Die aus dem Nachlass herausgegebenem
Schriften von Wolfgang Herrndorf sind sehr verschieden. Es eint sie
ihre Kürze und der autortypische Ton, der von lakonisch bis zynisch,
von traurig bis herzerwärmend reicht, in nahezu jedem Fall einmal
(auch) zum Lächeln herausfordert.
Seit mir dein Mund gefällt,
Weiß ich und geh zugrund,
Das Elend und die Welt
Sind unzertrennlich, und
Von Gram und Wodka pur
Bis unter Haut und Hemd
Und wider die Natur
Zerfressen und getrennt,
Auf Knien bitt ich dich,
Erbarm dich endlich mein -
Du bist die Welt für mich,
Lass mich dein Elend sein.1
Eindruck des Textes:
Möchte ich so geliebt werden? Ich weiß
nicht...
Die um Erbarmen flehende unglückliche
Liebe kann einen großen Schmerz bedeuten – und zwar nicht nur für
den Liebenden, sondern auch für die solchermaßen umworbene Person.
Geliebt zu werden ist dann wirklich anstrengend.
Impuls:
Heute schaue ich auf Gottes Liebe zu
mir, die er besonders durch seine Menschwerdung zeigt. Finde ich das
(zu) anstrengend? Erhöre ich ihn? Zeige ich ihm die kalte Schulter?
Oder lasse ich mich lieben?
1 W.
Herrndorf, Stimmen. Texte, die bleiben sollten. Berlin 2018, 162.
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