Es
geht um eine Zufallsbekanntschaft in der Berliner polnischen
Community: Aus dem Gespräch über die Umbauplanung in der Wohnung
des Ich-Erzählers entwickeln sich regelmäßige Besuche bei einer
alternden Architektin. Sie erzählt von ihrem Leben, ihren
Überzeugungen und auch von ihrer Ehe:
Sonntag, 15. Dezember 2019
Samstag, 14. Dezember 2019
Geliebt 14 – Kissen in "All das zu verlieren" von Leila Slimani
Die Nymphomanin hat eine Familie. Der
Zwiespalt zwischen ihrer sexuellen Obsession und dem Kind, um das sie
sich kümmern muss, zeigt sich in ihrer emotionalen Gespaltenheit bei
der Pflege des Säuglings. Diese Gespaltenheit kann man auch
nachvollziehen, ohne nymphoman zu sein:
Freitag, 13. Dezember 2019
Geliebt 13 – Tolpatsch in "Der Widersacher" von Emmanuel Carrère
Jean-Claude Romand scheint ein
durchschnittlicher Franzose mit einem durchschnittlichen Leben und
einem guten Job zu sein. Eines Tages aber ermordet er erst seine Frau
und seine beiden Kinder, zündet anschließend sein Haus an, tötet
dann seine Eltern und versucht am Ende sich selbst das Leben zu
nehmen. Emmanuel Carrère hat seine Geschichte recherchiert und in
seinem Buch "Der Widersacher" zu sich selbst ins
Verhältnis gesetzt. Hier erzählt er vom frühen
Familienglück:
Donnerstag, 12. Dezember 2019
Geliebt 12 – Anwaltspost in "Ein Post Scriptum" von Mascha Kaléko
Die große Dichterin Mascha Kaléko ist
1938 auf der Flucht vor den Schikanen der Nazis in die USA emigriert.
Wie so viele deutsche Exilanten, die zuvor von der Sprache lebten,
hat sie unter großen Problemen versucht, sich ein neues Leben
aufzubauen.
Nach dem Krieg konnte sie zwar wieder
ungehindert in Deutschland publizieren, kehrte aber nur zu Lesereisen
und Besuchen in ihre alte Heimat zurück.
Hier ein Zitat-Gedicht von ihr:
Mittwoch, 11. Dezember 2019
Geliebt 11 – Familienfoto in "Die 21" von Martin Mosebach
Der IS ermordete 2015 in Libyen 21
Männer, die fast alle der koptischen Kirche angehörten. Dort werden
sie inzwischen als Märtyrer verehrt. Martin Mosebach reiste nach
Ägypten und besuchte viele Personen, die mit den diesen Märtyrern
zu tun hatten.
Unter anderem trifft er auf die Witwen,
die von ihren gestorbenen Männern erzählen:
Dienstag, 10. Dezember 2019
Geliebt 10 – Bett in "GRM. Brainfuck" von Sibylle Berg
Ich muss gleich zu Beginn betonen, dass
dies eins der wenigen Bücher ist, das ich aus Überzeugung nicht bis
zu Ende gelesen, sondern fortgelegt habe, weil es mich von Inhalt und
Stil angewidert hat. Die hier zitierte Stelle ist auch nicht ganz
typisch, da sie einigermaßen positiv klingt und nicht den Sound des
Buches wiedergibt (die Auslassung in der Mitte wäre eher dazu
geeignet – in der Leseprobe
kann man die komplette Stelle und den Kontext erlesen). Gerade
deshalb sei sie aber hier aufgenommen.
Sibylle Berg imaginiert eine
untergehende Welt voller sozialer, ökomomischer und politischer
Abgründe. Einige Jugendliche finden sich zusammen, um gemeinsam zu
überleben.
Hier wird eine von ihnen vorgestellt:
Montag, 9. Dezember 2019
Geliebt 9 – Psalmen in "Geronimo" von Leon De Winter
Die Geschichte der
Ermordung Osama bin Ladens wird bei Leon De Winter eingebettet in
einen größeren Rahmen, der teils Drama, teils Thriller, teils
Sozialstudie und teils Liebesgeschichte ist. Nachdem die Amerikaner
ihr Werk im pakistanischen Abbottabad vollbracht haben, spinnt der
Autor die Geschichte weiter, in der es um ein gerettetes muslimisches
Mädchen im Haus pakistanischer Christen geht:
Sonntag, 8. Dezember 2019
Geliebt 8 – Augen in "Gleichgewicht" von Hilde Domin
Hilde Domins Gedichte haben eine
Fragilität, die vielleicht aus ihren Flucht- und Exilerfahrungen
herrührt. Sie kennt den Verlust und zeichnet ihn mit ihrer Sprache
nach. Trotzdem wohnt ihren Gedichten ein tiefes Vertrauen inne,
besonders dann, wenn es um Liebe geht:
Samstag, 7. Dezember 2019
Wolf und Lamm und Axt und Feuer. Eine Predigt am 2. Advent
Die Vielfalt der biblischen Visionen
ist immer wieder erstaunlich.
Johannes der Täufer zerstört im
Evangelium (Mt 3,1-12) die adventliche Besinnlichkeit durch seine
drastische Sprache, wenn er ankündigt: "jeder Baum, der
keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer
geworfen" (v10).
Kurz davor aber haben wir gerade in der
Lesung (Jes 11,1-10) gehört, wie der Prophet Jesaja eine göttliche
Friedenszeit erhofft: "Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der
Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen"
(v6).
Wie passt die Friedfertigkeit, die
Jesaja verheißt, zu der Aggressivität des Johannes?
Verkündet der alttestamentliche
Prophet einen anderen Gott oder eine andere Version von Gottes
Herrschaft als der Vorläufer Jesu?
Geliebt 7 – Blumen in "Die Nickel Boys" von Colson Whitehead
In
seinem Roman "Die
Nickel Boys"
seziert Colson Whitehead die Wunden, die staatliche
Besserungsanstalten in den 1960er Jahren jungen Männer in den USA
gerissen haben. Seine Darstellung einer rigorosen und von
willkürlicher Gängelung geprägten Gefängniswelt ist emotional
sehr aufrüttelnd.
Einer
der Protagonisten wird viele Jahre später beschrieben, wie er immer
noch dabei ist, normale menschliche Verhaltensweisen auszuloten.
Elwood
wartet auf der Straße auf seine Frau, um mit ihr Essen zu gehen.
Freitag, 6. Dezember 2019
Geliebt 6 – Schokolade in "Internat" von Serhij Zhadan
Pascha soll seinen Neffen im
kriegsgeschüttelten Donbass aus dem Internat holen. Es ist eine
Odyssee durch Trümmerlandschaften und über trostlose Felder, mal zu
Fuß, mal im Auto, fast immer im Dunkeln. Auf dem Rückweg finden sie
einen hartgesottenen Fahrer, der sie eine gefährliche Strecke fast
bis ans Ziel fährt. Harsch und einsilbig ist der Kontakt mit ihm.
Kurz vor dem Aussteigen aus dem Auto
will Pascha sich bedanken:
Donnerstag, 5. Dezember 2019
Geliebt 5 – Kofferherz in "Was dann nachher so schön fliegt" von Hilmar Klute
Literatur und
Sprache stehen im Zentrum von Hilmar Klutes Roman. Der junge Autor
Volker Winterberg aus der westdeutschen Provinz wird ins wilde Berlin
eingeladen, um einige seiner Gedichte vorzustellen. Dabei lernt er
Katja kennen, eine Mitarbeiterin des Literatentreffens.
Ihre Beziehung
bleibt zweideutig zwischen Liebe und Erotik, wie der folgende
Abschnitt nach der ersten sexuellen Annäherung verdeutlicht:
Mittwoch, 4. Dezember 2019
Waffen weg und losgehen - Jesaja-Predigt im Advent
1.
Advent ist ein Sich-auf-den-Weg-machen.
So hören wir es in der Lesung aus dem Buch Jesaja (Jes 2,1-5) - „Viele Nationen machen sich auf den Weg" (v3), es wird darum gebeten, dass Gott seine Wege zeigt (ebd.), Jesaja fordert auf, die eigenen Wege im „Licht des Herrn" (v5) zu gehen.
Der Advent ist der Weg in Richtung auf ein großes Ziel. Hier in Haft ist Ihr Ziel, das eigene Leben draußen wieder leben zu können. Der Advent gibt uns einen Hinweis, wie das aussehen kann: Adventlich gestimmte Menschen warten darauf, dass etwas Neues geboren wird.
Der Weg besteht darin, abwarten zu können, bis dieses Neue ankommt.
Denn Advent heißt: nicht alles kommt sofort.
Advent ist ein Sich-auf-den-Weg-machen.
So hören wir es in der Lesung aus dem Buch Jesaja (Jes 2,1-5) - „Viele Nationen machen sich auf den Weg" (v3), es wird darum gebeten, dass Gott seine Wege zeigt (ebd.), Jesaja fordert auf, die eigenen Wege im „Licht des Herrn" (v5) zu gehen.
Der Advent ist der Weg in Richtung auf ein großes Ziel. Hier in Haft ist Ihr Ziel, das eigene Leben draußen wieder leben zu können. Der Advent gibt uns einen Hinweis, wie das aussehen kann: Adventlich gestimmte Menschen warten darauf, dass etwas Neues geboren wird.
Der Weg besteht darin, abwarten zu können, bis dieses Neue ankommt.
Denn Advent heißt: nicht alles kommt sofort.
Geliebt 4 – Knie in "Das Elend und die Welt" von Wolfgang Herrndorf
Die aus dem Nachlass herausgegebenem
Schriften von Wolfgang Herrndorf sind sehr verschieden. Es eint sie
ihre Kürze und der autortypische Ton, der von lakonisch bis zynisch,
von traurig bis herzerwärmend reicht, in nahezu jedem Fall einmal
(auch) zum Lächeln herausfordert.
So wie in diesem Liebesgedicht:
Dienstag, 3. Dezember 2019
Geliebt 3 – Tischplatte in "Lincoln im Bardo" von George Saunders
Die Verstorbenen
kommunizieren die ganze Zeit. Sie plaudern miteinander, sie
beschimpfen sich gegenseitig, sie reden vor sich hin.
In George Saunders
hochgelobtem Roman "Lincoln im Bardo" wird eine
Zwischenwelt beleuchtet, in der die unerlösten Toten ständig damit
beschäftigt sind, nicht das offensichtliche Gestorbensein zur
Kenntnis zu nehmen. Doch auch diejenigen, die zugeben, tot zu sein,
beziehen sich ständig rechtfertigend auf ihr Vorleben.
So wie in dieser
(gekürzten) Aufzählung:
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