Freitag, 20. Dezember 2019

Ich kann es nicht mehr abwarten. Ein Radiobeitrag zum Ende des Advents

So ähnlich bin ich am Sonntag, 22.12., gegen 10 vor 10 Uhr auf Radio rbb 88,8 zu hören:


Das Ende des Advents ist wirklich eine Herausforderung für mich.
Kurz vor Weihnachten immer noch auszuhalten, dass das richtige Fest erst noch kommt, das strapaziert meine Geduld schon sehr.
Wenn ich mich umschaue, sehe ich, dass mir das Warten auch nicht leicht gemacht wird. Die aktuellen Adventskalender werden immer größer und bestehen aus thematischen Geschenkesammlungen vor dem Fest, zu dem es dann noch einmal viele Geschenke gibt.
Geschenke als Vorbereitung auf Geschenke? – Ehrlich gesagt erschließt sich mir der Sinn solcher Adventskalender nicht, außer dass auf diese Weise noch mehr gekauft und konsumiert wird.

Die machens richtig!?
Charlottenburg, Berlin, 2015.
Ich habe den Eindruck: Die Zeit vor Weihnachten als Zeit der Vorfreude und des Wartens gibt es eigentlich nicht mehr. Schokolade, Glühwein und Geschenke sind schon den ganzen Advent über gegenwärtig. Ich muss gar nicht mehr abwarten können.

Den Rest des Jahres über muss ich das ja auch nicht: Ich kann sofort bestellen, wenn mir eine Hose besonders gut gefällt. Ich kann sofort checken, was meine Freunde so machen, wenn ich in meine sozialen Netzwerke schaue. Ich kann sofort nachprüfen, ob etwas richtig oder falsch ist.
Ich kann sofort die Musik von der Weihnachtsfeier auf mein Telefon laden. Und so weiter.

Das Gegenbild dazu besteht in der Geduld, mit der das jüdische Volk auf seinen Messias wartet, seit er in den Schriften des Alten Testaments angekündigt wurde. Das finde ich beeindruckend. Auch Christen versuchen während des Advents in diese Übung von Geduld hineinzugelangen.
Denn obwohl Jesus schon vor über 2000 Jahren geboren wurde, gehört das geduldige Warten zu jeder Vorbereitung des Festes seiner Geburt.
Wenn wir genauer hinschauen, können wir in dieser Art der Vorbereitung zwei Weisheiten zum Wert des Wartenkönnens erkennen, die auch jenseits von Weihnachten eine Rolle spielen.

Zum einen zeigt sich darin: Nicht alles kommt sofort. Nicht alles liegt nur einen Klick entfernt, wie es uns die digitalen Marktplätze manchmal vorgaukeln. An den Paketboten, den Mittlern zwischen der Welt des Internets und unserem Alltag, lässt sich das besonders gut sehen – mit viel Arbeit auf ihrer Seite und oftmals viel Ärger auf Seite der Paketempfänger müssen all die Bestellungen und Retouren hin- und hergeschleppt werden.
Manche Sachen brauchen eben ihre Zeit. Das gilt besonders für unsere mentale Vorbereitung auf das große Fest. Denn es soll uns ja in ein paar Tagen nicht noch mehr Stress, sondern Liebe und Entspannung bringen. Darauf müssen wir uns auch innerlich vorbereiten.
Wenn aber alle Freude schon im Advent genossen wird, hat die Vorfreude keinen Platz mehr.

Zum anderen können wir durch die Übung des Abwartens lernen: Das Beste kommt erst noch!
Ein Spiel, die ich mir wünsche, schnell und preiswert auf Ebay zu ersteigern, ist eine Sache. Eine andere Sache ist, es ein paar Tage später an Weihnachten überraschend geschenkt zu bekommen. Dann ist die Freude ungleich größer.
In der Bibel können wir mehrfach lesen, dass Menschen lange warten mussten, damit sie zum Beispiel das lang ersehnte Kind in Armen halten konnten.
Aber das, was sie nach der Zeit des Abwartens bekamen, war ihnen dann um so kostbarer. Ihr Warten hatte sich gelohnt.

Ich wünsche Ihnen in diesen letzten Tagen vor die nötige Geduld zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Und einen schönen Vierten Advent.

Nur Geduld!?
Flughafengebäude Tempelhof, Berlin, 2018.

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