1.
Es ist dies einer der entscheidendsten Textabschnitte, den die Apostelgeschichte zu bieten hat, wenn es um die Frage geht, wie sich die ersten Gemeinden in ihrer Stellung zum Judentum entwickeln.
Denn wie man hörte (15,1-2.22-29), gab es einige, die sagten, diejenigen, die als Nichtjuden zum Glauben an Jesus als den Sohn Gottes gefunden hatten, müssten sich erst beschneiden lassen und alle Gebote der Tora befolgen, bevor sie vollgültig Mitglieder der neuen christlichen Gemeinde werden könnten.
(Man merkt auch: im Blick waren vor allem die Männer als Zielgruppe der Verkündigung – gut, dass das heute anders ist.)
Paulus und Barnabas, die beiden Missionare, widersprachen diesem Standpunkt entschieden – sie waren der Meinung, dass Beschneidung und die Gesetze der Tora für die Christgläubigen keine solch weitreichende Bedeutung haben und man darum Christ:in werden kann, ohne zuvor zum Judentum zu konvertieren.
Samstag, 21. Mai 2022
Was braucht es zum Christsein? Predigt zu Apg 15 und Joh 14
Samstag, 7. Mai 2022
Eine wirklich gute Zukunft im Blick. Predigtgschnipsel zum Evangelium vom Guten Hirten
„Ihr wollt nicht?“ - „Dann machen wir es eben ohne euch!“
Die Dynamiken in der Lesung aus der Apostelgeschichte (Apg 13,43-52) zeigen ziemlich gut, wozu wir Menschen in Krisensituationen neigen: Wenn es Konflikte gibt, schlagen die emotionalen Wellen hoch und die Verständigung wird schwieriger. Es gibt Spaltung und Hetze gegen „die Anderen“, außerdem bestimmen Konkurrenz und Neid das Bild. Man hat sich nichts mehr zu sagen der Dialog wird beendet.
Wie traurig!
Und doch – manchmal geht es auch nicht anders.
Donnerstag, 21. April 2022
Achtsam für Wunden, nicht in sie verbohrt! Predigt zum Semesterstart
Als ich vor ziemlich genau 20 Jahren in Lwiw in der Ukraine einen Freiwilligendienst gemacht habe, bekam ich eine Menge Wunden zu sehen. Denn meine Aufgabe war damals, ehemalige Häftlinge der deutschen Konzentrationslager zu besuchen.
Manchmal waren die Begegnungen eher belanglos, manchmal schwierig (vor allem wegen meiner anfangs sehr geringen Sprachkenntnisse), manchmal auch erfrischend. Aber an irgendeinem Punkt kam die Rede fast immer auf die Verwundungen in ihren Leben.
Nicht immer, das muss ich betonen, waren es die Erfahrungen aus den Konzentrationslagern, die am meisten obenauf lagen und als am schlimmsten erinnert wurden. Manchmal waren es Erfahrungen mit Schikanen in der Sowjetunion, manchmal der Verlust eines Familienmitglieds in der jüngsten Zeit, manchmal die Einsamkeit, die aus der Tatsache folgte, dass der Sohn oder die Tochter zum Arbeiten nach Westeuropa gegangen waren.
Sonntag, 17. April 2022
Das Leben ist stärker als der Tod?! Ostern 2022
Das Leben ist stärker als der Tod.
Die Liebe ist stärker als der Hass.
Die Wahrheit ist stärker als die Lüge.
Der Frieden ist stärker als der Krieg.
Dieses Jahr kann ich das nicht überzeugt und fröhlich sagen, sondern angesichts des Krieges in der Ukraine nur in ohnmächtiger und banger Hoffnung.
Freitag, 15. April 2022
Karfreitag: Wissen sie, was sie tun? Von Opfern und Tätern
Nach der Farbattacke. Magistrale, Frankfurt (Oder), 2022. |
Denn Jesus hat sich auf die Seite all derer gestellt, die leiden müssen. Er hat selbst gelitten, hat ausgehalten und ist für viele Menschen der Leidende schlechthin geworden.
Heute schauen wir auf das Leiden der Menschen in Mariupol, in Kramatorsk, in Charkiw und an vielen anderen Orten in der Ukraine, aber auch auf der Flucht, in Polen, in Rumänien, in Deutschland. Manchmal können wir uns den vielen schrecklichen Bildern und Nachrichten nicht entziehen und es wird uns zu viel. Dann müssen wir auch wegschauen lernen und auf die schöneren Seiten der Welt sehen.
Samstag, 9. April 2022
Gesegnet, die da kommen im Namen des Herrn! Radiobeitrag an Palmsonntag
Ankunft am Bahnhof. Frankfurt (Oder), März 2022. |
So ähnlich werde ich
morgen früh um ca. 10 vor 10 im Radio auf rbb 88,8 zu hören sein:
Ich war in den letzten Wochen immer wieder auf unserem Bahnhof in Frankfurt / Oder. Dort sind seit den ersten Tagen des Krieges in der Ukraine täglich mehrere tausend Menschen durchgefahren.
Fast immer sind es Frauen mit ihren Kindern gewesen. Oftmals waren sie mehrere Tage im Zug unterwegs. Sie hatten wenig geschlafen und waren unruhig und ausgelaugt. Diejenigen, die ausstiegen, wollten oft einfach nicht mehr weiterfahren und suchten etwas Ruhe. Manchen war noch nicht einmal klar, dass sie nun in Deutschland waren.
Sonntag, 27. März 2022
Versöhnung braucht Umkehr, Zeit und Mut. Parabel vom verlorenen Sohn im Krieg.
Die Parabel vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32) handelt von Versöhnung.
Und jeder, der sie heute – in diesen Kriegstagen – liest oder im Gottesdienst hört, wird sich eventuell fragen, wie das denn aktuell gehen soll mit der Versöhnung zwischen den Kriegsparteien. Manche schieben den Ball zur Ukraine mit der mehr impliziten oder mehr expliziten Aufforderung, sich doch zu ergeben und die Kämpfe so zu beenden. Manche fordern weitere Zugeständnisse an Russland und kritisieren die Waffenlieferungen an die Ukraine als etwas, das mehr Öl ins Feuer gießen würde.
Und alles unter den Hoffnungsbegriffen von Frieden und Versöhnung.
Dienstag, 15. März 2022
Gäste aus der Ukraine. Ein kurzer Erlebnisbericht nach einer Woche
Am Bahnhof mit Sonderzug. Frankfurt/Oder, 2022. |
Am 08. März habe ich bei meinem ehrenamtlichen Einsatz auf dem Bahnhof eine Frau mit ihrem 17jährigen Sohn, die nicht weiterfahren wollten, eingeladen, vorerst bei uns zu bleiben. Und so sind wir nun zwei mehr in unserer Wohnung.
Sonntag, 6. März 2022
Was der Krieg anrichtet. Zwei Gedanken
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Warum habe ich eigentlich mal Ukrainisch gelernt?
Weil Nazi-Deutschland sechzig Jahre vor meinem Aufenthalt in der Ukraine (2001/2002) seinen Kriegszug auf die damalige Sowjetunion ausgeweitet hat und in seinem Kampf gegen slawische Ethnien und Juden eine Spur totaler Verwüstung hinterlassen hat.
Ohne dass der jetzige Ukrainekrieg im mindesten damit vergleichbar ist, wurde mir jedoch gerade noch einmal klar: Die Folgen jenes Krieges damals spürten und spüren die die Menschen mehr als ein halbes Jahrhundert später immer noch.
Dienstag, 1. März 2022
Aschermittwoch. Ohnmacht und Kraft angesichts des Krieges
Ich komme in diesen Tagen schwer zur Ruhe.
Das Leiden der Ukraine ist mir so nah, die Menschen tun mir so leid.
In den Nachrichten und auf Social Media höre und sehe ich sie in ihrer Verzweiflung, in ihrem Kampfgeist, in ihrer Angst, in ihrer Standhaftigkeit.
Fühle mich ihnen nah und fern zugleich.
Ich will die Dinge ändern und kann es nicht.
Ich will helfen und bin hilflos.
Ich will weinen und schreien vor Hilflosigkeit.
Donnerstag, 24. Februar 2022
Krieg in der Ukraine. Kurzes Statement
So ähnlich habe ich heute in Frankfurt (Oder) auf einer Kundgebung gesprochen, auf der Solidarität mit der Ukraine ausgedrückt werden sollte:
Es ist
für mich nur sehr schwer erträglich, was wir seit heute erleben.
Wie viele von euch macht es auch mich fassungslos, wütend,
traurig, dass nun tatsächlich Krieg in der ganzen Ukraine herrscht.
Sonntag, 20. Februar 2022
Die österreichische Sitzbank. Von Sinnsprüchen und Feindesliebe
Und an den Wanderwegen stehen viele Bänke, die (bei anderen Temperaturen) zum Verweilen einladen. Und das tun sie nicht gerade zurückhaltend, sondern mit flotten Sprüchen: „Schön, dass du da bist“ steht dort oder „Zeit zum Genießen“ oder auch „Schöne Aussicht“. Aber auch weniger sitzbezogene Sinnsprüche finden sich: „Let it be“ und „Vertraue dir“ oder „Tief durchatmen“ wird den Wanderern da geraten.
Samstag, 12. Februar 2022
Lobpreis und Weheruf. Für eine Kirche unter dem Anspruch des Evangeliums
Wenn man die Texte des Evangeliums (Lk 6,17.20-26) heute hört, sollte man meinen, die Kirche, die sich diese Texte zu eigen macht und sie regelmäßig liest und auslegt, stünde an der Seite der Armen und Benachteiligten, sie tröste Weinende und kümmere sich um die Ausgestoßenen.
Denn es sind Zusagen an jene, die arm, hungrig, traurig und ausgegrenzt sind. Und es sind Mahnungen an jene, die heute auf der Gewinnerseite sitzen.
Dienstag, 8. Februar 2022
Berührung von etwas ganz Anderem: „Überfluss“ von Wisława Szymborska
Wann eine wissenschaftliche Erkenntnis Bedeutung für uns gewinnt, kann vorher nicht immer mit Gewissheit gesagt werden. Bei der Entwicklung eines Impstoffs ist die Bedeutung leicht zu erkennen, bei der Entdeckung eines neuen Sterns eventuell etwas weniger leicht.
Auch unsere Emotionen werden unterschiedlich berührt. Ob wir bewegt werden, hängt auch von uns selbst ab.
Dies vorausgeschickt, möchte ich heute ein Gedicht der verehrten Wisława Szymborska vorstellen, das in seiner Lakonie gerade gut zu meiner Stimmung passt. Es umkreist die Wirkung, die die Entdeckung eines neuen Sterns hat, es fragt nach unserer Aufmerksamkeit, nach unserem Interesse, nach unserer Bereitschaft, eine Neuigkeit zu hören.
Samstag, 5. Februar 2022
Mich noch einmal auswerfen? Gedanke zum Evangelium Lk 5,1-11.
Petrus hatte doch schon guten Willen bewiesen.
Er hatte getan, was Fischer zu tun pflegen und war die Nacht über bis in den frühen Morgen unterwegs auf Fischfang gewesen.
Doch gefangen hatte er nichts.
Dann hört er, wahrscheinlich frustriert und müde, dem neuen Prediger zu und unterstützt ihn sogar, indem er ihn ein Stück weit auf den See fährt.
Schließlich hört er die Aufforderung, es nach der Enttäuschung der Nacht noch einmal zu versuchen.
Ähnlich fühle ich mich manchmal:
Habe als Katholik und kirchlicher Mitarbeiter viel guten Willen bewiesen.