Martin Mosebachs Roman
erzählt die Geschichte einer überstürzten Flucht. Der
Bankangestellte Patrick Elff ist voller Angst vor den juristischen
Folgen seiner Finanzgeschäfte aus dem Fenster des Polizeipräsidiums
gesprungen, hat das nächstbeste Flugzeug genommen und ist nach
Marokko geflogen.
Samstag, 1. Dezember 2018
Donnerstag, 29. November 2018
"Ankunftszeit" – Blog-Adventskalender in diesem Jahr
Dass „Advent“ auf
Deutsch „Ankunft“ heißt, hat sich an vielen Stellen
herumgesprochen.
Der ganze Advent feiert
Gottes Ankunft und bereitet zugleich vor auf sie.
Darum lautet das Thema des
Adventskalenders auf meinem Blog in diesem Jahr „Ankunftszeit“.
Wie schon im letzten Jahr
wird an jedem Tag ein kurzer Impuls zu diesem Thema veröffentlicht,
in diesem Jahr steht jedes Mal ein Ausschnitt aus einem (mehr oder
weniger) aktuellen Roman im Zentrum.
Die Palette ist breit
gefächert:
Wie sieht es aus, wenn
einer ankommt? Was geschieht mit dem, der kommt? Was mit denen, bei
denen er ankommt? Was geschah vorher?
Mal liegt der Fokus auf
dem Weg und seiner Beschwerlichkeit vor der Ankunft, mal beim
Ankommen selbst. Mal liegt er auf den Gefühlen, der Vorfreude oder
der Furcht. Mal geht es um die Person, die ankommt, mal um die
Personen, bei denen jemand ankommt.
Sonntag, 25. November 2018
Machtlos glücklich und trotzdem DIE Zukunft. Christkönigspredigt
0. Überblick über
Thema und Lesungen
Als Pius XI. das heutige
Fest einführte, war die Monarchie in den meisten Ländern Europas
schon Geschichte. Sieben Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs, 1925,
stellte dieser Papst zum Jubiläum eines der wichtigsten Konzilien
der Antike (1600 Jahre Konzil von Nizäa) Jesus Christus als König
in den Mittelpunkt.1
Königswürde für den Gottessohn, das scheint sehr einleuchtend zu
sein.
Aber die dazu passenden
biblischen Lesungen weisen in sehr verschiedene Richtungen und sind
alles andere als klar.
Samstag, 24. November 2018
„Pamiętaj o mnie!“ Radio-Worte auf den Weg
In dieser Woche bin ich von Montag
bis Samstag jeweils dreimal mit kurzen spirituellen Beiträgen aus
dem Gefängnisalltag im Radio zu hören: 5.50 Uhr auf Radio Berlin
88.8; 6:45 Uhr auf Kulturradio; 9:12 Uhr auf Antenne Brandenburg.
Hier die
(ungefähr so vorgetragene) Textfassung von heute:
Das Gefängnis Plötzensee, in dem ich
als Seelsorger arbeite, hat verschiedene Hafthäuser, die durch eine
mehrfach unterteilte große Grünfläche miteinander verbunden sind.
Man kann sich also auch über weite Entfernungen sehen. Aber nicht
immer kann man auch zueinander kommen. So werden wichtige Nachrichten
gern mal über den Hof geschrien, natürlich in verschiedenen
Sprachen.
Freitag, 23. November 2018
High five! Radio-Worte auf den Weg
In dieser Woche bin ich von Montag
bis Samstag jeweils dreimal mit kurzen spirituellen Beiträgen aus
dem Gefängnisalltag im Radio zu hören: 5.50 Uhr auf Radio Berlin
88.8; 6:45 Uhr auf Kulturradio; 9:12 Uhr auf Antenne Brandenburg.
Hier die
(ungefähr so vorgetragene) Textfassung von heute:
In Berliner Gefängnissen sitzen
Menschen aus sehr vielen Nationen und mit den unterschiedlichsten
Muttersprachen. Viele der Inhaftierten nichtdeutscher Herkunft können
sich durch ihren Alltag in der Haft inzwischen ganz gut auf Deutsch
ausdrücken.
Aber nicht alles möchte man
auch in einer fremden Sprache sagen.
Für sehr persönliche oder gar peinliche Sachen verwenden viele Menschen gern die Sprache ihrer Herkunft, eben ihre eigene Sprache.
Für sehr persönliche oder gar peinliche Sachen verwenden viele Menschen gern die Sprache ihrer Herkunft, eben ihre eigene Sprache.
Donnerstag, 22. November 2018
Auf Seiten der Täter. Radio-Worte auf den Weg
In dieser Woche bin ich von Montag
bis Samstag jeweils dreimal mit kurzen spirituellen Beiträgen aus
dem Gefängnisalltag im Radio zu hören: 5.50 Uhr auf Radio Berlin
88.8; 6:45 Uhr auf Kulturradio; 9:12 Uhr auf Antenne Brandenburg.
Hier die (ungefähr so vorgetragene)
Textfassung von heute:
Manchmal komme ich mit meiner Arbeit
als Gefängnisseelsorger an die Sympathie-Grenze. Denn zu meiner
Aufgabe gehört es, Mitgefühl für Menschen aufzubringen, die
bisweilen Furchtbares getan haben. Das gelingt mir mal mehr, mal
weniger.
Vor einiger Zeit beispielsweise traf
ich einen Mann, der mir nach einer Reihe von Gesprächen eröffnet
hat, dass er wegen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in
Haft ist. Da er auf mich zuvor einen sehr freundlichen und
sympathischen Eindruck machte, war ich einigermaßen geschockt.
Mittwoch, 21. November 2018
„Sie verurteilen mich nicht!“ Radio-Worte auf den Weg
In dieser Woche bin ich von Montag
bis Samstag jeweils dreimal mit kurzen spirituellen Beiträgen aus
dem Gefängnisalltag im Radio zu hören: 5.50 Uhr auf Radio Berlin
88.8; 6:45 Uhr auf Kulturradio; 9:12 Uhr auf Antenne Brandenburg.
Hier die (ungefähr so vorgetragene)
Textfassung von heute:
Als Gefängnisseelsorger bin ich
während der Aufschlusszeiten oft auf den langen Gängen der
Hafthäuser unterwegs. Da ergeben sich manchmal gute Gespräche mit
Leuten, die nicht von sich aus in den Gottesdienst kommen. Die lockere Atmosphäre auf dem Gang
gibt uns Gelegenheit, ganz frei zu plaudern und uns über dies und
das auszutauschen.
Besonders eindrücklich ist mir eine
Begegnung mit einem muslimischen Inhaftierten im Gedächtnis
geblieben. Er interessierte sich sehr dafür, was ich als Seelsorger
mache. Ich erklärte, dass ich in erster Linie aufmerksam zuhöre und
versuche, das Problem meines Gegenübers gut zu verstehen. Dann könne
ich gemeinsam mit ihm herausfinden, was für ihn hilfreich wäre. Als
er das hörte, fragte er, ob auch er einmal zum Gespräch kommen
kann.
Dienstag, 20. November 2018
„Ich kann doch nix machen!“ Radio-Worte auf den Weg
In dieser Woche bin ich von Montag
bis Samstag jeweils dreimal mit kurzen spirituellen Beiträgen aus
dem Gefängnisalltag im Radio zu hören: 5.50 Uhr auf Radio Berlin
88.8; 6:45 Uhr auf Kulturradio; 9:12 Uhr auf Antenne Brandenburg.
Hier die (ungefähr so vorgetragene)
Textfassung von heute:
Vor mir sitzt ein völlig
verunsicherter Mann in meinem Alter. Er trägt Krankenhauskleidung
und hat einen riesigen Verband am Kopf. In seinem Leben ist vieles
schief gelaufen, von Drogensucht über den Verlust der Familie bis zu
Obdachlosigkeit und Kleinkriminalität.
In meinen Gesprächen als Seelsorger im
Haftkrankenhaus habe ich es häufig mit solchen vielfach gebrochenen
Lebensgeschichten zu tun. In den meisten Fällen weiß ich auch keine
Antwort auf die hilflosen Fragen meines Gegenübers. Im Gespräch
versuchen wir zusammen herauszufinden, wie es weitergehen könnte.
Montag, 19. November 2018
Verwaist. Radio-Worte auf den Weg
In dieser Woche bin ich von Montag bis Samstag jeweils dreimal mit kurzen
spirituellen Beiträgen aus dem Gefängnisalltag im Radio zu hören:
5.50 Uhr auf Radio Berlin 88.8; 6:45 Uhr auf Kulturradio; 9:12 Uhr auf
Antenne Brandenburg.
Hier die (ungefähr so vorgetragene) Textfassung von heute:
Wer eine Haft antreten muss, wird zu
einem gewissen Grad zu einem Waisen, einem Einsamen. Und er
hinterlässt Waisen in seinem persönlichen Umfeld außerhalb des
Gefängnisses.[1]
Kinder verlieren ihre Väter,
Schwestern ihre Brüder und Eltern ihre Söhne. Sie verschwinden
zeitweise aus dem Leben ihrer Angehörigen. Denn zum Aufenthalt in
einer Haftanstalt gehört naturgemäß die starke Einschränkung des
Kontakts mit Familie, Bekannten und Freunden.
Samstag, 17. November 2018
Aufmerksam und erschüttert. Predigt über Apokalypse, Zeitzeichen und Missbrauch
Eigentlich finde ich
es ein wenig lästig, dass wir jährlich diese apokalyptischen Texte
(Mk
13,24-32) hören müssen, weil sich das Kirchenjahr dem Ende
neigt und vor dem Advent diese Texte vorgesehen sind.
Aber ich will versuchen,
aus diesen Texten das Beste für uns zu machen und ein paar Gedanken
darlegen.
1. Blick auf einen
schwierigen Text
Zunächst ist
festzustellen, dass die Rede ist von einer Menge sichtbarer Zeichen –
vor allem die natürliche Ordnung am Himmel scheint durcheinander zu
geraten. Es geht um Sonnen- und Mondfinsternis, Kometenhagel und eine
allgemeine Erschütterung aller Himmelskräfte.
Der Evangelist macht also
einen riesigen Horizont auf und nimmt eine globale Perspektive ein,
die an den Blick von Alexander Gerst aus der ISS erinnern, einen
Blick, den wir mit den technischen und medialen Mitteln unserer Tage
problemlos erreichen. Und wenn wir die Welt in diesem Jahr wahrnehmen
– beispielsweise die Überflutungen in Indien, den
Jahrhundertsommer mit seiner extremen Trockenheit, aktuell die
Waldbrände in Kalifornien oder auch die menschengemachten
Katastrophen wie den Krieg im Jemen oder die Flüchtlinge im
Mittelmeer – dann sehen auch wir Erschütterungen in großer Zahl.
Freitag, 16. November 2018
Unechte Sicherheiten. Gianna Molinaris "Hier ist noch alles möglich"
Wie gut passt dieses Buch
doch in unsere Zeit!
Allerorten versucht man,
Dinge festzuzurren und greifbar zu machen, nationale und begriffliche
Grenzen zu schließen, Fakten justiziabel zu formulieren und auf
diesen Wegen die allerorten aufkommenden Ängste zu bändigen. Dabei
benötigen wir doch gerade in unserer hochkomplexen Welt die
Fähigkeit, nicht alles sofort einzutüten und wegzustecken, sondern
Fragen auch mal offenzuhalten und die Unklarheit des Lebens
auszuhalten.
Ich glaube, genau darum
geht es in Gianna Molinaris Debütroman mit dem sprechenden Titel
"Hier ist noch alles möglich".1
Die junge Frau, welche die
Geschichte erzählt, beginnt gerade einen neuen Job als
Nachtwächterin in einer Kartonfabrik. Obwohl die Fabrik bald
schließen wird, soll noch ein angeblich auf dem Gelände
aufgetauchter Wolf gefangen werden. Für den gibt es allerdings keine
Beweise außer einer angeblichen Sichtung und sonst nur sehr
spärliche Hinweise. Der Roman umkreist die Arbeit vor den Monitoren
und an den Löchern des Zaunes, die Umgebung des Fabrikgeländes mit
einem nahegelegenen Flughafen und erlaubt sich von Zeit zu Zeit kurze
Abstecher auf ferne Inseln.
Samstag, 10. November 2018
Soldaten zu Bischöfen!? St. Martin und das Ende des Ersten Weltkriegs
Ein Gedanke zum
gemeinsamen Feiertag von Weltkriegsende, in Frankreich derzeit mit
großem Aufwand gefeiert, und dem Gedenken des Tagesheiligen Martin
von Tours:
Das große Sterben auf den
Schlachtfeldern und die inneren Verletzungen der heimgekehrten
Soldaten prägen meinen Blick auf den Ersten Weltkrieg. Die
überlebenden "Kriegszitterer" entsprachen nicht dem damals
vorherrschenden Bild des heroischen Kämpfers, der ausgezogen war, um
seiner Nation auf dem Schlachtfeld Ehre zu erringen.
Für die Deutschen war es
zudem die Heimkehr in eine völlig neu entstehende politische
Ordnung. "Mit Gott für Kaiser und Reich" (so ein
Filmtitel von 1916) waren sie ausgezogen – zurück kamen sie im
Gefühl, von Gott verlassen zu sein und Kaiser und Reich verloren zu
haben. Bodenlos.
Stabilität und Fliehkräfte. Neukölln, Berlin, 2018. |
Wie geordnet wirkt auf
mich dagegen die Welt der ausgehenden Antike:
Martin quittierte im
römischen Heer seinen Dienst, weil das christliche Bekenntnis und
der Kriegsdienst nicht zusammengingen.
Sein Werdegang vom
Soldaten zum Bischof entwickelte sich der Legende nach zwar entgegen
seinem Willen, aber es war ein Weg hinein in kirchliche Verantwortung
als christliche Aufgabe.
Martin ist von seinen
Kriegszügen in ein Leben der inneren Stabilität hineingegangen.
Klare mentale Verhältnisse in seinem klaren Einstehen für den
christlichen Glauben stelle ich mir vor, auch wenn die Kirche seiner
Zeit ebenfalls durch umwälzende Krisen und Konflikte ging.
Für die Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg wiederum ist bekannt, dass die christlichen Kirchen
als stabilisierende Faktoren das Leben der einzelnen Gläubigen
prägten, die nach dem Krieg Halt suchten. Eine Hinwendung zur
Religion scheint nach den Schrecken eines Krieges psychologisch also
durchaus nachvollziehbar.
Vielleicht findet sich
hier die passendste Parallele zwischen Weltkriegsende und dem
Heiligen Martin:
Im Krieg wird das ganze
menschliche Welterleben erschüttert. Christsein kann ein möglicher
Weg sein, dies zu verarbeiten. Dafür ist Martin ein prominentes
Beispiel. Für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg allerdings muss man
konstatieren, dass viele Menschen zunehmend die Nation für den
richtigen Weg hielten, mit den Herausforderungen der Zeit umzugehen.
Der Verfasser der
Biographie des Heiligen Martin, Sulpicius Severus, stellt uns das
Auftreten Martins vor dem Kaiser unter dem Stichwort des Dienstes
vor: "Bis heute habe ich dir gedient, Herr, jetzt will ich
meinem Gott dienen und den Schwachen. Ich will nicht mehr länger
kämpfen und töten. Hiermit gebe ich dir mein Schwert zurück."
Die Sehnsucht nach Frieden trieb ihn zu Gott und die Sehnsucht nach Gott trieb ihn zum Frieden.
Kritischer Nachsatz:
Ich frage mich (gänzlich unhistorisch), warum dieser fromme Christ
Martin unbedingt ein kirchliches Leitungsamt erhalten musste.
Verdammter Klerikalismus! Weshalb diese Fixierung auf den Bischof?
Hätte das Zeugnis eines Getauften, das Leben eines "einfachen"
Eremiten (der er zeitweise war) nicht eine besondere, andere
Strahlkraft entwickeln können?
Ich ärgere mich, dass
Martin sich nicht heftiger gegen seine Inthronisierung zur Wehr
gesetzt hat, um mit seinem Leben als christlicher Laie zu zeigen, wie
lebendiges Christsein aussehen kann.
Allerdings ... (und nun
folgen alle legitimen historischen und theologischen Gegengründe,
die ich hier tunlichst nicht aufführe)
Donnerstag, 8. November 2018
"Es sind zu viele Juden im Zug" – Gedanken zum 9. November
"Es sind zu viele Juden im Zug,
dachte Silbermann."1
Das sagt kein Antisemit, sondern die
Hauptperson in Ulrich A. Boschwitz' wiederentdeckten und in diesem
Jahr erstmals herausgegebenen Roman "Der Reisende".
Silbermann, wohlhabender Unternehmer im Deutschland der 1930er Jahre
ist selbst Jude und, wie der Titel verrät, auf Reisen. Dies ist er
jedoch nicht zum Vergnügen, sondern Silbermann befindet sich auf der
Flucht. Er ist in den Strudel der nationalsozialistischen
Machtdemonstrationen und Ausschreitungen jener Jahre geraten und sieht
sein gesamtes bisheriges Leben zerstört.
Vom ehemaligen Geschäftspartner wurde
er über den Tisch gezogen, SA-Schlägertrupps haben seine Wohnung
verwüstet, seine Frau ist zu ihrem Bruder geflohen, der ihn selbst
jedoch nicht beherbergen will und vor lauter Angst, irgendwo
dauerhaft zu bleiben, reist der zunehmend gestresste und paranoide
Silbermann immer wieder quer durch Deutschland.
Samstag, 3. November 2018
"Ich wollte dir nur mal eben sagen..." – Dreimal Liebe im Lied
Zum Evangelium des Sonntags (Mk
12,28b-34), das von Gottes- und Nächstenliebe handelt, kamen mir
drei Lieder in den Sinn.
Mehr als nur "Ein
Kompliment" machen die Musiker von Sportfreunde
Stiller mit ihrem Liebeslied indem sie im Song
einfach Vergleich an Vergleich reihen:
Donnerstag, 1. November 2018
Allerheiligen: Hochfest der Vielfalt
Der Gedanke kann kurz und bündig
formuliert werden:
"Each saint was holy in his or
her unique way, revealing how God celebrates individuality."1
So verschieden die Menschen, so
verschieden auch die Heiligen.
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