.
Sonntag, 16. Februar 2020
Modernisierung der Normen. Noch einmal zur Bibel und zu Jesu Antithesen
Ein Abschnitt aus meiner
aktuellen Lektüre passt so gut zum heutigen Sonntagsevangelium, dass
ich ihn der Predigt einfach noch nachschieben muss.
In "Die Entstehung
der Bibel"1
las ich gerade, wie die israelitische Elite, die im Anschluss an den
Untergang Jerusalems 587 v.C. nach Babel deportiert worden war, dort
nicht nur trauerte und ihre Theologie vom Handeln Gottes in der
Geschichte grundlegend neu entwarf. Diejenigen, die später die
Autoren der biblischen Schriften wurden, taten überdies einen
grundlegenden Schritt über sich hinaus, indem sie "sich der
Intellektualität ihrer Umgebung öffneten".2
Samstag, 15. Februar 2020
Innerlicher und intensiver! Was größere Gerechtigkeit heißen kann.
Es gibt beliebte Vorstellungen davon,
wie Christen sein sollten:
Viele sagen, dass man von ihnen mehr
erwarten könne als von anderen.
Sie sollten diejenigen sein, die sich
auszeichnen durch Gutes. Die moralisch besser handeln. Die, wenn sie
das nicht schaffen, sich wenigstens mehr bemühen. Und wenn auch das
nicht klappt, dass sie immerhin zu ihren Fehlern stehen.
Mittwoch, 12. Februar 2020
Meine fünf schönsten Sätze aus "Querida Amazonia"
Schon schlagen die Wellen wieder hoch,
was der Papst in seinem neuen Schreiben alles verhindert und
verbietet. Keine Weihe für Verheiratete, keine Weihe für Frauen...
Auch ich kann nicht mit jeder
Argumentationskette etwas anfangen und nicht jeder Akzent in diesem
Dokument gefällt mir.
Aber ich habe es in Kürze einfach mal
nach fünf schönen Sätzen durchsucht, die (ja, das ist nicht
textgerecht und elende Rosinenklauberei...) auch für sich stehend
eine gute Figur machen, ganz abgesehen von allem, was
kirchenpolitisch noch dahinter steht oder stehen könnte.
Zitiert wird nach dem Wortlaut von
Vatican
News.
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