"Erinnerungen sind keine
Abschnitte in Handbüchern, es sind aber auch nicht nur
Einflüsterungen. Viel eher sind es Splitter, auf die man barfuß im
Dunkeln tritt, weil man vergessen hat, dass etwas zu Bruch gegangen
ist".
So muss es vielen der Geflüchteten
gehen, die über das Mittelmeer oder die Türkei nach Europa und
Deutschland zu gelangen versuchen. Ihr früheres Leben ist zu Bruch gegangen und alles, was bleibt sind die Splitter, die immer noch Verletzungen verursachen. Als vor zwei Jahren die
Flüchtlingsfrage zwischen Ungarn und Deutschland und letztlich in
ganz Europa noch einmal völlig neu sortiert wurde, ahnte wohl
niemand, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln würden. Wir
wissen es ja immer noch nicht, sind nur einen Wegabschnitt weiter.
Aber die Erinnerung an diese Tage und
Wochen ist auch für manche Europäer wie ein Splitter, der im Fuß sitzt
und schmerzt. Was da zu Buch ging, war die immer noch stillschweigend
vorausgesetzte Übereinstimmung in Sachen europäischer
Menschlichkeit. War die Illusion mancher Deutscher, sich abschotten
zu können von den Zeitläuften der Welt. War die Hoffnung, mit all
dem, was an den Rändern Europas passierte, nichts zu tun haben zu
müssen.