Die Geschichte der
Ermordung Osama bin Ladens wird bei Leon De Winter eingebettet in
einen größeren Rahmen, der teils Drama, teils Thriller, teils
Sozialstudie und teils Liebesgeschichte ist. Nachdem die Amerikaner
ihr Werk im pakistanischen Abbottabad vollbracht haben, spinnt der
Autor die Geschichte weiter, in der es um ein gerettetes muslimisches
Mädchen im Haus pakistanischer Christen geht:
Graffito, Berlin, 2012. |
"Inzwischen war Apana seit drei
Monaten in dem Zimmer gegenüber dem seinen. Sie konnte sich jetzt
mit seiner Mutter zusammen in ihrem Badezimmer waschen, sie konnte
hinter den schützende Mauern durch den Garten spazieren, sie konnte
mit ihm Videos angucken, sie hatte eine Familie.
Sie war keine Christin und betete
fünfmal am Tag auf dem kleinen Teppich in ihrem Zimmer. Aber
trotzdem ging sie sonntags mit zur Kirche. Dann wartete sie draußen
und schlüpfte nach drinnen, wenn niemand sie sehen konnte.
[...] Nach einigen Malen summte sie
in der Kirche die Psalmen mit. Und nach zwei Monaten sprach sie mit
ihnen zusammen das Dankgebet vor dem Essen, stellte aber auch den
Kreislauf ihrer islamischen Gebete nicht ein. War sie zusätzlich
Christin geworden? Vielleicht ist sie jetzt beides, Christin und
Muslima, dachte Jabbar."1
Gedanke zum Text:
Dies ist der Text in meinem
Adventskalender, der am wenigsten eindeutig von Liebe handelt. In der
Geschichte von Jabbar und Apana hätten sich eindeutigere Stellen
gefunden.
Aber ich finde spannend, unter welchen
Umständen die Muslima Apana anfängt, mit den Christen die Psalmen
zu beten und in die Kirche zu gehen. An einer Stelle wird angedeutet,
dass sie sich dem leidenden Jesus nahe fühlte. War es diese gefühlte
Wesensverwandtschaft? Oder war es, weil sie sich von Mutter und Sohn
geliebt fühlte? War es "bloß" aus Dankbarkeit?
Ich gehe davon aus, dass sie es tat,
weil sie die Liebe der beiden spürte und sich in diese Liebe
einschwang.
Impuls:
Heute schaue ich, wo ich geliebt werde
und wie ich tiefer hineinwachsen kann in diese Liebe. Ich bitte Gott
um ein offenes Herz, das sich lieben lässt und um den Glauben, dass
scheinbar Unvereinbares vereint werden kann.
1 L.
De Winter, Geronimo. Zürich 2016, 282f
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