Selten fiel es mir leichter, den Kern einer biblischen Aussage so passgenau auf eine konkrete heutige Situation zu beziehen.
Denn wenn Jesus im Sonntagsevangelium (Mk 12,28-34) die Forderung der Nächstenliebe ganz oben anbindet und als zweites Hauptgebot neben die Gottesliebe stellt, dann muss ich angesichts der neuerlich stark steigenden Infektionen mit Corona sofort daran denken, dass das Wohlergehen meiner Nächsten mir als Christen nicht egal sein darf. Der aktuell effektivste und (auch im Blick auf den Selbstschutz) sinnvollste Weg, dieses Wohlergehen in der aktuellen Pandemie zu schützen, ist, sich impfen zu lassen.
Sonntag, 31. Oktober 2021
Impfen ist Nächstenliebe – Ökumene ist Gottesliebe
Freitag, 29. Oktober 2021
Ich will meiner Sehnsucht folgen. Predigt am Anfang
„Ich
will meiner Sehnsucht folgen“ – so haben wir diesen Gottesdienst
überschrieben.
Doch
wem oder was folge ich eigentlich, wenn ich meiner Sehnsucht folge?
Ist das Thema nicht viel zu wenig religiös und dafür sehr
selbstbezogen und egoistisch? Und überhaupt – machen das nicht
sowieso alle, ihrer Sehnsucht folgen?
Andere meinen: Es ist dir doch gesagt, was du zu tun, zu denken und zu glauben hast! Die Bibel, die Kirche, die Tradition der spirituellen Meister nehmen dich an die Hand. Deine Sehnsucht kannst du stecken lassen, denn der Weg ist bereits gebahnt! Geh ihn und alles wird gut.
Samstag, 23. Oktober 2021
Neue Energie zum neuen Sehen. Predigt zu Bartimäus (Mk 10,46-52)
Es ist ein wunderbares Beispiel, das uns da im Evangelium (Mk 10,46-52) vorgestellt wird – der blinde Bartimäus entwickelt ungeahnte Kräfte, als er merkt, dass Jesus vorbekommt.
Dazu drei Anstöße von mir:
Samstag, 16. Oktober 2021
„Bei euch aber soll es nicht so sein“ - Zwischen Lachen und Weinen.
Es fällt schwer, beim Evangelium des Sonntags (Mk 10,35-45) nicht bitter aufzulachen, wennJesus den beiden machthungrigen Jüngern Jakobus und Johannes entgegnet: Wenn es um Macht geht, wisst ihr, dass es überall mit Hauen und Stechen abläuft - „bei euch aber soll es nicht so sein“ (v43).
Samstag, 9. Oktober 2021
Auf der Spur des Vertrauens. Zum Unterschied zwischen Christ:innen und Nichtchrist:innen
Ich bin in der Regel bemüht, die Gemeinsamkeiten von Christ:innen und Nichtchrist:innen herauszustellen und die christliche Botschaft so zu formulieren, dass sie möglichst leicht annehmbar ist.
Aber das heutige Evangelium (vgl. Mk 10,17-30) ist für mich ein Beispiel dafür, wie der kleine aber feine Unterschied aussehen kann.
Sonntag, 3. Oktober 2021
Ein Leib sein. Über Ehe und Christsein
Aus zwei mach eins!
Was auch gut für eine Rede zum Tag der deutschen Einheit taugen würde (Einen schönen Festtag auf diesem Wege!), ist im Evangelium des Sonntags (Mk 10,2-10) auf die Ehe gemünzt.
Also: Was für eine Herausforderung!
Jesus macht aus der Ehe eine echte menschliche Verwandlung. Denn aus den beiden Liebenden, die jeweils in sich "ein Fleisch" sind, wird nun zusammen "ein Fleisch" (v8). Und dies sagt er in einem Kontext, in dem es um die Ehescheidung geht – als Anfrage der Pharisäer, die von Jesus eine Aussage dazu haben wollen.Sonntag, 19. September 2021
Gott liebt biographische Brüche. Zwei Notizen zum Sonntagsevangelium
Ich habe nun meine neue Stelle angefangen. Damit geht einher, dass ich mich seit drei Wochen immer wieder vorstellen muss. Jedes Mal frage ich mich im Hinterkopf, wie sehr ich mich selbst in ein gutes Licht rücken will und welche Aspekte meiner Biographie ich dafür stark mache. Und natürlich überlege ich auch ab und zu, ob ich strategisch zurückhaltend sein will, natürlich in der (mindestens halbbewussten) Hoffnung, dass jemand mehr wissen möchte und nachfragt.
Damit tappe auch ich in die Falle der Jünger des heutigen Evangeliums, die sich streiten, wer von ihnen der Größte sei und denen von Jesus entgegengehalten wird, dass die Ersten die Letzten sein werden (Mk 9,30-37).
Sonntag, 5. September 2021
Wodurch wird geheilt? Drei Thesen zum Sonntagsevangelium
Was heilt einen Menschen eigentlich wirklich?
Der personalistische Existenzialist in mir antwortet ganz fromm und allgemein: Begegnung und Zuwendung. Und das mag auch sein. Aber wenn wir auf das heutige Evangelium von der Heilung eines Taubstummen schauen (Mk 7,31-37), wird diese Antwort aufgesplittert in einzelne Elemente.
Montag, 30. August 2021
Rückblick vor dem letzten Tag im Gefängnis
Morgen ist mein letzter Tag im Gefängnis. Ich werde meinen Schlüsselchip abgeben und meinen Dienstausweis. Vorher warten noch ein paar Gespräche und Begegnungen. Dann war es das erst einmal für mich mit der Gefängnisseelsorge.
Und ich kann nur wiederholen, was ich in den letzten fünf Jahren oft genug mündlich betont habe: Es ist der schönste Arbeitsplatz, den ich bisher hatte.
Sonntag, 22. August 2021
Harte Worte und Worte zum Leben. Predigt zum Abschied aus der JVA
Wie es der Zufall will, ist es eine Abschiedsrede, die wir da im heutigen Evangelium (Joh 6,60-69) hören. Nach einer anstrengenden und langen Rede haben einige von denen, die Jesus nachgegangen sind, keine Lust mehr, bei ihm zu sein, denn es war ihnen einfach zu viel, was er da von sich sagte. Jesus seinerseits gibt ihnen noch einige grundsätzliche Dinge mit auf den Weg.
Meine heutige Situation hier vor Ihnen
ist ganz verschieden von dieser Situation der Jünger – ich gehe
nicht, weil mir das alles zu viel ist und ich will auch nicht noch
ein Bekenntnis aus ihnen herauskitzeln, wie Petrus es dann abliefert.
Aber auch ich möchte noch ein paar Dinge sagen, die mir wichtig
sind. Dabei lasse ich mich anstiften von dem, was wir gerade gehört
haben.
„Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören?“ (v60)
Im Gefängnis ist vieles nur schwer zu ertragen – manche Mitgefangenen, manche SozialarbeiterInnen, manche Bedienstete, manche Angehörige – aber allzu oft auch das ganze System Knast. Vorzeitiger Einschluss, nicht besetzte Zahlstelle, kein Besuch, schon wieder warten usw. Wer kann das ertragen?
Und dann auch noch die Seelsorger. Sprechen von Gott, wo doch so viele andere wichtigere Sachen anstehen – eine Überweisung, ein Telefonat, ein Päckchen Tabak oder eine VPK.
Samstag, 14. August 2021
"...aus demselben Stoff gemacht wie wir...". Elena Ferrante an Mariä Himmelfahrt gelesen
Elena Greco, die Ich-Erzählerin von
Elena Ferrantes vierbändiger Reihe "Meine geniale Freundin"
(im deutschen etwas pathetisch Neapolitanische Saga genannt), hat es
geschafft.
Die junge Frau, die aus einfachsten,
nahezu analphabetischen Verhältnissen eines Ghettos (Rione) in
Neapel kommt, hat am Ende des zweiten Bandes "Die Geschichte
eines neuen Namens" nicht nur die Grundschule und das
Gymnasium, sondern auch noch ein Studium hervorragend abgeschlossen.
Und doch merkt sie, dass ihr etwas fehlt, das alle ihre
Mitstudentinnen und -studenten zu haben scheinen. Denn "eigentlich",
sagt sie von sich, "blieb ich eine kulturell angepasste
Dilettantin, ich besaß keine Rüstung, in der ich ruhig
voranschreiten konnte, wie sie es taten."1
Sonntag, 1. August 2021
Ausbruch aus dem Ärger. Bemerkung zur Lesung aus dem Buch Exodus.
Die Dynamik ist allseits bekannt - einer macht einen Fehler, der andere haut drauf, dann wird der Erste bockig und es gibt noch mehr Ärger - und so geht es in einem Teufelskreis immer weiter bergab. So beschreibt beispielsweise Psalm 106 die Geschichte Israels mit Gott.
Freitag, 30. Juli 2021
Nachreifen. Ignatius als Prophet Jona
Gottes Ruf ereilt nicht alle Gerufenen freiwillig.
Ein besonders prominentes Beispiel ist der biblische Prophet Jona, der sogar versucht, vor Gottes Auftrag zu fliehen. Denn die Aussicht, sich mit einer strengen göttlichen Botschaft in Ninive unbeliebt zu machen, beflügelte ihn nicht gerade und er floh. Doch Gott fand einen Weg, um Jona umzustimmen - das ist die bekannte Geschichte des vom Schiff geworfenen, im Meer versinkenden und vom Fisch verschluckten Propheten. So rettete Gott Jona und dieser machte sich auf den Weg nach Ninive und begann erfolgreich zur Umkehr aufzurufen.
Sonntag, 25. Juli 2021
Das nicht selbstverständliche Wunder. Gedanke zum Evangelium (Joh 6,1-15)
Mich hat dieser Satz beschäftigt, weil mir nicht unmittelbar eingängig war, warum er nach der Wundergeschichte noch im Evangelium steht. Natürlich soll das Ergebnis des Sammelns, bei dem viel übrig blieb, darauf hinweisen, wie groß das Wunder war. Aber warum der Nachsatz, warum sollte nichts verderben?
Samstag, 17. Juli 2021
Vom Ruhen und Aufbrechen, von Orientierung und Sorge. Predigt im Gefängnis
Vorbemerkung: So erschreckend ich die katastrophalen Bilder und Berichte aus den aktuell überfluteten Gebieten Deutschlands finde, so wenig halte ich sie für relevant in der Realität des Lebens in einem Berliner Gefängnis, weshalb ich dieses Thema nicht in der Predigt, sondern nur in den Fürbitten thematisiert habe.
Heute möchte ich auf drei unterschiedliche Perspektiven hinweisen, die uns im Evangelium des Sonntags (Mk 6,30-34) etwas sagen können: Da sind einmal die Jünger, da sind die Leute, die Jesus suchen und da ist Jesus selbst.