Wie die Begriffe sich doch wandeln!
Während die Himmelfahrt Christi noch eine theologisch vollkommen positiv besetzte
Begrifflichkeit ist (wenn die Jünger auch zunächst allein
zurückgelassen werden), so meint das „Himmelfahrtskommando“, wie man es vorwiegend
aus Kriegs- und Actionfilmen kennt, nicht Rettung durch die Rückkehr zum
Ursprung, sondern ein nahezu aussichtsloses Unterfangen, in das die
Protagonisten, meist Soldaten oder Söldner, ohne große Hoffnung auf
Rückkehr geschickt werden.
Himmelfahrt ist damit Synonym für „quasi tot“ geworden.
Mittwoch, 9. Mai 2018
Dienstag, 8. Mai 2018
"Niemals im Leben vergessen". Heinrich Bölls Kriegsende
Im Mai 1945 muss es wieder sehr kalt
gewesen sein.
Noch am 01. Mai notiert Heinrich Böll
in seinem Tagebuch "Schnee-Morast"1
für sein Kriegsgefangenenlager in Attichy nordöstlich von Paris.
Dementsprechend fühlt sich der spätere
Literat auch: "Kälte, Schmutz Elend, Hunger und Jammer,
Jammer!"2
sind die Stichworte während dieser Zeit, die er wie alles in seinen
Tagebüchern in äußerst knappen Worten festhält. Diese
Schlaglichter beschreiben nichts, sie deuten nur auf das, was die
hauptsächlichen Emfindungen gewesen sein müssen. Besonders der
Hunger zieht sich seitenlang als immer wiederkehrende Notiz über die
Seiten jener Wochen.
Unordnung und Dreck. Müllrose, 2017. |
Samstag, 5. Mai 2018
Biblische Mathematik: Demut + Offenheit = Liebe
Die Lesungen des Sonntags sind mal
wieder besonders reich an wundervollen Texten, die noch dazu eine
aussagekräftige Gleichung des Christlichen ergeben.
1. "Auch ich bin nur
ein Mensch" (Apg 10,26)
Die Lesungen aus der Apostelgeschichte
erzählen in der Osterzeit von den ersten Gemeinden und reflektieren
die Verkündigung der Apostel. Im heutigen Abschnitt kommt Petrus
nach Caesarea und der römische Hauptmann Cornelius fällt ihm zu
Füßen.
Petrus antwortet ihm daraufhin: "Steh
auf! Auch ich bin nur ein Mensch."
Der Moment größter religiöser Macht
ist auch ein Moment größter Versuchung. Wie leicht könnte Petrus
sich jetzt, wie er es im Beisein Jesu ja mehrfach tat, groß
aufspielen und zeigen, was für ein toller Kerl er ist, wie
glaubensstark und nah beim Herrn.
Nichts dergleichen tut er hier.
Stattdessen macht er den Unterschied zwischen Mensch und Gott groß
und zeigt sich demütig.
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Freitag, 4. Mai 2018
"Nihil esse respondendum". Kommunionempfang und Ambiguitätstoleranz
Das Buch der Stunde stammt von dem
Islamwissenschaftler Thomas Bauer.
Jedenfalls liefert es
entscheidende Hinweise für das Verstehen der Vorgänge um die
Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz zum Kommunionempfang für
nichtkatholische Ehepartner in einer gemischtkonfessionellen Ehe.
Kurz zur Vorgeschichte: Im Februar
hatten die Deutschen Bischöfe ein Dokument erarbeitet, in dem die
Möglichkeit zur Spendung der Kommunion in diesem Kontext eröffnet
wurde. Einige Bischöfe (unter ihnen Rainer Maria Woelki, Rudolf
Voderholzer, Stefan Oster) wandten sich, unzufrieden mit der
Entscheidung der Mehrheit der DBK und in Angst um "Glaube und Einheit der Kirche", an den Vatikan und baten um Klärung,
ob eine solche Entscheidung überhaupt in der Kompetenz einer
Bischofskonferenz liege.
Samstag, 28. April 2018
"feeling so connected" – Die Bildrede vom Weinstock (Joh 15)
Es gibt einen Song
von Peter Gabriel, "More than this", in dem eine Art
mystischer Begegnung besungen wird. Ein Mann erwacht in der Frühe,
geht aus dem Haus und läuft so lange er kann. Dann sieht er Bewegung
in der Luft. Und da steht er, alles, was er hatte, ist fort und sogar
noch mehr, dann steht er still und spürt, fühlt sich verbunden.
...there is something else
there
when all that you had has all gone
and more than this
i stand
feeling so connected
and i'm all there
right next to you ...
when all that you had has all gone
and more than this
i stand
feeling so connected
and i'm all there
right next to you ...
(Peter Gabriel, More than this)1
Ich kenne die Religiosität von Peter
Gabriel nicht, aber das Gefühl, nicht allein zu sein und sich mit
etwas oder jemandem Größeres verbunden zu fühlen, ist eine
urreligiöse innere Bewegung.
Freitag, 27. April 2018
Gottes Nachbarn und unsere Nachbarn. Anstöße von Petrus Canisius und Papst Franziskus
Es gab Zeiten in der Kirchengeschichte,
da wurde der Heilige Petrus Canisius, Tagesheiliger und Apostel
Deutschlands, stärker verehrt.
Bei einem Blick, den ich auf der Suche
nach Anregungen gestern in seinen Katechismus und seine Briefe warf,
verstand ich auch, warum das so ist. Denn da ist viel von Abtötung
und Gehorsam, Selbstverleugnung und den Demut zu lesen. So viel, dass
selbst ich nichts so ansprechend fand, dass ich es gern hier
präsentiert hätte.
Nur an einer Formulierung blieb ich
hängen: In seinem Katechismus erklärt Canisius auch die Zehn Gebote
und beim Ersten Gebot widmet er sich neben dem Gebot der
Alleinverehrung Gottes auch der Frage, ob es sich gehöre, die
Heiligen zu ehren. In klassischer Unterscheidung antwortet er: "Ja,
aber nicht auf die Weise, wie es uns befohlen ist, Gott zu ehren,
anzubeten und anzurufen", vielmehr würden die Heiligen als
"auserwählte Freunde und Nachbarn Gottes"
angerufen.1
Mittwoch, 25. April 2018
Kreuze für Bayern und Kippa für alle. Zwei religiöse Symbole im öffentlichen Raum
In zwei ganz unterschiedlichen
Kontexten sind religiöse Symbole in den letzten Tagen wieder
Gegenstand gesellschaftlicher Debatten geworden. Zum einen die
Attacke auf einen kippatragenden Israeli im Prenzlauer Berg in Berlin
durch einen Palästinenser, zum anderen durch die Anordnung, dass in
bayerischen Behörden demnächst verbindlich Kreuze hängen sollen.
Einmal geht es um die privaten Ausdruck
der persönlichen Religiosität, eine Einzelperson nimmt also ihr
Recht auf freie Religionsausübung in Anspruch1
und wird deshalb angegriffen; einmal geht es um die Geste eines sich
religiös-weltanschaulich neutral definierenden Staates, der sich
augenscheinlich in einer religiösen Tradition verorten will.
Samstag, 21. April 2018
"Ich habe noch andere Schafe" – Jesus Christus als Hirte aller Religionen?
Ein Satz im heutigen Sonntagsevangelium
(Joh 10,11-18) macht mir regelmäßig zu schaffen. Nachdem Jesus sich
als guter Hirte eingeführt hat, sagt er:
"Ich habe noch andere Schafe,
die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen, und sie
werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und
einen Hirten." (v16)
Wenn alle Christen Jesus als ihren
Hirten ansehen und als seine Herde von ihm zu Gott geführt werden
wollen, dann kann es sich bei denen, die als "andere Schafe,
die nicht aus diesem Stall sind" bezeichnet werden, nicht um
Christen handeln.
Es scheint mir also die Frage nach
Jesus und seinem Verhältnis zu den Anhängern anderen Religionen zu
sein, die in oben genanntem Satz auftaucht (jedenfalls möchte ich
ihn hier einmal so lesen). Unzählige Schriften sind zu dieser
Problematik verfasst worden, das Problem wurde von den
verschiedensten Seiten gewälzt.1
Hier nur ein paar Gedanken dazu:
Mittwoch, 18. April 2018
Neues von Tieren und Menschen und Gott. Texte von J.M. Coetzee und Monika Maron
Menschen und Tiere haben mehr
gemeinsam, als viele von uns, besonders von uns Fleischessern,
wahrhaben wollen.
Zugleich sind sie nach christlicher
Überlieferung stark voneinander unterschieden, ist der Mensch
bestimmt, über das Reich der Tiere und Pflanzen zu herrschen (vgl.
Gen 1,26.28).
Diese beiden Meinungen müssen sich
nicht ausschließen. Aber Menschen, die eine dieser Meinungen
vertreten, neigen dazu, die Unhaltbarkeit der je anderen Meinung zu
betonen. Oder sie wenigstens nicht mehr hören zu müssen.
Hinter diesen Meinungen verbirgt sich
auch die umfassendere Frage nach der Stellung des Menschen in der
Welt, nach seiner Würde und seiner Aufgabe.
Zwei aktuelle Romane bieten für beide
Meinungen prägnante Texte an.
Samstag, 14. April 2018
Kein Tropfen darf zu Boden fallen! Hilde Domin und die Auferstehungsbotschaft
Was ist von uns Christen verlangt?
Dass wir von unserer Hoffnung
auf die Auferstehung sprechen, die aus dem Zeugnis der Apostel von der
Auferweckung Jesu folgt.
In den Evangelien nach Ostern
jedenfalls geht es dauernd darum. Das heutige Sonntagsevangelium (Lk 24,34-48)
handelt von einer Erscheinung des Auferstandenen vor seinen
zweifelnden Jüngern und endet mit dem Satz: "Ihr seid Zeugen
dafür." (v48)
Leider ist die Auferstehungshoffnung
nicht unter allen heutigen Christen angekommen, und nicht überall wird sie bezeugt, aber ohne sie ist kein
Christsein.
Beim Lesen eines Gedichtes habe ich
mich an die Aufforderung zum Zeugnis erinnert.
Donnerstag, 12. April 2018
Kriegsgefahr – Und ein Satz von Monika Maron
Überall wird davon gesprochen, dass
die USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump demnächst in einen
Krieg stolpern würde. Erst die Kriegsrhetorik gegenüber Nordkorea,
dann die Provokationen in Richtung des Iran wegen des angeblich
unzureichenden Atomabkommens und nun die Ankündigung eines Angriffs
gegen das syrische Regime mit seinem Unterstützer Russland.
Wenngleich ich die ständigen Drohungen
und Kraftmeiereien unsäglich finde, sehe ich doch auch, dass die
Möglichkeiten völkerrechtlicher Beschlussfassungen auf dem Boden
der UN augenscheinlich an ein Ende kommen.
Die vielgenannte "responsibility
to protect" wirkt wie ein großer Luftballon, aus dem
immerzu Luft abgelassen wird bis nichts mehr übrig bleibt.
Freitag, 6. April 2018
Die Trauerarbeit des Apostels Thomas
Ich stelle mir den Apostel Thomas als
einen Menschen vor, der gut zu trauern gelernt hat.
Denn den anderen Jüngern ließe sich ohne Weiteres unterstellen, sie hätten mit dem Verlust ihres Meisters nicht fertig werden können und befänden sie sich in den Tagen nach Ostern im Zustand des Nicht-wahrhaben-Wollens. So nennt die Psychotherapeutin Verena Kast die Phase des Trauerprozesses direkt im Anschluss an den Tod eines geliebten Menschen.1
Mit dem Tod Jesu, so könnte den
Jüngern unterstellt werden, vermögen sie sich nicht abzufinden,
weshalb sie Jesu erneute Gegenwart imaginierten.
Die Gestalt des Thomas widerspricht einer solchen Deutung der Auferstehungsbotschaft.
Die Gestalt des Thomas widerspricht einer solchen Deutung der Auferstehungsbotschaft.
Mittwoch, 4. April 2018
Peinlicher Osterglaube oder: "ein verwandeltes Weinen"
Wie sie sich geschämt haben müssen!
Weggelaufen waren sie, hatten sich
verkrochen und waren tagelang nicht mehr aufgetaucht, um auch ja
nicht mit ihm in Verbindung gebracht zu werden, hatten abgestritten,
mit ihm unterwegs gewesen zu sein und bisweilen sogar geleugnet, ihn
überhaupt zu kennen.
Und nun steht er da, mitten unter
ihnen, als Lebendiger!
Grüßt sie, wünscht ihnen Frieden!
Wie peinlich!
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Dienstag, 3. April 2018
Sonntag, 1. April 2018
Ostern: Happy End? Nein: Happy Start!
Mit Ostern geht Jesu Geschichte auf
Erden zu Ende. Aber es ist kein Happy End!
Wo ein Film nach dem glücklichen Ende
abblendet und uns in die wohlige Gewissheit entlässt, dass nun alles
gut und gesichert ist, da ist Ostern erst der eigentliche Beginn von
allem.
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