"Man kann nicht erkennen, wer
die Leute sind, wenn man von der Landschaft absieht."
Dies sei, so äußerte Yasmina Reza im Interview mit dem SPIEGEL, der
Satz, auf den sie in ihrem letzten Roman "Babylon"
besonders stolz ist.
Am 9. November lässt sich viel von der
Landschaft der Deutschen erkennen. Hier spiegelt sich die geistige
Umgebung, in der wichtige Momente deutscher Gemütslagen aufbewahrt
sind.
Einer dieser Momente ist der 9.
November 1938, als in der Reichspogromnacht die Läden vieler
jüdischer Unternehmer und Handwerker zerstört wurden, viele
Synagogen angezündet und verwüstet und viele jüdische Deutsche ins
KZ Sachsenhausen verschleppt wurden. Es war der symbolische Auftakt
der kommenden Greuel bis nach Auschwitz, an die wir heute mit Scham und Ekel denken.
Ein anderer Moment ist mit dem 9.
November 1989 die unverhofft-erhoffte Öffnung der Grenzen in Berlin
und der ganzen DDR, nachdem monatelang demonstriert, diskutiert und
gebetet wurde. Die Mauer war zum Einsturz gebracht worden, die
Freiheit war zum Greifen nah.