Die Nymphomanin hat eine Familie. Der
Zwiespalt zwischen ihrer sexuellen Obsession und dem Kind, um das sie
sich kümmern muss, zeigt sich in ihrer emotionalen Gespaltenheit bei
der Pflege des Säuglings. Diese Gespaltenheit kann man auch
nachvollziehen, ohne nymphoman zu sein:
Graffito, Berlin, 2012. |
"Lucien wurde geboren. Sie fing
bald wieder zu rauchen an. Und fast sofort mit dem Trinken. Das Kind
durchkreuzte ihren Hang zur Bequemlichkeit. Zum ersten Mal im Leben
sah sie sich gezwungen, sich um jemand anders als sich selbst zu
kümmern. Sie liebte dieses Kind. Sie brachte dem Säugling eine
körperliche, intensive und trotz allem unzureichende Liebe entgegen.
Die Tage zu Hause erschienen ihr endlos. Manchmal ließ sie den
Kleinen in seinem Zimmer weinen, legte sich ein Kissen auf den Kopf
und versuchte zu schlafen. Sie schluchzte vor dem mit Brei
verschmierten Hochstuhl, dem traurigen Baby, das nicht essen wollte.
Sie drückt ihn nur zu gerne nackt
an sich, bevor sie ihn in die Badewanne setzt. Sie liebt es, ihn zu
wiegen und zuzusehen, wie er, trunken von ihrer Zärtlichkeit, in den
Schlaf sinkt. Seit er das Gitterbettchen gegen ein Kinderbett
eingetauscht hat, schläft sie bei ihm. Sie verlässt lautlos das
Ehebett und schlüpft zu ihrem Sohn unter die Decke, der sie brummend
empfängt."1
Fragen an den Text:
Zeigt sich in der Art der Liebe, die
diese junge Mutter ihrem kleinen Kind zeigt, das, was sie eigentlich
selbst ersehnt? Wie geht es ihr? Vergisst sie das, was das Baby
wirklich braucht oder ist es die ganz normale Überforderung?
Welche Art von Liebe braucht so ein
kleiner Mensch?
Impuls:
Welche Art von Liebe brauche ich? Und
bekomme ich sie in ausreichendem Maße? Bin ich der Meinung, dass
Gottes Liebe mir das gibt, was ich brauche?
Ich bringe diese Fragen und meine
Gedanken dazu vor Gott.
1 L.
Slimani, All das zu verlieren. München 2019, 36.
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