Meine Gedanken zum Emmaus-Evangelium
(Lk 24,13-35) habe ich beim heutigen Gottesdienst in drei
persönlichen Fragen formuliert:
Montag, 17. April 2017
Samstag, 15. April 2017
Ostersonntag: Andeutungen lesen – Begegnung erleben – leibhaftig werden
"Und wie gehts weiter?"
Meine Tochter fragt das an manchen
Tagen nach jeder gelesenen Seite im Buch. Manchmal ist das etwas
anstrengend – aber genauso ist das Leben ja: es geht immer weiter.
Nur am Karfreitag schien es anders. Es
schien, als wäre die kurze glanzvolle Geschichte Jesu zu Ende. Da
zieht er knapp drei Jahre durch Galiläa und predigt und heilt und
beruft Jünger und setzt Zeichen von Gottes Liebe. Und was hat er
davon?
Er wird umgebracht. Jesus stirbt.
Allein.
1 Rückblick in Liebe –
Andeutungen wahrnehmen
Doch schon in der Passionserzählung
häufen sich die Hinweise, wie es weitergeht.
Donnerstag, 13. April 2017
Karfreitag – Das Gebrochensein liegt der Kirche in den Genen
Vorbemerkung: In diesem Jahr darf
ich zu den Hohen Tagen dreimal im Gefängnis Gottesdienste feiern und
predigen, darum nutzen die Texte bisweilen die Form der Anrede und
beziehen sich dabei immer wieder auf das Leben im Gefängnis. Dennoch
wird nicht alles genauso gesagt werden, manche Dinge stehen hier nur,
damit ich sie im Hinterkopf habe, wenn ich mich auf das freie
Sprechen vorbereite.
Am Karfreitag erinnern wir uns an den
gewaltsamen Tod des Jesus aus Nazareth vor knapp 2000 Jahren.
Natürlich erinnern wir uns deshalb an ihn, weil wir als Christen der
Meinung sind, dass sein Tod damals etwas mit uns zu tun hat. Aber was
genau sollte uns dieser Tod angehen – und was kann er uns sagen,
selbst wenn wir nicht die frömmsten Christen wären?
Ich möchte mit drei Gedanken
versuchen, auf diese Frage einzugehen.
Samstag, 8. April 2017
Palmsonntag im Radio – Auf- und Abstieg des Königs
In diesem Jahr komme ich aus
verschiedenen Gründen nicht so viel zum Füttern des Blogs.
Dafür habe ich vor ein paar Tagen an
einem Radiobeitrag meiner geschätzten Kollegin Hildegard Stumm
mitgewirkt, der am Morgen des Palmsonntags um 7:05 Uhr auf
Deutschlandradio Kultur zu hören ist.
Der Link zur Sendung findet sich hier.
Im Folgenden einige Ausschnitte mit (leicht um mündliche Unschärfen bereinigten) Zitaten von mir in der Sendung:
Im Folgenden einige Ausschnitte mit (leicht um mündliche Unschärfen bereinigten) Zitaten von mir in der Sendung:
Samstag, 1. April 2017
"Soviel Licht gibt es nicht auf der Welt" – Peter Høeg und Lazarus
In seinem Roman "Der Plan von
der Abschaffung des Dunkels" erkundet Peter Høeg die
Auswirkungen der brutalen Erziehungswelt in einer dänischen
Internatsschule auf das Leben der Heranwachsenden.
Das gesellschaftlich-pädagogische
Ideal der Integration von leistungsschwachen, sozial auffälligen und
straffällig gewordenen Schülern in eine Schule "für alle"
wird konterkariert von der abgrundtiefen Isolation, in die die auf
Angst gegründete übergriffige Pädagogik diese Kinder treibt. Das
Buch bedient sich dabei regelmäßig der Bilder von Licht und Dunkel,
Innen und Außen – und der Grenze, auf der sich der Ich-Erzähler
Peter dabei sieht.
Dienstag, 28. März 2017
Säge oder Brot - Wie teilen richtig geht.
Kreuz, Säge, Brot. Grünheide, 2017. |
Da ist einmal Jesus, der durch das gemeinsame Mahl Gemeinschaft mit den Sündern herstellt.
Symbolisch dafür - das Brot, das geteilt wird und auf diese Weise eine Verbindung zwischen den Teilnehmern des Mahles schafft.
Auf der anderen Seite die Pharisäer mit ihrem Wunsch nach rdentlicher Einhaltung der Grenzen und ihrem Ärger über den offensichtlich viel zu weitherzigen Jesus.
Symbolisch dafür - die Säge, die ebenfalls teilt, auf diese Weise aber Trennung bewirkt.
Sonntag, 26. März 2017
"Weil er so geboren wurde" – Geschaffen für das Licht.
Es fiel mir erst auf, als ich das
Evangelium (Joh 9,1-41) heute im Gemeindegottesdienst hörte. Gelesen
hatte ich den Lesungstext mehrmals, ohne dass es zündete, aber beim
Hören kam mir dann ein Gedanke.
Die Rede vom dem Mann, den Jesus von
seiner Blindheit heilte, wird regelmäßig begleitet von dem Hinweis,
dass er "von Geburt an" (v1.19.20 u.ö.) blind war.
Vieles dreht sich bei dem Konflikt mit den Pharisäern
dementsprechend darum, ob es ein wirkliches Wunder war, das Jesus an
einem Blindgeborenen vollbrachte, oder ob ein Irrtum vorliegt (v9),
oder ob es sich um eine böse Täuschung seitens der Jesusanhänger
handelt, bei dem ein kurze Zeit "Erblindeter" nun zum
Schein geheilt sei.
Das Evangelium spielt mit der
Doppelbedeutung des "Sehens" als physisches Sehenkönnen
und als meta-physisches Erkennen. Im Hintergrund stehen nämlich,
typisch für Johannes, die theologischen Fragen, was sehen und Jesus
als den Messias zu erkennen eigentlich heißt und was es (in
johanneischer Sicht: für die Juden) bedeutet, diesen Jesus, der das
"Licht der Welt" (v5) ist, abzulehnen.
Mittwoch, 22. März 2017
Kreuzwegbetrachtung - Was macht es mit mir, wenn jemand meinetwegen freiwillig leidet?
Im Gefängnis habe ich heute eine
Passionsandacht zu dem nebenstehenden Bild angeboten.
Jesus trägt das schwere Kreuz. Schattenbild, 2015. |
Meine Ausgangsfrage war die im Titel
genannte, die sich natürlich vor allem an den Leidensweg Jesu
anschloss: Was macht es mit mir, wenn jemand meinetwegen freiwillig
leidet?
Aus der Lebenssituation der Anwesenden
heraus kommt der Impuls:
Dass durch die Inhaftierten andere
Menschen leiden mussten, die das gerade nicht wollten, ist in
vielen Fällen sehr eingängig.
Dass aber jemand freiwillig
um meinetwillen leidet, scheint zunächst nicht ganz so klar. Aber
natürlich gibt es eine Menge Partner, Verwandter oder Freunde, denen
es unter Umständen schlecht geht und die leiden, weil jemand nicht
da ist und im Gefängnis sitzt.
Schon das macht viele der Inhaftierten
unglücklich, wenn sie sich vorstellen, dass sie daran mitschuldig
sind.
Das freiwillige Dranbleiben und
Investieren von Herzblut seitens derer, die eigentlich nicht bestraft
werden sollen, diese Zugewandtheit und Liebe, aus der dann oftmals
viel Leid entsteht, ist vielleicht auch eine Weise, wie wir uns Jesus
und seinem freiwilligen Leiden für uns nähern können.
Samstag, 18. März 2017
Die Grenzen und die tiefe Sehnsucht. Über Jesu Gespräch mit der Samariterin (Joh 4)
Das Gespräch am Jakobsbrunnen aus dem
Evangelium des Sonntags (Joh 4,5-42) hat exemplarischen Charakter.
Der Evangelist Johannes stellt anhand der Begegnung Jesu mit der
Samariterin heraus, dass Menschen mit einer existenziellen Frage oder
einer tiefen Sehnsucht im Herzen bei Jesus Gottes Heil und ein Leben
in Fülle finden können.
Im Verlauf des Gesprächs erkennt die
Frau Jesus in immer tieferem Maße – zunächst ist ihr nur klar,
dass er als „Jude“ auf sie zutritt (v9). Nach einigen
Sätzen fragt sie sich (und ihn) schon, ob er denn größer als ihr
gemeinsamer Vorvater Josef sei (v12) und kommt zum Schluss, dass er
ein „Prophet“ sein müsse (v19). Als er dann von der Zeit
spricht, in der Gott unabhängig von einzelnen Anbetungsorten und
-formen zu finden sei, erwähnt sie den verheißenen „Messias“
– als der er sich ihr sogleich zu erkennen gibt (v25.26). Das alles
führt schließlich zum Bekenntnis der ganzen Stadt zu Jesus als dem
„Retter der Welt“ (v42).
Montag, 13. März 2017
Dornbusch und Dornenkrone
Wie wurde Gott erlebbar für
diejenigen, die die Bibel schrieben? Konkret: wie erfuhr das Volk
Israel in den Höhen und Tiefen seiner Geschichte, in Aufstieg und
Fall, dass Gott ihm nahe ist?
Es gibt zwei Richtungen, die ich
beispielhaft benennen möchte: Gott und seine Führung werden
greifbar sowohl in der Einnahme Jerichos, und damit in einer Episode
militärischer Größe als auch im Verlust des Landes und dem Elend
des Babylonischen Exils. Beide Erfahrungen deutet die Bibel als
Zeichen und Eingreifen Gottes. Nicht nur Spitzenerfahrungen zeigen,
dass Gott da ist, sondern auch Niederlagen.
Dienstag, 7. März 2017
"Brüder, die auf verschiedenen Wegen gehen" Jehuda Bacon und der jüdisch-christliche Dialog
Die derzeit stattfindende „Woche der Brüderlichkeit“,
die die Beziehung zwischen Juden und Christen stärken und vertiefen
soll, rutscht bei mir meistens unter die Wahrnehmungsgrenze.
Dabei ist der Dialog zwischen Juden und
Christen genauso nötig wie die theologische und lebenspraktische
Auseinandersetzung mit dem Islam.
Deshalb sei an dieser Stelle ein Zeuge
vorgestellt.
Er bietet eine weniger von
theologischen und aktuellen religionsdialogischen Diskursen
aufgeladene Perspektive, sondern schöpft aus seiner Lebenserfahrung
und persönlichen religiösen Reflexionen, die von dieser Erfahrung
gesättigt und von jüdisch-rabbinischem Geist gefüllt sind.
Mittwoch, 1. März 2017
Zollstock - Schlüssel - Herz. Drei Symbole für Aschermittwoch
Am Aschermittwoch stellt sich die Frage
nach dem, was die Fastenzeit in diesem Jahr für mich bedeuten soll.
Traditionell steht der Aufruf zur Buße als innere Vorbereitung auf Ostern im Zentrum. Das heutige Evangelium konkretisiert diesen Ruf durch die Aufforderung zum Fasten, Beten und Almosengeben. Ich möchte mich diesem Dreigestirn der Fastenzeit heute mithilfe dreier Symbole nähern.
Traditionell steht der Aufruf zur Buße als innere Vorbereitung auf Ostern im Zentrum. Das heutige Evangelium konkretisiert diesen Ruf durch die Aufforderung zum Fasten, Beten und Almosengeben. Ich möchte mich diesem Dreigestirn der Fastenzeit heute mithilfe dreier Symbole nähern.
Montag, 27. Februar 2017
Karneval, der – sorgenfreie Zeit vor Aschermittwoch
Weihnachten ist vorbei! Richardplatz, Neukölln, Berlin 2017. |
Nicht dass ich kein fröhlicher Mensch wäre, aber die Ausgelassenheit der Faschingsumzüge und Karnevalssitzungen geht mir einfach ab. Ich muss nicht bemützt oder maskiert endlich jemand anders sein, nicht knallhart die Sau rauslassen und auch kein Gegenfundament zu den folgenden 40 Tagen der Ostervorbereitung legen.
Andere dürfen das selbstverständlich gern machen. Mir selber
fällt dafür im Nachklang zum Evangelium des gestrigen Sonntags auf, dass die angestrebte
Sorgenfreiheit der Faschingspartys auch (wen wundert‘s) dem Gebot Jesu
entspricht: „Macht euch keine Sorgen!“
(Mt 6,31)
Samstag, 18. Februar 2017
Vollkommen – Das christliche Gottesbild als Aufgabe
Im Evangelium des heutigen Sonntags
(Mt 5,38-48) setzt Jesus noch einen drauf: Seine Worte aus der
Bergpredigt sind der Höhepunkt! Der ethische Maximalanspruch des
Christentums! Das Alleinstellungsmerkmal!
Lass dich von deinem Aggressor noch
einmal schlagen! Gib nicht nur das juristisch Geforderte, sondern
sogar noch mehr! Begleite freiwillig den, der dich unter Zwang zum
Mitgehen fordert! Und schließlich: Halte den, der dir Böses will,
nicht nur aus, sondern schließ ihn in dein Herz!
Für die einen sind diese Imperative völlig verstörend und
abseitig, für die anderen der entscheidende Grund, sich der
christlichen Botschaft zuzuwenden.
Jesu Forderungen sind, das ist ganz
klar festzuhalten, eine moralische Überforderung für den Menschen.
Es handelt sich nicht um intuitiv einsichtige Gebote, wie das Gebot,
nicht zu töten. Aus Respekt vor dem Leben kein Leben auszulöschen,
das leuchtet ein.
Aber die Aussagen im heutigen
Evangelium widersprechen der Alltagsrationalität radikal, führen
sie doch, konsequent weitergedacht, in die Selbstaufgabe. Kann das
gefordert werden?
Samstag, 11. Februar 2017
Unbescheiden - Zu Jesu Antithesen
Wenn Jesus im heutigen
Sonntagsevangelium (zum Text Mt 5,17-37 auch hier) den Geboten der Tora aus eigener
Vollmacht neue Tiefe und Ausdeutung gibt, dann ist schon fraglich,
wie ein Mann seiner Zeit in Galiläa überhaupt dazu kommt, mit
solcher Gewissheit und solchem Anspruch über die Tora zu predigen.
Wer über die Heiligen Schriften
Israels so sprechen kann: "Ihr habt gehört, dass zu den
Alten gesagt worden ist..." (Mt 5,21.27 u.ö.) und gleich
dagegen setzt: "Ich aber sage euch..." (Mt 5,22.28.
u.ö.), der hat entweder zuviel Selbstbewusstsein – oder in ihm ist
wirklich etwas Besonderes.
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